Rücktritt des ÖFB-Präsidenten:Ein bisserl wie bei den Deutschen

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Gerhard Milletich, bislang Chef des ÖFB, ist zurückgetreten - er stand gehörig unter Druck. (Foto: Barbara Gindl/dpa)

Der Rücktritt des Fußballverbandspräsidenten Gerhard Milletich zeigt: Auch im kleinen Österreich geben im Fußball die Landesfürsten die Richtung vor - zur Not mit Intrigen und internen Kampagnen.

Von Felix Haselsteiner

Einsichtig wirkte Gerhard Milletich immer noch nicht, auch nicht bei seiner Rücktrittsverkündung. "Aufgrund der massiven medialen Negativ-Kampagne und der internen Angriffe gegen meine Person", schrieb der Präsident des österreichischen Fußballverbands (ÖFB) am Dienstagnachmittag in einer Mitteilung, sehe er sich zu seiner Demission gedrängt. 15 Monate erst war Milletich, 66, im Amt, doch vieles deutet darauf hin, dass der selbstgewählte Rückzug am 31. Januar auch deshalb zustande kam, weil ihm eine Abwahl noch vor dem Wochenende bevorgestanden hätte. Der Druck auf Milletich war nämlich zuletzt immer größer geworden, allerdings nicht nur medial.

Es waren fundierte Recherchen der Zeitung Kurier, die im Oktober des vergangenen Jahres offenlegten, dass Milletich offenbar ein eigenes Verständnis von seinem Ehrenamt als Präsident hat. Der Medienunternehmer, der mehrere Inserate-Beilagen herausgibt, nutzte Kennenlerntermine bei seinem Antritt im ÖFB offenbar auch, um berufliche Kontakte herzustellen. Auch die fehlerhafte Abrechnung einer Dienstreise, die wohl privaten Zwecken diente, wurde ihm zuletzt vorgeworfen, weshalb im Verband im Dezember 2022 ein Ethik-Komitee eingesetzt wurde, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

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Milletich behauptete felsenfest, unschuldig zu sein, und scheiterte im Januar mit einem Antrag vor Gericht, mit dem er eine Gegendarstellung im Kurier hatte erwirken wollen. Es war der Höhepunkt einer uneinsichtigen Abschiedsrunde, die wohl auch ohne seinen Rücktritt nicht gut geendet wäre: Das Komitee hätte am Freitag in der nächsten Sitzung des Präsidiums die Ergebnisse vorstellen sollen - übereinstimmenden Medienberichten zufolge mit dem Vorschlag, den Präsidenten abzusetzen. Dass der Weg über das Gericht der falsche war, ist ihm wohl inzwischen auch bewusst: "Aus heutiger Sicht hätte ich manche Kommunikation ein wenig anders geführt", schreibt Milletich in der Mitteilung.

Was aus seinen 15 Monaten im Amt des Verbandschefs bleibt, sind dennoch auch Erfolge im österreichischen Fußball: Die Ernennung von Ralf Rangnick zum Teamchef fällt genauso in Milletichs Amtszeit wie die Finalisierung der Planung eines dringend benötigten Trainingszentrums für die Nationalmannschaften.

Zudem ist eine Erkenntnis der Geschichte, dass sich Österreichs Fußballverband - ein bisserl wie bei den deutschen Nachbarn - immer wieder auf spektakuläre Art und Weise selbst im Weg steht. Milletichs Absetzung nämlich ist nicht das Ergebnis einer medialen Kampagne, sondern vielmehr ein Erfolg für die Landesverbandspräsidenten aus Salzburg, Tirol und insbesondere Oberösterreich, wo Gerhard Götschhofer als ein besonders emsiger Gegner von Milletich dem lokalen Verband vorsteht.

Der ÖFB-Vizepräsident Götschhofer recherchierte nach den Zeitungsberichten auch auf eigene Faust gegen seinen Präsidenten-Kollegen und legte die Tatsache der fälschlich eingereichten Spesenabrechnung offen, nachdem er öffentlich schon seit Beginn der Amtszeit keine Gelegenheit ausgelassen hatte, um gegen Milletich zu stänkern. Fertig ist Götschhofer offenbar nicht, nun scheint er es auf die verbliebenen Vertrauensleute des ehemaligen Präsidenten abgesehen zu haben: "Schauen wir mal, was sich Freitag abspielt", sagte er dem Profil im Hinblick auf die Sitzung.

Österreichs Fußballverband-Präsidium jedenfalls bleibt ein eigentümliches Gebilde mit (für so ein kleines Land beachtlichen) siebzehn Mitgliedern - darunter nur eine einzige Frau, die die Rolle der Genderbeauftragten einnimmt. Daran dürfte auch der Rücktritt des Präsidenten erst einmal nichts ändern.

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