Weltmeister Raphael Haaser:Schwere Zeiten für Hellseher

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Plötzlich Weltmeister: Raphael Haaser bejubelt seine Goldmedaille im WM-Riesenslalom. (Foto: Dimitar Dilkoff/AFP)

Raphael Haaser stand im Weltcup noch nie auf einem Riesenslalompodest. Bei der WM in Saalbach überrascht der Österreicher mit seiner Goldfahrt alle Favoriten – und lässt beim Heimpublikum die Bierbecher fliegen.

Von Korbinian Eisenberger, Saalbach-Hinterglemm

Beim Übergang in den Zielraum von Saalbach mussten die Skirennfahrer am Freitag über eine steile, komplizierte Kuppe, eine sogenannte Schlüsselstelle. Genau dort, wo die Fahrer schon die Zuschauer unten im Zielstadion erkennen können, war nun der Rennläufer Raphael Haaser eingetroffen. Der Österreicher lag in Führung, eine Medaille schien möglich zu sein, bis zu diesem Punkt sah seine Riesenslalomfahrt so sauber und glatt aus wie die Eispiste unter ihm. Doch dann, an der Kuppe, avancierte Haaser zum Haaserdeur.

Den linken Arm schlug es ihm in die Lüfte, Haasers Skier gingen zu einem V auseinander, spitze Schreie im Stadion – für den Moment war zu befürchten, dass dem 27-Jährigen Position und Rhythmus abhandenkommen würden. Doch Haaser besann sich nun wieder auf die Ästhetik der Einfachheit, er fand zurück in die Spur, brachte 23 Hundertstelsekunden Vorsprung über die Ziellinie – und ließ die Bierbecher auf den Rängen zum ersten Mal fliegen. Drei Fahrer später dann spritzte erneut der Schaum durchs Stadion. Haaser, der Super-G-Spezialist, hatte tatsächlich den Riesenslalom gewonnen – die zweite Goldmedaille für Österreich bei dieser alpinen Ski-WM in Saalbach.

Und so verdichten sich langsam aber sicher die Indizien, dass die Salzburger Nachrichten vor zwei Wochen gar nicht so verkehrt lagen mit ihrer Prognose von sieben Austria-Medaillen bei der Heim-WM, von denen drei golden glänzen würden. Vor den Slaloms am Wochenende stehen bereits deren sechs zu Buche, sechs mehr als beim Deutschen Skiverband (DSV), vier weniger als bei der Schweiz. Dass aber ausgerechnet der Tiroler Haaser nach Silber im Super-G noch Gold im Riesenslalom folgen ließ, muss selbst die findigsten Hellseher in Staunen versetzen.

Anton Grammel verbessert sich noch von Rang 22 auf zwölf

Haaser kam mit diesem Hang, den Wellen und Schräglagen spielerisch zurecht, besser sogar als der Schweizer Marco Odermatt, der Haaser im Super-G noch bezwungen hatte. Der Ski-Dominator der vergangenen Jahre verpasste seine zweite Medaille um sieben Hundertstelsekunden, bezwungen wurde er von seinen Teamkollegen Thomas Tumler (0,23 Sekunden zurück) und Loic Meillard (0,51). Und eben von diesem Überraschungssieger aus Innsbruck.

Abseits der Piste ist Haaser keiner, der im riesigen Team des Österreichischen Skiverbands je im Mittelpunkt zu finden sein wird, wenn er es nicht zu verhindern weiß. Am Freitag allerdings war nun so ein Tag. „Unglaublich, ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sagte Haaser, der im Weltcup noch kein Rennen gewonnen hat. Seine bislang beste Platzierung im Riesenslalom hatte er Anfang des Winters mit Rang sieben in Sölden eingefahren. Vor der WM hatte er sechs Wochen lang verletzt pausieren müssen. Einen Doppelschlag wie diesen hätte er sich wohl nicht mal selbst zugetraut.

Ähnlich dürfte es sich bei einem Konkurrenten Haasers verhalten haben, Anton Grammel vom DSV, auf den in Zukunft genauer zu schauen sein wird. Der 26 Jahre alte Schwabe carvte wie eine Lok auf Schienen durch die Riesenslalomtore. Grammel war in Lauf zwei sogar noch schneller als Haaser und alle anderen, so verbesserte er sich noch von Rang 22 auf zwölf.  Seine Teamkollegen Fabian Gratz und Jonas Stockinger belegten die Plätze 18 und 26. Vielleicht brechen für die Deutschen im lange so unbeliebten Riesenslalom schon bald bessere Zeiten an.

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