Olympia:0,097 Punkte retten King Kohei

Olympia: Im letzten Moment den Thron verteidigt: Kohei Uchimura aus Japan.

Im letzten Moment den Thron verteidigt: Kohei Uchimura aus Japan.

(Foto: AFP)

Kohei Uchimura gilt als König der Turner, doch zuletzt machte der Japaner eher als Pokémon-Spieler von sich reden. In Rio verteidigt er seinen Thron hauchdünn.

Der König der Kunstturner war fix und fertig. Erschöpft vom harten Kampf um seinen Thron schlurfte Kohei Uchimura durch die Katakomben der Rio Olympic Arena, das blasse Gesicht voller Schweißperlen, die Hand auf dem beanspruchten Rücken. "Es war ein grandioser Sieg, aber nun bin ich total ausgelaugt", sagte der Superstar aus Japan: "Ich habe zwischenzeitlich gedacht, dass ich verliere."

Viel fehlte in der Tat nicht zum Ende seiner nun schon siebenjährigen Regentschaft. Seit 2009 hat der 27-Jährige keinen Mehrkampf mehr verloren, mit der Winzigkeit von 0,097 Punkten Vorsprung setzte sich Uchimura bei den Olympischen Spielen in Rio vor dem Ukrainer Oleg Wernjajew durch. "Er hat Unglaubliches geleistet", sagte der Sieger anerkennend.

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Mit nun sechs WM-Titeln und zwei Olympiasiegen allein im Einzel-Mehrkampf - insgesamt darf Uchimura 13 Goldmedaillen sein Eigen nennen - hat der weltbeste Turner "die Latte schon ziemlich hoch" gelegt, wie er richtig feststellte. Aber die Zeit wird kommen, in der auch Uchimura einmal einem anderen zum Sieg gratulieren muss.

"Nächstes Mal werden wir sehen, wer der Bessere ist"

Die Wachablösung lag schon am Mittwoch in der Luft, Wernjajew lieferte dem besten Sechskämpfer des vergangenen Jahrzehnts ein heißes Duell. Letztlich bewies Uchimura allerdings Nerven und setzte sich mit 92,365 Punkten denkbar knapp vor Wernjajew durch, der zumindest im Mehrkampf den größten Erfolg seiner Karriere feierte.

"Nächstes Mal werden wir sehen, wer der Bessere ist", sagte Wernjajew, der nach dem Wettkampf zunächst hatte getröstet werden müssen. Die Zukunft wird dem 22-Jährigen gehören, ebenso dem nur ein Jahr älteren Bronze-Gewinner Max Whitlock (Großbritannien) - nicht Uchimura. Der Vorsprung von "King Kohei" wird immer geringer, sein Thron wackelt bedenklich - vielleicht wird er schon bei der WM 2017 in Montreal gestürzt.

4400 Euro für eine Pokémon-Jagd

Dass Uchimura, in Rio auch Olympiasieger mit dem Team, seinen Erfolg von London am Zuckerhut wiederholen würde - es hatte im Vorfeld der Wettkämpfe zumindest leise Zweifel gegeben. Noch vor der ersten Übung sorgte der Japaner für Schlagzeilen, weil er für seine letztlich erfolglose Pokémon-Jagd Roaminggebühren in Höhe von umgerechnet 4400 Euro bezahlen musste. Als er kurz darauf noch als amtierender Reck-Weltmeister das olympische Finale an seinem Paradegerät verpasste, deutete Vieles auf das Ende seiner Ära hin.

Es entbehrte dann auch nicht einer gewissen Ironie, dass Uchimura ausgerechnet am Reck seinen Rivalen Wernjajew überflügelte. Seine glanzvolle Übung war Schwerstarbeit - in den Katakomben sah man es ihm an.

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