Pferdesport bei Olympia:Das 14. deutsche Dressur-Gold ist in Sicht

Lesezeit: 2 Min.

Isabell Werth und Wendy vor Schloss Versailles. (Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP)

Das deutsche Dressurteam präsentiert sich in Paris in Topform. Isabell Werth könnte zur erfolgreichsten deutschen Olympiasportlerin der Geschichte werden.

Von Gabriele Pochhammer, Paris

Die Primaballerina hat es wieder allen gezeigt. Die 16-jährige Dalera unter der Olympiasiegerin von 2021, Jessica von Bredow-Werndl, mag das älteste Pferd sein unter den vierbeinigen Medaillenanwärtern, aber auch am Mittwoch tanzte die Trakehnerstute auf dem Dressurviereck von Versailles der jüngeren Konkurrenz davon, wie seit Tokio 2021 bei jedem Auftritt. Das war ein fantastischer Auftakt für den Tanz um die erwartete, eingeplante und schon 13 Mal gewonnene olympische Goldmedaille für die deutschen Dressurreiter. Sie liegt noch nicht vor ihnen auf dem Tablett, aber Bredow-Werndl mit Dalera, Isabell Werth mit Wendy und Frederic Wandres mit Bluetooth können zuversichtlich sein. „Es geht ja erst am Samstag um die Wurst“, sagte Werth.

Erst einmal haben sie geliefert. Mit 237,564 Prozentpunkten haben die Deutschen den Grand Prix, die Qualifikationsprüfung für Team und Einzel, für sich entschieden – vor Dänemark (235,730) und Großbritannien (231,196). Mit 82,065 Prozent war Bredow-Werndl nicht zu schlagen. „Ich wollte heute schon wissen, was geht“, sagte sie nach ihrem Ritt, „ich bin frech geritten, auch auf Risiko.“ An ein paar Stellschrauben will sie noch drehen. Eine Schwäche im Schritt und bei einem Galoppwechsel kosteten Punkte. Nicht mal zwei Punkte Vorsprung fürs Team, das kann eine knappe Kiste werden. „Wir wissen, dass es auf die Tagesform ankommt“, sagte Bredow-Werndl.

Die größte Goldgefahr kommt aus Dänemark

Denn die Konkurrenz sitzt ihnen im Nacken. Nachdem die Britin Charlotte Dujardin, die Olympiasiegerin von 2012 und 2016, wegen eines Skandalvideos kurz vor den Spielen suspendiert wurde, das zeigt, wie sie ein Pferd im Training auspeitscht, ist das britische Team deutlich geschwächt. Es wird jetzt getragen von der aktuellen Weltmeisterin Charlotte Fry auf dem gewaltig galoppierenden Rapphengst Glamourdale, die mit 78,913 Prozent nur Vierte wurden. Die Goldgefahr kommt aus Dänemark. Cathrine Laudrup-Dufour mit der 15-jährigen Hannoveranerstute Freestyle musste nur Bredow-Werndl vorlassen. Ausgerechnet von Dujardin hat sie dieses Pferd im Jahr 2023 übernommen. Bei der Europameisterschaft in Rotterdam 2019 saß die Britin noch im Sattel von Freestyle, wurde aber eliminiert – wegen deutlicher Blutspuren an der Flanke der Stute, dort, wo der Sporn sitzt. Zufall? Unter ihrer neuen Reiterin wurde die Braune nicht mehr geschlagen, traf aber genau wie Weltmeister Glamourdale in Paris zum ersten Mal auf die Olympiasiegerin von 2021.

Im Grand Prix mussten nicht nur die Teams schon einen guten Eindruck machen, den die Richter bis Samstag im Hinterkopf behalten sollen – die besten zehn kommen weiter –, sondern es ging auch schon um den Startplatz in der Kür am Sonntag. Alle drei deutschen Reiter werden dabei sein. Alle fangen wieder bei null an.

Isabell Werth, mit 79,363 Punkten Dritte im Grand Prix, kann auf der zehnjährigen Stute Wendy mit einer weiteren Goldmedaille zur erfolgreichsten deutschen Olympiasportlerin werden und die Kanutin Birgit Fischer überholen. Den Gedanken überlässt sie im Moment den Statistikern. „Wenn ich reinreite, bin ich vollkommen fokussiert auf den Moment und versuche, das Maß zwischen Anspannung und Entspannung zu finden. Wendy war fantastisch, sie war geradezu stolz, sich zu präsentieren, und ich konnte den Ritt wirklich genießen. Man konnte sehen, dass wir wirklich zueinandergefunden haben. Heute gehe ich zufrieden ins Bett.“

Auch Wendy kam erst vor wenigen Monaten zu ihrer Olympiareiterin, war zweimal unter Pferdehändler Andreas Helgstrand wegen Blutes im Maul ausgeschieden. Unter Werth ist sie aufgeblüht. Am Donnerstag wird Wendy nur gemütlich Schritt gehen. Ihre Reiterin versucht unterdessen, Karten für den olympischen Boxkampf zu ergattern, das wünscht sich ihr 14-jähriger Sohn Frederic. Doch dann beginnt die Jagd nach Gold.

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