Offizieller Olympia-Song von Muse:"Die Rache ist mein"

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Das soll der offizielle Song der Olympischen Spiele 2012 sein? Aber sicher! Die Riffs sind martialisch, der Text ist es auch - trotzdem ist "Survival" von Muse ein Lied für Sportler. Der Song ist genau so, wie viele andere Olympiasongs gerne sein wollten.

Jürgen Schmieder, London

Ganz ehrlich: Wer das Lied Survival von Muse zum ersten Mal hört, der muss es einfach schrecklich finden. Es beginnt mit einer Fanfare, die an Frédéric Chopin erinnert, es geht weiter mit einer kruden Mischung aus Bohemian Rhapsody von Queen und I am the Walrus von den Beatles - und am Ende brüllt Sänger Matthew Bellamy, während hinter ihm ein Crescendo aus martialischen Riffs und Gesängen erklingt: "Die Rache ist mein! Ich werde meine Stärke vor der gesamten menschlichen Rasse enthüllen!" Das soll der offizielle Song der Olympischen Spiele 2012 sein? Wirklich?

Offizieller Olympiasong, diesmal von Muse. (Foto: AFP)

Muse präsentieren das Lied am Freitag bei der Eröffnungsfeier, und es wird danach immer dann gespielt werden, wenn Athleten in ein Stadion oder eine Halle kommen. Man wird Survival also nicht nur zum ersten Mal hören, sondern auch zum zweiten, zum dritten und womöglich auch zum zweihundertsten Mal. "Wir fühlen uns sehr geehrt, dass unser Lied ausgewählt wurde, um die Londoner Sommerspiele auf der ganzen Welt zu repräsentieren", sagt Bellamy.

Das offizielle Lied Olympischer Spiele soll ja - ähnlich wie die Eröffnungsfeier - beschwingt und heiter sein, es soll mitreißen und bestenfalls eine rührende wie politische Botschaft transportieren. Aber dies gelingt nur allzu selten, weil die Fröhlichkeit verkrampft wirkt, die Symbolik allzu ambitioniert und die Botschaft einfach nur plump. Wer masochistisch veranlagt ist, der kann sich ja gerne noch einmal die Olympia-Songs Hand in Hand von Koreana (Seoul 1988) oder The Power of the Dream von Céline Dion (Atlanta 1996) oder auch You and Me von Sarah Brightman und Liu Huan (Peking 2008) anhören.

Für London hat das Organisationskomitee den offiziellen Song an die Alternative-Rocker von Muse vergeben - eine Gruppe, die bisweilen selbst für Fans des Genres nur schwer zu goutieren ist, weil beinahe jeder Song eine larmoyante Ballade ist, mit komplizierten Riffs, starken Brüchen und Bellamys Falsett-Stimme versetzt. Die Texte sind nicht einfach zu verstehen, es geht um die Gedanken von sterbenden Atheisten, um korrupte Politiker und die Liebe von Opfern zu ihren Entführern. Heiter ist das nicht, was Muse gewöhnlich macht.

Leben im Olympischen Dorf
:Bett, Nachttisch, Schrank

Der globalste Ort der Welt - das Olympische Dorf in London: 15.000 Athleten wohnen spartanisch, verzieren ihre Balkone mit Fahnen oder Strandbildern. Und treffen Berühmtheiten der Spiele in der Mensa. Ein Besuch bei den deutschen Schwimmerinnen Daniela Schreiber und Lisa Vitting.

Jürgen Schmieder, London

Es gibt Lieder, die muss man ein paar Mal gehört haben, damit sie ihre Wirkung entfalten, manchmal hilft auch das Video zu Survival. Dies ist kein glatt gebügelter Popsong, er trägt keine verkrampfte politische Botschaft in sich - die einzigen Menschen, die dieses Lied wirklich mitreißen soll, sind die Athleten, die an den Olympischen Spielen in London teilnehmen. "Wir haben es mit Blick auf die Olympischen Spiele geschrieben", sagt Bellamy, "aber wir hatten weniger die Zuschauer als eher die Sportler im Sinn."

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:Bett, Nachttisch, Schrank

Der globalste Ort der Welt - das Olympische Dorf in London: 15.000 Athleten wohnen spartanisch, verzieren ihre Balkone mit Fahnen oder Strandbildern. Und treffen Berühmtheiten der Spiele in der Mensa. Ein Besuch bei den deutschen Schwimmerinnen Daniela Schreiber und Lisa Vitting.

Jürgen Schmieder, London

Das Lied beschreibt die Gedanken eines Sportlers vor und während des Wettkampfs. Diese Gedanken hören sich recht einfach an. Es geht darum, den Gegner nicht davonziehen zu lassen. Das ganze Leben sei ein Lauf und man dürfe nicht nachlassen. Das ist nicht allzu kompliziert, doch genau daran denken viele Athleten, wenn sie antreten.

"Es geht um die Überzeugung eines Sportlers und den Willen zu gewinnen", sagt Bellamy. Warum er besser sein möchte als die anderen, warum er nicht aufgeben darf. Am Ende des Liedes ruft Bellamy: "Ich werde gewinnen" - im Video sieht man in diesem Moment den Gewichtheber Matthias Steiner, wie er vor vier Jahren in Peking reagiert, als er bemerkt, dass ihm der letzte Versuch geglückt ist.

Spätestens dann, wenn man das Lied zum 200. Mal gehört hat, wird einem klar, dass Muse einen Song geschrieben hat, der so ist, wie viele andere Olympiasongs gerne sein wollten.

© SZ vom 27.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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