Oberligist USC Paloma im DFB-Pokal:Spiel des Lebens

DFB-Pokal - Training USC Paloma

Sie müssen gegen einen Bundesligisten antreten, Profifußballer ist bei ihnen keiner: Der USC Paloma

(Foto: dpa)

Der Hamburger Oberligist USC Paloma fordert im DFB-Pokal den Bundesligaklub TSG Hoffenheim heraus. Die Vorfreude ist groß, die Chancen nicht. Denn nur wenig läuft hier professionell. Ein Paloma-Spieler hat allerdings schon Millionen verdient - nicht im Fußball, sondern bei "Schlag den Raab".

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Es gibt ja die lustige Angewohnheit, bei DFB-Pokalspielen zwischen Amateurklubs und Profiteams die Berufe der Amateure aufzulisten. Dann tritt zum Beispiel ein Feuerwehrmann gegen einen Nationalspieler an oder ein Buchhalter gegen den Fußballer des Jahres. So ist das auch, wenn am Sonntag der Hamburger Oberligist USC Paloma in der ersten Runde der Saison 2014/2015 auf den Bundesligaklub TSG Hoffenheim trifft.

Der Torwart Yannick Jonas wird gerade zum Systemgastronom bei einem Pizza-Lieferservice ausgebildet. Der wichtigste Offensivmann Timo Adomat arbeitet bei einem Schloss-Notdienst, kann aber wegen eines gebrochenen Fußes die Abwehr der Profis nicht aufbrechen. Und Olufemi Smith ist "Berater von Sportlern und Celebrities mit dem Schwerpunkt Persönlichkeitsrecht". Sein prominentester Klient ist Weltmeister Jérôme Boateng.

Es ist schon eine interessante Mannschaft, die nach ihrer im Frühjahr geschafften Rückkehr in die Oberliga irgendwann einmal hinter dem HSV, dem FC St. Pauli und dem SC Victoria zur vierten Hamburger Kraft aufsteigen will. Der Klub verbindet das gutbürgerliche Uhlenhorst mit dem Arbeiterviertel Barmbek.

Gerade ist am lokal berühmten Sportplatz Brucknerstraße der alte rote Grandplatz durch einen Kunstrasenplatz ersetzt worden. Die "Hardcore-Veranstaltung", so der frühere Paloma-Trainer Rudi Kargus, mit blutigen Knien oder Oberschenkeln gehören nun der Geschichte an. Gegen die Kraichgauer wird im Stadion des SC Victoria gespielt. Maximal 5000 Fans können sich diese Begegnung anschauen.

Dass die Bude vielleicht nahezu ausverkauft sein wird, dafür haben die "Tauben", die so heißen, weil der Vogel das Vereinslogo ziert, eine Menge getan. Sie haben einen "Imagefilm" von einer szenigen Werbeagentur mit dem kompletten Team drehen lassen. Sie haben mit dem berühmten Sänger George Baker darüber verhandelt, dass er beim Pokalschlager mit dem Lied "Paloma blanca" auftritt. Der wollte dann allerdings etwas zu viel Geld, weshalb nun der HHLA-Shanty-Chor den Song "La Paloma" trällert, zu dem dann 40 Tauben aufsteigen.

Sie wollen das zweite DFB-Pokalspiel ihrer Vereinsgeschichte (2002 gab es am Millerntor ein 0:5 gegen den 1. FC Kaiserslautern) zu einem "kultigen Event" machen, wie die Journalistin Inga Radel verrät, die nebenbei die mediale Koordination steuert.

Ein Treffer gegen Nationalkeeper Uli Stein

DFB-Pokal - Training USC Paloma

Auf sie wartet ein Bundesligist: Die Spieler vom USC Paloma

(Foto: dpa)

Die Beraterin weiß natürlich, wofür sich die Presse sonst noch interessiert. Dass Olufemi Smith, 36, nicht nur ein Spieler ist, dessen Qualitäten einst fast für eine Profikarriere gereicht hätte. Der Hamburger mit nigerianischen Wurzeln hat auch schon als Marketingmann beim TSV 1860 München gearbeitet und vor allem 2008 in der Sendung "Schlag den Raab" mit 2,5 Millionen Euro die höchste Summe eingestrichen, die jemals im Fernsehen gewonnen wurde.

Auch Trainer Marko Krausz, 40, im Hauptberuf Banker, kann Geschichten aus seinem Fußball-Leben erzählen. Er trainierte als 20-Jähriger in der zweiten Mannschaft des Hamburger SV unter Felix Magath. "Wenn ich ein Buch über dieses Jahr schreibe, wird es ein Bestseller", flachst Krausz. Auch ein Tor gegen Nationalkeeper Uli Stein steht in seiner Vita. Das gelang ihm am 10. August 1996 im DFB-Pokalmatch der zweiten HSV-Mannschaft, als man mit 1:3 gegen Arminia Bielefeld verlor. Krausz verwandelte einen Elfmeter, nachdem er selbst gefoult worden war.

Auch der defensive Mittelfeldspieler Hauke Brückner hat, so Krausz, nicht nur "viel Erfahrung". Er arbeitet ansonsten in der Presseabteilung des FC St. Pauli. Selbst der frühere HSV-Keeper Rudi Kargus, der Paloma zwischen 1997 und 2000 coachte und heute Kunstmaler ist, wurde anlässlich des "besten Jahres der Vereinsgeschichte" (Krausz) noch einmal eingeladen.

Kargus erinnerte sich an den "Kulturschock", den er damals erlitten habe, als seine Spieler mit Bierflaschen in die Mannschaftsbesprechung kamen. Schade findet Kargus, dass Tim Wiese nicht mehr der Keeper der Hoffenheimer ist: Er habe da so ein Foto gesehen, auf dem sich der frühere Nationaltorwart als Bodybuilder präsentiert mit viel zu vielen Muskeln: "Wenn der noch im Tor stünde, würde ich uns gute Chancen geben."

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