Eklat beim olympischen Boxturnier:„Dieser Kampf war unfair“

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„Die Schmerzen an der Nase waren zu stark“: Die Italienerin Angela Carini (li.) nach dem Kampf gegen Imane Khelif (re.). (Foto: John Locher/AP)

Die Boxerin Imane Khelif wird bei der WM 2023 wegen erhöhter Testosteronwerte disqualifiziert, bei Olympia darf sie antreten. Ihre italienische Gegnerin gibt nach wenigen Sekunden unter Tränen auf – Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kritisiert das IOC.

Nach dem Wirbel um ihre Olympiazulassung hat die algerische Boxerin Imane Khelif ihr Achtelfinale bei den Sommerspielen nach nur 46 Sekunden gewonnen. Ihre italienische Gegnerin Angela Carini klagte nach wenigen Schlägen über Schmerzen in der Nase und gab auf. Den im Boxen üblichen Handschlag gab es nach dem Duell nicht. Khelifs Teilnahme an den Spielen in Paris hatte wegen einer Disqualifikation bei der WM im Vorjahr für viel Aufsehen gesorgt. Damals hatte die heute 25-Jährige das Finale wegen erhöhter Werte des männlichen Sexualhormons Testosteron nicht bestreiten dürfen. In Paris darf sie hingegen um Medaillen kämpfen. Carinis Trainer sagte in einer ersten Reaktion: „Ich will nicht für das IOC urteilen, und ich weiß, dass das Thema schwierig ist, aber dieser Kampf war unfair.“

Das Internationale Olympische Komitee hatte Khelif für Paris zugelassen. Nach der Bekanntgabe ihrer Niederlage sank die Italienerin im Ring weinend auf die Knie. Auch Minuten später wurde sie während zahlreicher Interviews immer wieder von ihren Emotionen überwältigt. „Ich habe große Schmerzen in der Nase und ich habe Stopp gesagt“, sagte Carini: „Ich habe schon oft im Nationalteam gekämpft. Ich trainiere mit meinem Bruder. Ich habe immer gegen Männer gekämpft, aber heute hatte ich zu starke Schmerzen.“ Ein Urteil oder eine Entscheidung in diesem Fall stehe ihr allerdings nicht zu, sagte Carini, „wenn diese Frau hier ist, dann wird es einen Grund geben“.

Die WM vor einem Jahr wurde vom Internationalen Box-Verband IBA organisiert, der vom IOC nicht mehr anerkannt ist. Auch die taiwanische Boxerin Lin Yu-ting wurde nach dem Gewinn ihrer Bronzemedaille bei der WM nachträglich disqualifiziert, darf aber bei den Olympischen Spielen antreten. Sie boxt am Freitag im Federgewicht gegen die Usbekin Sitora Turdibekova. Sowohl Lin als auch Khelif waren schon bei den Sommerspielen 2021 in Tokio dabei.

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„Athletinnen mit männlichen genetischen Merkmalen sollten nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen dürfen“, sagt Meloni

IOC-Sprecher Mark Adams verteidigte die Zulassung der beiden Boxerinnen. „Es sind Menschen involviert, wir sprechen über das Leben von Menschen. Sie sind in Frauenwettbewerben angetreten, sie haben gegen Frauen gewonnen und sie haben gegen Frauen verloren über die Jahre“, sagte Adams. Das algerische NOK verurteilte die Kritik vieler Boxfans, die vor allem in den sozialen Medien auf Khelif hereinprasselte. „Diese auf Lügen basierenden Diffamierungsversuche sind völlig unfair, insbesondere in einem entscheidenden Moment, in dem sie sich auf die Olympischen Spiele, den Höhepunkt ihrer Karriere, vorbereitet“, hieß es in einer Stellungnahme. „Wir stehen alle hinter dir, Imane. Die ganze Nation steht hinter dir und ist stolz auf deine Leistungen.“

Bereits kurz nach Carinis Niederlage wurde die Diskussion auch auf politischer Bühne geführt. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni prangerte einen „ungleichen“ Kampf an: „Ich stimme nicht mit dem IOC überein. Ich denke, Athletinnen mit männlichen genetischen Merkmalen sollten nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen dürfen. Nicht, weil wir jemanden diskriminieren wollen, sondern um das Recht der weiblichen Athleten zu schützen.“

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