Österreich:Wiener Wachstum

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Küss die Hand! Stefan Posch (li.), Österreichs Torschütze in Slowenien. (Foto: Robert Jaeger/dpa)

Sieben Monate nach der "Schmach von Haifa": Den Österreichern fehlt nur noch ein Punkt für die EM-Teilnahme - doch die Euphorie im Land bleibt bislang aus.

Von Felix Haselsteiner, Ljubljana/München

Sieben Monate ist es her, dass die österreichische Fußball-Nationalmannschaft in einer tiefen Krise steckte: Die "Schmach von Haifa", das 2:4 in Israel Ende März, besiegelte einen bitteren Null-Punkte-Start aus den ersten beiden Spielen in der EM-Qualifikation, Österreich fand sich am Tabellenende der Gruppe G wieder. Die Mannschaft wirkte schwer angeschlagen, der deutsche Trainer Franco Foda wurde von der Wiener Presse harsch attackiert, eine EM-Qualifikation schien in weiter Ferne zu sein. Dass Foda jetzt, Mitte Oktober, folgende Sätze sagen würde, hätte er damals wohl selbst kaum für möglich gehalten: "Heute darf die Mannschaft ausgiebig feiern, das hat sie sich verdient. Das ist eine richtig geile Truppe, da wächst etwas richtig Gutes zusammen", sagte der 53-Jährige.

Für Foda und das Team des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) hat sich in einem halben Jahr alles zum Guten gewendet, spätestens mit dem 1:0 am Sonntagabend in Slowenien. Fodas Zitat war die euphorischste Aussage in der Amtszeit des sonst so besonnenen Analytikers. Nur noch ein Punkt fehlt den Österreichern nun im Heimspiel gegen Nordmazedonien im November, um sich zum dritten Mal in ihrer Geschichte für eine EM zu qualifizieren - und das wirkt sehr realistisch angesichts der jüngsten Leistungen.

Gegen die Slowenen, bislang noch ohne Heimniederlage in der Qualifikation, zeigte sich, dass die ÖFB-Elf auch ohne ihre Spitzenspieler funktioniert: Kapitän David Alaba und Sturm-Routinier Marko Arnautovic fehlten verletzt, ebenso die Toptalente Xaver Schlager (Wolfsburg) und Hannes Wolf (Leipzig) sowie Stefan Lainer (Gladbach) und Florian Grillitsch (Hoffenheim) auch. Foda setzte in der Offensive auf die flexiblen Konrad Laimer und Michael Gregoritsch - und auf Stefan Posch als Außenverteidiger. Der 22-Jährige erzielte in der 21. Minute nach einem Eckball das Siegtor, danach verteidigte Österreich gut und ließ die Slowenen nicht zum Zug kommen.

"Wir sind im Kollektiv momentan sehr stark. Egal, wer reinkommt, jeder macht Topspiele. Das zeichnet uns aus", sagte Kapitän Julian Baumgartlinger; der jüngste Umschwung sei "eine Riesen-Mentalitäts- und Riesen-Energie-Leistung der Mannschaft" gewesen. Fodas Elf wirkt reif, spielt organisiert und effizient und erarbeitet sich Siege. Nur das Publikum ist noch skeptisch: Das Happel-Stadion in Wien war zuletzt spärlich gefüllt, von einer Euphorie im Land wie vor der Qualifikation für die EM 2016 ist wenig zu spüren. Foda hofft auf eine Wende gegen Nordmazedonien: "Wenn in diesem entscheidenden Spiel das Stadion nicht voll ist, verstehe ich die Welt nicht mehr."

© SZ vom 15.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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