Auch den 41. Treffer nahm Emily Bölk gerne noch mit, kurz vor der Schlusssirene zischte der Ball aus ihrer Hand vorbei an der slowenischen Abwehr in die Maschen. Wenn’s läuft, läuft es eben, und dass plötzlich alles so einfach aussah auf dem Spielfeld der Pariser Arena Süd, erleichterte die deutschen Handballerinnen sichtlich. Gegen Südkorea und Schweden hatten sie zum Auftakt dieser Spiele zwei schmerzliche Niederlagen erlitten, schon jetzt mussten sie sich gegen ein drohendes Olympia-Aus stemmen. „Wir mussten aufpassen, nicht in ein Loch zu fallen“, berichtete Bölk. Nach dem 41:22 (16:9) am Dienstagmorgen gegen die Sloweninnen war klar, dass ihnen das recht gut gelungen ist.
„Magnificent goal“, rief der Hallensprecher durch die Arena, als Xenia Smits mit einem Vorstoß durch die Abwehr die Führung ausbaute, „brillant“ fand er später einen Treffer von Annika Lott, und solche Momente sind es ja, nach denen sich die Frauen bisher in Paris gesehnt hatten. Der große Vorsprung könnte dem Team von Bundestrainer Markus Gaugisch noch nützlich werden, wenn am Ende der Gruppenphase im direkten Vergleich mit womöglich punktgleichen Südkoreanerinnen und Sloweninnen das Torverhältnis über das Weiterkommen ins Viertelfinale entscheidet. „Ich freue mich, dass sie sich jetzt reingekämpft haben“, sagte der 50-Jährige. Von Bölk fiel sichtbar Last ab, „wir fühlen jetzt, dass wir hierhergehören“, sagte sie.
„Die Range zwischen dem, was heute war und was gegen Korea war, die ist einfach viel zu groß“
Sie alle sind Olympia-Neulinge, die letzte Qualifikation einer deutschen Handball-Nationalmannschaft der Frauen liegt 16 Jahre zurück. Umso größer war die Vorfreude bei den Spielerinnen auf Paris. Natürlich sind sie anfangs aufgeregt durchs olympische Dorf getigert, natürlich mussten sie mit all den neuen Eindrücken erst mal klarkommen. „Trotzdem glaube ich nicht, dass der Fokus gefehlt hat“, sagte Rückraumspielerin Alina Grijseels. Gegen Slowenien stand die Abwehr viel besser als zuvor, „die Leistung defensiv heute war gut“, sagte Gaugisch, „dann wächst die Sicherheit und es kommt Spielfreude dazu“.
Dass sie Handball spielen könnten, wisse er ja, sagte Gaugisch, aber dann kam er auch schnell zu einer unbequemen Wahrheit: „Die Range zwischen dem, was heute war und was gegen Korea war, die ist einfach viel zu groß.“ Viele Fehler hatten sie sich zum Auftakt geleistet, dann nicht einmal die Hälfte aller Chancen gegen Schweden verwandelt. Diesmal lag die Torausbeute bei 75 Prozent. Slowenien leistete allerdings auch wenig Gegenwehr.
Emily Bölks Mutter Andrea war 1992 in Barcelona und 1996 in Atlanta dabei, nun kann die Tochter ihre eigenen Eindrücke sammeln. Die sportlichen Aufgaben werden erfahrungsgemäß nicht leichter, es warten noch der WM-Dritte Dänemark und Europameister Norwegen in der Gruppenphase, die besten vier Mannschaften kommen eine Runde weiter. „Noch ist nichts gewonnen“, sagte Bölk, aber für den Moment galt es erst mal, den ersten Erfolg zu genießen. Sie freute sich, dass „wir endlich mal gezeigt haben, was wir können“. Genau dafür kommt man ja zu Olympia.