Olympia 2010:Hilflos im Eiskanal

Der Sturz im Zweierbob-Finale auf der Bahn von Whistler hat bewiesen, wie sich Rodler und Bobfahrer in Widersprüche verzetteln. Das Projekt Tempo ist schiefgegangen.

Volker Kreisl

Seit zwei Wochen steht die olympische Bob- und Rodelbahn von Whistler nun im Fokus der Öffentlichkeit, Scheinwerfer leuchten die Strecke aus, Kameras folgen den von oben kommenden Geschossen in jeder Kurve. Und doch wird man den Eindruck nicht los, als lebten Rodler und Bobfahrer in einer abgeschotteten Welt. Nach einem Todesfall, mehreren schweren Stürzen und dem spektakulären "Ausstieg" der deutschen Anschieberin Romy Logsch behaupten sie immer noch hartnäckig, die Bahn von Whistler sei im Großen und Ganzen sicher.

Schon zu Beginn der Spiele, als der Tod eines Rodlers zu betrauern war, klang das aberwitzig, die 14 folgenden Tage haben nun die Widersprüche in den Argumenten aufgedeckt. Obwohl die weltweit schnellste Bahn offiziell als sicher galt, wurde immer wieder nachgebessert, an den Seitenwänden der Kurve 16, im Eisausbau der 13, oder im Eisausbau der elf. Die Bahn hätte also von Anfang an ungefährlicher sein können. Manche Trainer behaupteten dann, nicht die Bahn sei schuld, vielmehr die Unerfahrenheit mancher Piloten.

Dieses Argument ist für eine olympische Anlage besonders daneben, weil die Verbände ja gerade Sportler aus neuen Ländern brauchen, um internationale Verbreitung und olympische Eignung nachzuweisen. Der Sturz im Frauenfinale bewies schließlich, dass auch deutsche Fahrerinnen, also die mit der größten Erfahrung, in Whistler die Kontrolle verlieren können. Und dann hörte man immer wieder, dass auch auf der Bahn in Altenberg viele Fahrer stürzten. Das mag richtig sein, unter dem Eindruck der Bilder von Whistler klingt es aber, als rede sich der Hersteller eines fehlerhaften Autos damit heraus, die Konkurrenz habe auch schlechte Bremsen.

Das Projekt Tempo und Herausforderung ist schiefgegangen bei diesen Spielen, der Ruf des Rodelns und des Bobfahrens hat dadurch Schaden genommen. Rodeln und Bobfahren sind durchaus faszinierende olympische Sportarten, sie sollten ihre Gefahren nicht als gottgegeben hinnehmen und vielleicht insgeheim stolz darauf sein. Sie sollten aus den zwei Wochen von Whistler lernen und alles dafür tun, dass Stürze künftig vermieden werden. Die Athleten aus der Kufenwelt mögen sich daran gewöhnt haben, aber ansonsten will kein Mensch hilflos herumschlitternde Sportler in Eiskanälen sehen.

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