Österreich:Papa in der heilen Welt

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Mit 32 Jahren der Senior in der Mannschaft des FC Salzburg: Zlatko Junuzovic. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Als Zlatko Junuzovic Werder Bremen nach Salzburg verließ, wirkte das wie ein Abbiegen auf die Karriere-Ziellinie. Doch nun spielt der 31-Jährige in der wohl besten Mannschaft der österreichischen Geschichte.

Von Felix Haselsteiner, Salzburg

"Servus, da ist der Juno", sagte Zlatko Junuzovic, dann grüßte er die Zuschauer einer morgendlichen österreichischen Radioshow und wünschte ihnen einen guten Tag. Die Pressezone im Stadion des FC Salzburg war längst verlassen, die Ordner hatten schon mit dem Abbau begonnen, es war, wie man in Österreich zu sagen pflegt, saukalt. Nur Junuzovic, 31, genannt Juno, war so gut gelaunt und redefreudig, dass er noch Zeit und Muße hatte, Radioeinsprecher vorzusagen.

Vorher hatte er sich nach dem 1:0 im Europapokal gegen RB Leipzig am vergangenen Donnerstagabend Zeit genommen, um einige grundsätzliche Dinge zu seinem Verein, dem FC Salzburg, zu sagen. Was aktuell in Salzburg passiere, sei "schon etwas Außergewöhnliches", sagte er: "Es ist nicht selbstverständlich. Auch wenn viele immer davon reden, es sei nur eine Geldgeschichte. Das ist es nicht. Hier ist etwas entstanden. Das hat man schon in der letzten Saison gesehen. Die Jungs machen einfach so weiter."

Einfach so weitermachen heißt in Zahlen, dass Salzburg in dieser Saison noch kein Spiel verloren hat, dass in der österreichischen Bundesliga mit 12 Punkten Vorsprung nach 15 Spieltagen alles auf die sechste Meisterschaft in Serie hindeutet und dass auch die Gruppenphase der Europa League bislang ohne Punktverlust verlaufen ist. In der heilen Welt, in der sich der FC Salzburg, der in der heimischen Liga weiterhin mit Hauptsponsor Red Bull im Vereinsnamen aufläuft, derzeit befindet, wird guter Fußball gespielt, modernste Jugendarbeit geleistet und oft klug investiert. Zum Beispiel in Spieler wie Zlatko Junuzovic.

Gehaltsrekord für den ehemaligen Nationalmannschaftskapitän?

Vor der Saison wechselte der Mittelfeldspieler doch etwas überraschend von Werder Bremen in die österreichische Liga, man hätte das durchaus als Rückschritt auffassen können, Reisen führen ihn seither nicht mehr nach Dortmund, sondern nach Hartberg. Auch wenn Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund im Sommer Spekulationen über Gehaltsrekorde als "realitätsfern" bezeichnete, darf man davon ausgehen, dass Junuzovic für solche Reisen in die steirische Provinz ausreichend entlohnt wird. Der FC Salzburg ist der einzige österreichische Verein, der sich einen ehemaligen Nationalmannschaftskapitän mit der Erfahrung von 188 Bundesligaspielen leisten kann. Junuzovic selbst spricht jedoch vor allem über seine Mitspieler, wenn er nach einem Vergleich zu seinen früheren Stationen gefragt wird: "Ich habe schon mit Individualisten gespielt, die Extraklasse waren. Aber der Geist, dieser Hunger von den Jungs ist phänomenal."

Wenn Junuzovic von "den Jungs" erzählt, meint er eine Mannschaft, die im Schnitt knapp über 23 Jahre alt ist und geprägt wird von Spielern wie Xaver Schlager, 21, Amadou Haidara, 20, oder Hannes Wolf, 19. Mit 31 Jahren zählt Junuzovic zu den Ältesten, er ist in gewisser Weise die Vaterfigur in einer der vermutlich besten Vereinsmannschaften in der Geschichte des österreichischen Fußballs. "Einige dieser Mannschaft werden noch große Karriere machen. Sie sind jung, gleichzeitig aber schon so reif für ihr Alter", sagt Junuzovic.

Im System von Trainer Marco Rose spielt er halblinks im Mittelfeld. Auf die Frage, ob er denn auch ein sogenannter verlängerter Arm sei, lieferte Rose einen Vergleich aus der Tierwelt: "In der Beziehung bin ich ein Krake. Ich habe viele verlängerte Arme." Junuzovic ist einer davon, nimmt allerdings auch abseits des Platzes eine wichtige Rolle ein, insbesondere bei einem der wenigen Tiefpunkte der Saison, dem Ausscheiden in der Qualifikation für die Champions League gegen Roter Stern Belgrad. Eine Episode, die Salzburg und Junuzovic vermutlich zum letzten Mal erlebt haben: Ab dieser Saison qualifiziert sich der österreichische Meister automatisch für die Gruppenphase der Königsklasse. Für Salzburg wäre es eine Premiere, für Junuzovic, dann 32, auch: Champions League hat selbst die Vaterfigur noch nicht gespielt.

© SZ vom 02.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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