Olympia in Vancouver:Eine Aids-Quote wie in Afrika

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Um die Spiele zu kriegen, hatten die Stadt Vancouver und die Provinz British Columbia versprochen, einiges zu ändern. Erschwingliche Wohnungen für die Armen wollte man bauen, die Appartements im Olympischen Dorf zum Beispiel könnten nach den Spielen entsprechend genutzt werden. Inzwischen sieht es so aus, als wären die neuen Wohnungen nur für den Mittelstand von Vancouver bezahlbar.

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Die Obdachlosen sind immer noch obdachlos, die Bettler betteln - manchmal steht einer am Bahnhof "Waterfront Station". Die Stadt, die das Problem nicht in den Griff bekommen hat, tut immerhin nicht so, als hätte sie es im Griff - im Gegensatz zu Atlanta und Peking, wo pünktlich zur Eröffnungsfeier die Lumpenmenschen unsichtbar gemacht und hinter die Stadtgrenzen oder werweißwohin verfrachtet wurden.

Harri de Wijze ist keiner dieser verbissenen Weltverbesserer, er ist ein Reisender: in Holland geboren, gelernter Handwerker, lange in Indien gewesen. Er mag Vancouver, die Lässigkeit der Menschen. Wer gern in Amsterdam ist, fühlt sich hier auch wohl. Er will das Problem nicht zu hoch hängen, das käme ihm anmaßend vor. In Peking 2008 ging es um etwas noch Größeres. Häuser wurden abgerissen, weil die Stadien Platz brauchten; Bewohner, die dagegen protestierten, wurden eingesperrt, Menschen verschwanden. "Verglichen damit sind unsere Probleme klein", sagt er, aber die Strukturen sind ähnlich.

Versprechen sind vergessen

Die Chinesen hatten versprochen, die Menschen besser zu behandeln, sie wollten die Spiele, und als sie sie hatten, galten die Versprechen nichts mehr. Man lügt, weil man etwas will. "Ist das nicht alles sehr ernüchternd?", fragt Harri de Wijze. Inzwischen studiert er übrigens Philosophie und sitzt gerade an seiner Abschlussarbeit.

Alles, was die Organisatoren von "Poverty Olympics" tun und planen, steht auf einer übersichtlich geordneten Website, die heftig angeklickt wird im Moment. Sie haben auch drei Maskottchen: Chewy die Ratte, Creepy die Kakerlake, Itchy die Wanze. Das Fernsehen war schon da, auch das aus dem Ausland. Es ist eine vernetzte Welt: Was verborgen bleiben soll, wird sichtbar, das war in Peking so und ist es jetzt auch in Vancouver. Auf kleinerer Flamme, natürlich.

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