Schwimmerin Nina Holt:Eine der außergewöhnlichsten Olympia-Athletinnen

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Sie spürte, dass mehr Potenzial in ihr schlummerte: Nun nimmt Nina Holt an Olympia teil. (Foto: Jo Kleindl/Eibner/Imago)

Nina Holt hat bei den Wettkämpfen in Paris nur noch eine Chance auf ein Finale im Becken. Als Rettungsschwimmerin ist sie eine der besten der Welt.

Von Sebastian Winter, Paris

Nina Holt sah nicht sehr glücklich aus am Freitagmorgen. Die deutsche Lagen-Mixed-Staffel war gerade im Vorlauf ausgeschieden. Zusammen mit Ole Braunschweig, Melvin Imoudu und Angelina Köhler war sie fünf Zehntelsekunden langsamer gewesen als das japanische Team, das sich den letzten Finalplatz schnappte. „Was soll ich großartig dazu sagen, Neunter ist immer scheiße, gerade weil es so knapp war. Das Becken ist jetzt nicht gerade das schnellste, dafür haben wir eine gute Zeit hingelegt“, sagte Imoudu nach dem Rennen. Holt sagte lieber nichts.

Am Samstag hat sie noch eine weitere Chance, bei ihren ersten Olympischen Spielen in ein Beckenfinale zu schwimmen. Mit der Lagenstaffel der Frauen. Holt schwimmt gerade vielleicht etwas unter dem Radar, dabei ist sie eine der außergewöhnlichsten Figuren bei diesen Wettkämpfen in Paris. Denn sie ist Rettungsschwimmerin – eine der besten der Welt.

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Auch im Rettungsschwimmen gibt es Welt- und Europameisterschaften, Holt hat dort schon unzählige Titel gewonnen – und Weltrekorde aufgestellt. Kleines Beispiel: In der Disziplin „50 Meter Retten einer Puppe“ benötigte Holt 32,69 Sekunden. Sie musste dabei zu einer 45 Kilogramm schweren Puppe auf dem Beckenboden tauchen, sie heraufholen und bis ins Ziel schleppen. Den Weltrekord in der Gurtretterstaffel hat sie mit drei anderen Schwimmerinnen übrigens auch schon aufgestellt.

Leben zu retten oder selbst im Wasser zu überleben, das ist eigentlich der Wesenskern des Schwimmens. Deshalb sollen sich schon Babys ans Wasser gewöhnen, Kinder das Seepferdchen machen, Jugendliche und Erwachsene dann später die Abzeichen in Bronze, Silber oder Gold. Immer noch ertrinken viel zu viele Menschen in Bädern, Seen und Flüssen. Auch in Deutschland. Manche sind Nichtschwimmer, andere bekommen einen Herzinfarkt oder einen Kreislaufkollaps. Wer dann in der Nähe ist – der muss helfen. Und ist dann zugleich womöglich völlig erstarrt.

Holt hat Geschmack daran gefunden, einfach frei zu sein im Wasser

Auch deswegen war Holt das reine Schwimmen, das sie bei der SG Erkelenz-Hückelhoven begann, nicht genug. Sie meldete sich bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft an, Ortsgruppe Erkelenz. Ein sehr verdienstvolles Unterfangen, denn während Kinder auch in Deutschland immer später schwimmen lernen, gibt es auch bei der DLRG und der Wasserwacht Probleme, Nachwuchs zu finden.

Im Herbst 2022 entschied sich Holt allerdings dazu, wieder mehr aufs olympische Schwimmen zu setzen. Sie spürte, dass da noch viel Potenzial in ihr schlummert. „Mit jedem Rennen wurde für mich deutlicher, dass ich doch nicht so weit weg bin, wie ich erst dachte. Aber Olympia in Paris ist auf jeden Fall mein Ziel“, sagte sie damals – und entschloss sich für einen gewagten Schritt. Holt schaute sich einige Bundesstützpunkte an. Und wechselte nach Magdeburg, in dieses Langbahn-Exzellenzzentrum, an dem Olympiasieger wie Florian Wellbrock und Lukas Märtens sowie Isabel Gose, die in Paris gerade Bronze gewann, trainieren. „Nach einem Telefonat mit Bernd Berkhahn und einer Probewoche ging alles schnell“, sagte sie.

Seit Dezember 2022 trainiert Nina Holt nun in der Topgruppe, im Sommer 2023 schwamm sie zum ersten Mal bei einer Weltmeisterschaft mit. Sie hat Geschmack daran gefunden, einfach frei zu sein im Wasser. Aber die Puppen, die behält sie für den Ernstfall weiterhin im Blick.

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