Olympia:Frenzels Quarantänezimmer "unzumutbar"

Olympia: Harrt derzeit im Quarantänezimmer aus: der deutsche Kombinierer Eric Frenzel.

Harrt derzeit im Quarantänezimmer aus: der deutsche Kombinierer Eric Frenzel.

(Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Der Kombinierer Eric Frenzel wird in Peking positiv getestet - und befindet sich nun in einem Isolationszimmer. Das deutsche Olympiateam adressiert heftige Kritik an den Zuständen.

Von Barbara Klimke, Peking

Der Ersatzathlet wurde benachrichtigt, das Flugticket gebucht, und schon am Sonntag sollte Manuel Faißt über Mailand in Peking einschweben. Das ist die positive Nachricht. Fest steht indes, dass es der dreimalige Olympiasieger in der Nordischen Kombination, Eric Frenzel, bis zum Wettbewerb von der Normalschanze am Mittwoch nicht schaffen wird. Frenzel, corona-positiv getestet, befindet sich seit der Ankunft im Bergzentrum Zhangjiakou in Quarantäne. Diese Wendung vom Favoriten zum Isolierten habe den Athleten mental mitgenommen, berichtete der Teamarzt der Kombinierer, Stefan Pecher. Bereits am Tag eins der Winterspiele hat die Situation den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Das Quarantänezimmer, in dem Frenzel ausharrt, sei "unzumutbar", erklärte der Chef de Mission, Dirk Schimmelpfennig, am Samstag. Der Verband schaltete wegen der akuten Lage seine verantwortlichen Mediziner per Video mit den Pressevertretern in China zusammen. Direkter Austausch ist schwierig bis unmöglich bei den Peking-Pandemiespielen, in jeder Beziehung. Die Folgen spüren nun vor allem die Infizierten, die keinen direkten Kontakt zur Außenwelt halten. Nicht einmal der Teamarzt stand seinem Patienten bislang von Angesicht zu Angesicht gegenüber; eine "klinische Untersuchung", sagte Pecher am Samstag, könne erst erfolgen, wenn die Quarantäne beendet ist. Der Kontakt wird so lange auf andern Kanälen aufrecht gehalten.

Für ein Isolationszimmer im Rahmen der Milliarden Euro teuren Spiele muss es Mindestansprüche geben, und diese fasste Delegationsleiter Schimmelpfennig so zusammen: Es muss groß genug sein. Es hat hygienischen Maßstäben, also den Sauberkeitsstandards zu genügen. Und die Athleten müssen sich an verlässliche Zeiten für Essens- und Testtermine halten können. Nichts davon ist im Falle Frenzels offenbar gegeben. Der DOSB hat deshalb beim Internationalen Olympischen Komitee und beim Organisationskomitee "beschleunigte Verbesserung" verlangt; in der Sprache der Sportdiplomatie ist das eine höfliche Umschreibung für: Leute, es reicht!

Eiskunstläufer Seegert hat keine Trainingsgeräte auf dem Zimmer

Drei Athleten der deutschen Olympiamannschaft befanden sich am Samstagabend in Quarantäne: Neben Frenzel, der am Donnerstag in China eingetroffen war und nach dem positiven Testergebnis im Krankenwagen zu einem gesonderten Quartier gefahren wurde, auch Terence Weber, sein Kollege. Anders als Olympiasieger Frenzel ist Weber allerdings im Mannschaftshotel isoliert. Von den Gesprächen mit den beiden konnte der Mediziner Pecher berichten: "Sie zeigen keine Symptome und fühlen sich topfit."

Am längsten harrt inzwischen der Berliner Eiskunstläufer Nolan Seegert aus, dessen positiver PCR-Test, vorgenommen vom Flughafen-Seuchenschutzkommando in weißen Ganzkörperoveralls, vom Dienstag stammt. Den ersten Wettkampf, seine lang geplante Paarlauf-Olympiapremiere mit Partnerin Minerva Hase, hat er am Freitag bereits verpasst. Noch immer aber, so berichtete Schimmelpfennig, hat Seegert keine Trainingsgeräte zu Verfügung. Die unverzügliche Lieferung dieser - zum Erhalt der körperlichen Fitness und Wettbewerbsfähigkeit eines Quarantäneathleten zwingend notwendigen - Utensilien war eine Grundbedingung, die das IOC angeblich mit der chinesischen Seite ausgehandelt hatte.

Die geforderten Verbesserungen wurden offenbar höchstens teilweise umgesetzt

Bereits Ende des vergangenen Jahres, als die Bob-Piloten und Rodler von unzumutbaren Zuständen in Quarantäneherbergen berichtet hatten, Krabbeltiere auf den Zimmern inklusive, hatte der DOSB beim IOC Verbesserungen gefordert. Umgesetzt wurden diese, wie sich jetzt zu zeigen scheint, nur teilweise. Und dies, obwohl sich die Lage, in die der Radfahrer Simon Geschke im Sommer bei den Spielen von Tokio geriet, nicht wiederholen sollte: Der isolierte Geschke hatte damals kein Fenster öffnen können und einen Mangel an Frischluft beklagt.

Eine psychologische Betreuung ist laut DOSB-Delegation für die Wartenden im Stubenarrest gewährleistet. Wer positiv getestet wurde, braucht anschließend zwei Negativ-Befunde innerhalb von 24 Stunden oder drei Tests mit einem CT-Wert höher als 35, um die Quarantäne verlassen zu können. Für die Rückkehr auf Schanze, Piste, Eis oder Loipe gilt laut DOSB-Mannschaftsarzt Bernd Wolfahrt der oberste Gesundheitsgrundsatz: "Safety first". Dass es Positivfälle in der Blase von Peking geben würde, sei zu erwarten gewesen, sagte Wolfahrt.

Erste Auswertungen der Massentests zeigten laut IOC folgendes Muster: 97 Prozent der Infektionsnachweise treten an Tag eins bis drei nach der Landung auf. Vorläufig kommt der Mediziner Wolfahrt deshalb zu folgendem Schluss: "Das System, so wie es aufgebaut wurde, ist sicher." Bloß halt für die Betroffenen eine Zumutung.

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