Der traurige Volleyball Wang Yaping ist die gesamten Spiele freiwillige Helferin gewesen in der Volleyballhalle, und jetzt möchte sie ein Souvenir. Sie hat einen fabrikneuen Volleyball dabei und einen Filzstift, sie will, dass die Spielerinnen ein Autogramm auf den Ball schreiben, deshalb wartet sie nach dem Finale hinter der Halle am Spielerausgang, wo die Athletenbusse stehen.
Die Mathematikstudentin hat sich ausgerechnet, dass die Volleyballerinnen mit ihrer Medaille um den Hals bestimmt gute Laune haben. Die Chinesinnen kommen, vom Hallenausgang zum Bus sind es ungefähr dreißig Meter, aber die Chinesinnen haben nur Bronze geholt, sie haben keine gute Laune, und weil Wang Yaping den Verschluss ihres Filzschreibers nicht schnell genug aufbekommt, sitzen alle Chinesinnen im Bus, ehe eine einzige unterschrieben hat.
Zweiter Versuch, die Amerikanerinnen. In der einen Hand hat jede den Blumenstrauß von der Siegerehrung, und mit der anderen Hand drückt jede das Handy ans Ohr. Keine Chance für Wang Yaping.
Dritter Versuch, die Brasilianerinnen. Es ist nach Mitternacht, als die Olympiasiegerinnen aus der Halle kommen, allerdings laufen sie dicht hintereinander und singen dabei, eine greift der anderen von hinten an die Schultern, es ist ein Festzug wie im Fasching, und während die letzte in der Reihe grad aus der Tür tritt, ist die erste schon im Bus verschwunden und saugt den Rest der Schlange förmlich hinterher. Wang Yaping steht dabei mit ihrem Ball, erstaunlicherweise kann sogar ein Volleyball sehr traurig aussehen.
Aber, die letzte Geschichte von Olympia muss eine schöne Pointe haben. Weil der Busfahrer gute Laune hatte und der brasilianische Trainer auch, wurde Wang Yaping der Zutritt zum Bus zwar verwehrt, aber nicht ihrem Ball. Man konnte von draußen durch die Scheiben zusehen, wie er von Spielerin zu Spielerin gereicht wurde, und als er am Hinterausgang des Busses wieder rauskam, wo Wang Yaping schon auf ihn wartete, war er nicht mehr nackt, sondern komplett signiert, ein Olympiasiegerinnen-Ball, der bei Ebay einiges bringen würde. Aber Wang Yaping wird ihn natürlich behalten.
Text: Holger Gertz
Foto: dpa