Österreich:Fußball-EM droht zu scheitern

Die Zeit wird eng: Der für die Fußball-EM 2008 geplante Bau eines Stadions in Klagenfurt steht vor dem Aus.

Von Thomas Becker

In Klagenfurt hat die "BlaBla-Saison" begonnen. Höhepunkt: das Stadtgerücht zu Clagenfurth. "Die originelle und unglaublich kreative Faschingsgilde der Kärntner Landeshauptstadt entwickelt für jede Faschingssaison ein brandneues, auf die aktuellen Geschehnisse in der Stadt zugeschnittenes Programm - da bleibt kein Auge trocken", heißt es auf der Homepage der Kommune.

Die "Fröhlichen Stadtrichter" werden einiges zu tun haben, um ihr Programm auf den neuesten Stand zu bringen. Denn seit Mittwoch steht der für die Fußball-EM 2008 geplante Bau eines Stadions vor dem Aus. Die Zeitschrift Kärntner Woche hatte alle sechs eingereichten Projekte mit Anbietern und Bausumme im Detail veröffentlicht und damit gegen das Vergabegesetz verstoßen. Dies könnte das Ende der österreichischen EM-Pläne sein.

Im Dezember 2002 hatte die Uefa der Bewerbung Österreich/Schweiz den Zuschlag erteilt. Beide Länder verpflichteten sich zu je vier EM-tauglichen Standorten. In Österreich sind dies neben Klagenfurt Wien, Salzburg und Innsbruck. Sollte die Variante Kärnten scheitern, sieht es mit Alternativen mau aus: Die möglichen Ersatzkandidaten St. Pölten oder Linz sind unsichere Kantonisten.

EM-Turnierdirektor Christoph Schmölzer sieht das gesamte EM-Projekt auf der Kippe: "Die Zeit wird langsam eng." Laut Uefa müssen alle Stadien bis 2006 fertig sein. Auch das Stadionprojekt in Zürich bereitet ausdauernd Probleme.

Stadt erstattet Strafanzeige

Klagenfurts Bürgermeister Harald Scheucher spricht von einer gezielten Aktion: "Wer immer auch das Gutachten den Medien zugespielt hat: Er setzt alle Mittel ein, um das Stadion-Projekt zu verhindern." 66,5 Millionen Euro soll die 30.000 Zuschauer fassende Arena kosten, drei Vorrundenspiele sind für die EM geplant. Hinzu kommen eine Nachwuchs-Akademie, ein Klubgebäude sowie eine Event-Sporthalle.

Der Streit um die Bauvergabe schwelt schon lange und erreichte im Dezember den Bundeskanzler. Wolfgang Schüssel gab ein Obergutachten in Auftrag, um die kärntnerischen Streithansln zu zähmen: Bürgermeister Scheucher favorisierte eine andere Firma als der Landeschef, Jörg Haider.

Der ist seit vier Jahren auch Präsident des zweitklassigen FC Kelag Kärnten, der 1920 als "Kaufmännischer Sportverein" gegründet wurde, schon Walter Schachner und Rüdiger Abramczik als Trainer ausprobierte und nun von einem gewissen Peter Pacult wieder in die Bundesliga geführt werden soll. Allerdings wollen derzeit im Wörthersee-Stadion kaum mehr als 3000 Fans die Spiele gegen Untersiebenbrunn, Kapfenberg oder den FC Gratkorn sehen.

Am heutigen Freitag hätte der Bestbieter bekannt gegeben werden sollen. Nach einer Krisensitzung werden nun zwei Gutachter bis Montag eine Expertise darüber abgeben, ob das Vergabeverfahren weitergeführt werden kann. Die Stadt Klagenfurt hat Strafanzeige erstattet und mit einer Schadenersatzklage von 100 Millionen Euro gedroht. Die Internet-Foren brummen. Mal schimpft einer: "Keine Macht den Ungustln, Inkompetenzlern und Möchtegerns! Pfui!", mal fordert ein anderer: "Fußball EMs sollten nur in fußballbegeisterten Ländern stattfinden." Lauter Steilvorlagen für die "Fröhlichen Stadtrichter".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: