Österreich vor dem Deutschland-Länderspiel:Zahmes, zahmes Austria

Längst hat sich Österreich in der EM-Qualifikation mit seiner Außenseiterrolle abgefunden. Weil die Abwehr wackelt und Trainer Dietmar Constantini es nicht schafft, Kapitän Marc Janko einzubauen, könnte das Länderspiel gegen Deutschland für ihn der letzte Auftritt als Nationaltrainer sein. Manche denken bereits an Christoph Daum.

Es herrscht trügerische Ruhe im österreichischen Lager. Das mag einerseits daran liegen, dass der umstrittene, aber kurz vor dem Spiel begnadigte Marko Arnautovic bis zum Duell gegen die deutsche Nationalmannschaft an diesem Freitag in Gelsenkirchen einen Maulkorb verpasst bekommen hat. Aber auch ansonsten haben die österreichischen Spieler Gefallen an ihrer Außenseiterrolle gefunden.

Austrian national soccer  coach Constantini speaks to Arnautovic during training session in Bad Tatzmannsdorf

Im Gespräch: Trainer Dietmar Constantini (rechts) mit Marko Arnautovic.

(Foto: REUTERS)

Von Kampfansagen keine Spur. Selbst Teamchef Didi Constantini hinterlässt kurz vor Anpfiff nach außen einen aufgeräumten Eindruck, obwohl er bei der Kadervorstellung eine Woche zuvor nach einer kritischen Frage eines Journalisten noch wütend die Pressekonferenz abgebrochen hatte.

Anlass war eine Erkundung nach dem Abwehrverhalten seiner Mannschaft, die in 21 Spielen unter seiner Leitung nie zu Null gespielt hat. "Sie san ja a ganz a Schlauer da hinten", echauffierte sich da Constantini: "Des is ja a ganz a neie Erkenntnis. (...) Des hob i ja überhaupt no nie g'hört. Des is ja perfekt", schimpfte er und ging. Begründung: "Wenn mir ein Spaziergänger Taktik erklärt, hört sich alles auf!"

Torwarttrainer Franz Wohlfarth, einst im Tor des VfB Stuttgart, vergaß im Anschluss, dass sein Mikrofon noch eingeschaltet war, und so war ein "Trottel" hörbar, mit dem er den Fragesteller bedachte. Wohlfarth hat sich mittlerweile entschuldigt, wie auch Trainerassistent Manfred Zsak, der den Reporter "leicht fett" nannte.

Von solchen Episoden wird in Österreich eine deftige Trainerdiskussion begleitet. Denn nach zuletzt sechs Niederlagen in sieben Spielen werden in den Medien bereits die Szenarien durchgespielt, was im Falle einer Niederlage gegen die DFB-Elf passieren könne.

Gut möglich, dass spätestens nach dem Spiel gegen die Türkei am Dienstag die Verbandsspitze des Österreichischen Fußball-Bundes (ÖFB) um Präsident Leo Windtner tätig wird. Ob dann aber tatsächlich Namen wie der zuletzt gehandelte Christoph Daum ein Thema sind, bleibt fraglich.

Constantinis Kritiker werfen ihm in erster Linie vor, dass es nicht gelingt, Stürmer Marc Janko zu integrieren. Trotz exzellenter Torquoten einst für RB Salzburg (126 Spiele, 83 Treffer) und nun in der niederländischen Eredivisie für Twente Enschede (51 Spiele, 25 Treffer) wird Österreichs Teamkapitän auch in Gelsenkirchen vermutlich zunächst nur zusehen.

Arnautovic statt Janko?

Anstatt des torgefährlichen, aber als statisch geltenden Janko favorisiert Constantini offenbar den nach disziplinarischen Verfehlungen begnadigten Bremer Arnautovic. Von ihm erhofft sich der Trainer mehr Überraschungsmomente.

"Wir sind krasser Außenseiter. Keiner rechnet damit, dass wir in Deutschland etwas erreichen. Wenn wir etwas holen wollen, müssen wir auch agieren", sagt der Tiroler Constantini und verweist auf das unglückliche 1:2 gegen Deutschland im Juni in Wien. Dort schien es lange Zeit so, als sei gar der erste Sieg gegen Deutschland seit fast 25 Jahren möglich.

Nicht zuletzt deshalb sieht sich Bundestrainer Joachim Löw in seiner Meinung über den Gegner bestätigt: "Gegen gute Mannschaften spielt Österreich immer gut. Gegen Mannschaften, die in der Weltrangliste weiter unten angesiedelt sind, eher schlecht."

Und da dies so ist, hat Österreich kaum mehr Chancen, sich für die EM 2012 in Polen/Ukraine zu qualifizieren. Ein Sieg in Deutschland und viele weitere glückliche Umstände müssten her, ansonsten wird das ÖFB-Team weiter auf die erste erfolgreiche Qualifikation für ein Großturnier seit der WM 1998 warten.

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