Wenn’s läuft, dann läuft’s – den ersten Erfolg konnte Alfred Gislason am Montag schon vor dem Anwurf des zweiten Gruppenspiels gegen Japan für sich reklamieren: Die deutschen Handballer standen um neun Uhr vollzählig auf der Platte in der Arena Paris Sud. Handball zur Frühstückszeit, das erlebt man auch nur bei Olympia. „Wir werden gegen halb fünf aufstehen“, hatte der Bundestrainer angekündigt, „eine Gymnastikeinheit machen, gemeinsam frühstücken – und aufpassen, dass sich dann keiner wieder hinlegt.“ Das hat geklappt, sogar Andreas Wolff hatte seinen Tanzbärenkörper pünktlich ins deutsche Tor gewuchtet. Er sei ja „eigentlich Frühaufsteher“, hatte Wolff vorher geknurrt. „Aber neun Uhr ist zu früh!“
Wenn sich überhaupt etwas Müdigkeit zeigte, dann in der zweiten Halbzeit, in der die Deutschen ihren 21:10-Tore-Vorsprung aus der ersten Hälfte nur noch verwalteten und am Ende einen 37:26-Sieg ins Ziel brachten. Da hatte Gislason aber einige Akteure schon vom Parkett genommen, etwa Renars Uscins, den erfolgreichsten Werfer des ersten Abschnitts. Als die 60 Spielminuten schließlich absolviert waren, jagten die Zeremonienmeister in der johlenden Halle den Stimmungskracher „Ich bin nur ne Kölsche Jung“ durch die Boxen.
Wobei zur Wahrheit auch gehört: So vollständig, wie Gislason sich das vor dem Turnier vorgestellt hatte, waren die Deutschen doch wieder nicht. Tim Hornke, Rechtsaußen vom SC Magdeburg, hatte sich beim Auftaktsieg gegen Schweden schon nach wenigen Sekunden eine Verletzung der Plantarfaszie im linken Fuß zugezogen; dadurch rutschte Rune Dahmke vom THW Kiel in den 14er-Kader, ein Linksaußen. Nachnominieren darf Gislason nur jene Ersatzspieler, die schon in Paris sind – und ein Rechtsaußen war leider nicht darunter. „Das wird uns dazu zwingen, ein bisschen rumzubasteln in den nächsten Tagen“, sagte Gislason, „du musst jetzt sehr kreative Ideen haben.“
Gegen Japan fiel das Problem noch nicht weiter auf: Wenn Christoph Steinert rechts mal eine Pause brauchte, spielte dort Lukas Mertens – oder Gislason würfelte seinen Angriff irgendwie anders durcheinander. Am Mittwoch gegen die Kroaten und am Freitag gegen die Spanier dürfte es wieder enger zugehen.
Und: später losgehen! Jannik Kohlbacher berichtete nach dem Spiel, einige seien um fünf Uhr morgens „schon ganz schön in den Seilen gehangen“ – niemand im Team habe je so früh Handball gespielt. „Ja, das war schon seltsam“, ergänzte der Spielmacher Juri Knorr, „du sitzt in der Kabine, es ist sieben Uhr, und du denkst: Ey, was stimmt hier nicht? Aber dann kommst du raus in die Halle, die Halle ist voll – weil die ganzen Leute auch früh aufgestanden sind für dich.“ Und ihr Gutes habe so eine Frühstücksfrühschicht ja auch, hat Renars Uscins erkannt: „Jetzt erst mal Mittagsschlaf!“