Olympia:Die Annäherung der Koreas funktioniert - bislang

Moon Jae-in, Kim Yo Jong

Kim Yo-jong, die Schwester von Nordkoreas Machhaber Kim Jong-un, übergibt die Einladung ihres Bruders an Südkoreas Präsident Moon Jae-in.

(Foto: Kim Ju-sung/AP)

Kim Jong-un lädt den südkoreanischen Präsidenten Moon nach Nordkorea ein. Was noch vor Kurzem undenkbar schien, wirkt wie selbstverständlich. Doch die Schwierigkeiten beginnen damit erst.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Was noch vor Kurzem undenkbar schien, wirkt wie selbstverständlich: Der südkoreanische Präsident Moon Jae-in hat im Blauen Haus, seinem Amtssitz, ein Mittagessen für Kim Yong-nam gegeben, das nominelle Staatsoberhaupt Nordkoreas. Und für Kim Yo-jong, die Schwester von Diktator Kim Jong-un, die im Politbüro sitzt. Die 30-Jährige war, so ein Sprecher Moons, als spezielle Gesandte ihres Bruders gekommen. Sie übergab dem Präsidenten eine persönliche Einladung ihres Bruders zu einem baldigen Gipfeltreffen in Pjöngjang. Moon hatte den 90-jährigen Kim Yong-nam, einst 15 Jahre der nordkoreanische Außenminister, und die charmante, selbstbewusste Schwester Kims schon am Vorabend an der Eröffnungsfeier der Winterspiele begrüßt.

In Korea spielen Symbole und Gesten großen Rolle. Kim Yo-jong ist die erste Angehörige der im Norden herrschenden Familie, die seit dem Koreakrieg südkoreanischen Boden betreten hat. Ihr Großvater hatte 1950 den Süden überfallen und damit die Spaltung der Halbinsel besiegelt. Wenn sein Enkel Kim Jong-un nun seine Schwester in "Kims Privatjet", so Südkoreas Medien, nach Seoul schicke, dann signalisiere er, dass sie ihn persönlich vertrete. Sie zogen diese Deutung der pragmatischeren Begründung vor, dass Nordkoreas "Air Koryo" wegen der Sanktionen in Südkorea gar nicht landen darf. Symbole sind stets auch das, was die Gegenseite in sie hineinliest.

US-Vizepräsident Pence lässt Moon abblitzen

Nordkorea sucht die Entspannung - nicht zuletzt, da die UN-Sanktionen wirken. Mit dem Mittagessen im Blauen Haus haben die Koreas nun einen direkten Kanal von Regierung zu Regierung eröffnet. Allerdings beginnen die Schwierigkeiten damit erst.

US-Vize Mike Pence ließ Moon mit seiner Friedensinitiative schon am Freitag abblitzen, als er einem Empfang vor der Eröffnungsfeier, den dieser gab, demonstrativ fern blieb und den alten Diplomaten Kim ignorierte. Moon hatte sich wenigstens einen Händedruck erhofft. Beim gemeinsamen Einmarsch der beiden koreanischen Mannschaften blieb Pence als einziger sitzen. Den Koreanern entgehen solche Affronts nicht. Ein anständiger Gast würde sich nie wie Pence benehmen, kommentierte eine Zeitung.

Umgekehrt hat Nordkoreas Diktator Kim seine Säbel noch am Vorabend der Spiele mit einer Militärparade rasseln lassen. Obwohl es für ihn ein einfaches gewesen wäre, sie kurzfristig abzusagen. Sein totalitäres Regime kann sich ein Tauwetter eigentlich gar nicht leisten. Es hat sich und seine brutale Repression seit Jahrzehnten mit dem Kampf gegen die US-Imperialisten gerechtfertigt. Selbst an der desolaten Wirtschaftslage im Norden sollen die Yankees schuld sein. Eine rasche Wiedervereinigung unter Nordkoreas Führung, nachdem die Amerikaner aus dem Süden verjagt wären, so Kims Propaganda, würde das alles ändern. Im Süden dagegen haben die meisten Leute, vor allem die Jungen, kaum mehr ein Interesse an einer Wiedervereinigung. Nicht einmal zu südkoreanischen Konditionen.

Präsident Moon hat die Lage auf der koreanischen Halbinsel mit seinem olympischen Gambit radikal verändert. Jetzt muss er zeigen, dass sein Eröffnungsspiel über die ersten Züge hinaus funktionieren kann. Bisher ist das für viele so undenkbar, wie noch vor einigen Wochen ein Besuch von Kims Jong-uns Schwester im Blauen Haus.

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