Olympia:Ein Golfer outet sich als größter Olympia-Fan

Rio 2016 - Golf

Golfer Kaymer: "Hier kommst du gut auf den Boden zurück"

(Foto: dpa)

Er kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Martin Kaymer hat sich in die Spiele verliebt. Ausgerechnet ein Golfer - der verwöhnte Exot unter den Athleten.

Von Frieder Pfeiffer

"Das ist die beste Woche meiner Karriere", sagt Martin Kaymer. Emotionale Sportler sprechen so bei Olympischen Spielen - am Ende eines langen Weges, geschmückt mit Medaillen, auf die sie Jahre lang hintrainiert haben und die ihnen nun vor der Brust baumeln. Kaymer jedoch geht den Weg gerade erst. Am Sonntag werden im olympischen Golf die Medaillen verteilt, sportlich gehört Kaymers Olympia nicht zu seinen besten Wochen. Im Moment ist er doch ein gutes Stück entfernt von den vorderen Rängen.

Und dennoch sagt Kaymer diesen Satz. Er sagt ihn schon vor dem Wettkampf, weil mit ihm etwas passiert ist. Der zweimalige Major-Sieger, dreifache Gewinner im Ryder Cup, die frühere Nummer eins der Welt und Empfänger zahlreicher Millionenschecks hat sich in diesen Tagen endgültig als größter Olympia-Fan im deutschen Haus präsentiert.

Das Wichtigste zu Olympia 2016 in Rio

"Ich finde es super, in der Mensa oder im Fitnessstudio zu sitzen und verschiedene Arten von Körpern zu sehen", sagt er. "Neben den Rugbyspielern fragt man sich, was man eigentlich selber im Fitnessstudio gemacht hat. Dann hast du die Leichtathleten, die das Bein über den Kopf schwingen. Das ist für mich mega-inspirierend." Kaymer, 31, selbst täglich im Fitness-Studio und einer der pflichtbewusstesten Vertreter seiner Zunft, wirkt wie der trockene Schwamm, der ins Wasser fällt.

"Wenn man abends im Bett liegt, dauert es lange, bis man einschläft. Man hat einfach so viele Gedanken und schöne Momente im Kopf." Überhaupt, das Bett. Solche Betten haben die Unterkünfte bei großen Golfturnieren nicht einmal im Bedienstetenzimmer stehen. Kaymer stört das so wenig wie die Doppelbelegung. "Gut, die Klamotten liegen halt auf dem Boden, das Wasser wird auch nicht immer warm. Das ist aber auch ganz gut für den Kreislauf."

Kaymer freut sich: "Es geht nicht um Geld"

Diskuswerfer Robert Harting, sonst gerne als Kritiker aktiv, war angesichts dieser Olympia-Leidenschaft ganz aus dem Häuschen: "Junge, Du hast es verstanden!!", ließ er wissen. Die Zeitschrift Golf Digest bezifferte Kaymers Verdienst im Jahr 2015 auf knapp 6,5 Millionen US-Dollar. Es ist nicht vermessen zu behaupten, dass im deutschen Team mit seinen 421 Mitglieder nur sehr wenige nur annähernd in solche Bereiche vorstoßen. "Hier kommst du gut auf den Boden zurück", findet Kaymer, den die Debatte um die Sportförderung nur als Interessierten betrifft.

Früher schoss er Tore für Fortuna Düsseldorf

"Ich bekomme 1500 Euro im Monat, für mich ist das viel Geld", hat Bronze-Judoka Laura Vargas Koch dieser Tage berichtet. Im deutschen Haus wurde sie wenig später von Fan Kaymer interviewt, der einen anderen Bezug zu 1500 Euro haben dürfte - nach eigener Aussage aber nicht zum Sport. Der Mann aus Düsseldorf, der früher in der Jugend für die Fortuna Tore schoss, findet abseits der Parallelgesellschaft Golf-Zirkus unter all den Athleten zu sich. "Es geht nicht um Geld, es geht um Leistung und Sport. Deswegen habe ich damals angefangen, Golf zu spielen."

Der Golfsport war damals in den Neunziger Jahren so weit weg von den olympischen Ringen wie der Alltag der Judoka Vargas Koch von dem eines Top-Golfers. 112 Jahre brauchte es bis zur Rückkehr des Sport auf die olympische Bühne. Und für manchen Golfer, darunter die besten vier der Welt, wog die theoretische Gefahr der Ansteckung mit dem Zika-Virus schwerer als der Reiz, das "größte Sportereignis der Welt" (Kaymer) zu erleben.

"Eine angenehme Ausrede", nennt Kaymer die Zika-Gefahr, sein Kollege Sergio Garcia spricht von "einer Schande" angesichts der Absagen. Kaymer ist das inzwischen alles egal. Er genießt die "Riesenehre" und schwärmt von der Eröffnungsfeier, bei der er Tränen in den Augen gehabt habe.

So bliebe da nur die Frage: Was wird es bloß mit Kaymer machen, sollte es am Ende des langen Weges doch noch etwas werden mit der Medaille. Vor den abschließenden Runden ist die Chance eher gering. Kaymers Fazit ficht das nicht an. Olympia? "Das ist das tollste Erlebnis meiner Karriere."

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