Olympia:"100% Jesus" - Neymars Stirnband wird zum Streitfall

Football - Men's Tournament Victory Ceremony

Im Grunde hatte Neymar Jesus ohnehin wahrhaftig bei sich: Gabriel Jesus heißt sein Mitspieler, der hier (li.) mit ihm feiert.

(Foto: REUTERS)

Die Regeln bei Olympia sind klar: Das IOC verbietet religiöse Botschaften im Wettkampf - dass Neymar Brasiliens Fußball-Gold missionarisch feiert, könnte ein Nachspiel haben.

Von René Hofmann, Rio den Janeiro

Wenn sich das Internationale Olympische Komitee (IOC) an seine Regeln hält, muss es die brasilianische Olympia-Mannschaft wegen des Verhaltens von Fußball-Profi Neymar mindestens rügen. Der 24-Jährige, der im Finale gegen Deutschland den entscheidenden Elfmeter im Finale verwandelte und der Gastgeber-Nation so die ersehnte Gold-Medaille in dem Wettbewerb sicherte, streifte sich zur Siegerehrung ein weißes Stirnband über, auf dem vorne in dunkler Schrift deutlich zu lesen war: "100% Jesus". Anschließend lief Neymar mit dem Band auf dem Kopf eine Ehrenrunde und posierte mit einem Kind für Fotos.

Das Regelwerk des IOC verbietet derlei prinzipiell. Regel 50.3 der Olympischen Charta lautet: "Jede Demonstration oder politische, religiöse oder rassische Propaganda ist an den olympischen Stätten, Austragungsorten oder in anderen olympischen Bereichen untersagt."

Eine Durchführungsbestimmung präzisiert die Regel: "Auf der Person, auf Kleidung, Zubehör oder - allgemeiner - auf jedwedem Kleidungsstück oder Ausrüstungsgegenstand, die von Athleten oder anderen Teilnehmern an den Olympischen Spielen getragen oder benutzt werden, darf keinerlei Form von gewerblicher oder anderer Werbung oder Propaganda erscheinen (..)" Als Konsequenzen sind niedergeschrieben: "Jeder Verstoß gegen die Vorschriften dieses Absatzes kann die Disqualifikation und den Entzug der Akkreditierung der betroffenen Person nach sich ziehen." Die Entscheidungen darüber trifft die Exekutivkommission des IOC. Sie ist nicht anfechtbar.

In der Vergangenheit zeigte diese sich in derlei Fragen unnachgiebig. Bei den Winterspielen 2014 in Sotschi wurde der norwegischen Olympiamannschaft eine Rüge zugestellt, weil die Langläuferinnen des Landes beim Skiathlon mit einem Trauerflor unterwegs gewesen waren, nachdem der Bruder einer Teamkollegin verstorben war. Die Entscheidung hatte dem IOC damals Kritik eingebracht, eine Sprecherin aber begründete sie mit Verweis auf Charta-Regel 50.3.: "Wir glauben, dass die Wettkampfstätten, in denen die Atmosphäre festlich ist, nicht der richtige Ort für Trauer sind."

In Brasilien hatte es in der ersten Woche der Sommerspiele ebenfalls Diskussionen über die Regel 50.3. gegeben. Am Sonntag den 7. August, dem zweiten Tag nach der Eröffnungsfeier, hatte Mario Andrada, der Sprecher des Organisationskomitees, das Entfernen von Protestplakaten gegen Interimspräsidenten Michel Temer in einigen Wettkampfstätten mit den Worten gerechtfertigt: "Die Arenen müssen frei von politischen, religiösen und kommerziellen Demonstrationen bleiben, weil sie die Zuschauer beeinträchtigen." Die Arenen seien "Tempel für den Sport und Verständnis und darauf müssen wir uns konzentrieren".

Als ein Richter die politischen Manifestationen im Eilverfahren erlaubte, legte das Organisationskomitee gegen diese Entscheidung Einspruch ein. Denn an der grundsätzlichen Haltung, so bekräftigte Andrada am Dienstag, dem 9. August, habe sich nichts geändert. IOC-Sprecher Mark Adams erklärte bei der gleichen Gelegenheit: "Wir hoffen und denken, das jeder im Stadion und überall daheim rund um die Welt, versteht, dass die Spiele keine Bühne für politische Debatten werden soll."

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