Nürnbergs 2:0-Sieg:Törles' fünf Minuten

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Spezielles Premierentor: Törles Knöll widmete seinen ersten Liga-Treffer seinem verstorbenen Großvater. (Foto: imago/Zink)

Joker Knöll empfiehlt sich für die Startelf, das Club-Team blickt nun dem Spiel gegen Dortmund gelassener entgegen.

Von Felix Haselsteiner, Nürnberg

Mit roten Wangen und einem Grinsen im Gesicht stand Törles Knöll nach dem Spiel in der Mixed-Zone des Max-Morlock-Stadions. Knölls Laune war so herausragend, dass er selbst den Kommentar eines Fragenstellers, wonach Törles jetzt nicht mehr torlos sei, dezent weglächelte. Knöll ging nicht näher auf Scherze über den Wiedererkennungswert seines Namens ein, den er seiner "kreativen Mutter" zu verdanken habe. Stattdessen sagte er einige Sätze, die man von einem 21-jährigen Profi, der gerade seinen ersten großen Auftritt hatte, erwarten konnte. Er sei dem Trainer sehr dankbar für die Chance, die er ihm mit der Einwechslung gegeben hatte; am wichtigsten sei auch nicht sein persönlicher Erfolg, sondern der Erfolg der Mannschaft; und überhaupt: Sein Tor würde er mit Vorlagengeber Mikael Ishak teilen, der habe die meiste Arbeit geleistet.

Loben musste der angenehm zurückhaltende Knöll sich nicht selbst, das übernahmen andere. "Törles arbeitet wahnsinnig hart, hält den Mund und gibt Gas", charakterisierte Innenverteidiger Georg Margreitter seinen jungen Mitspieler, der vor der Saison von der zweiten Mannschaft des Hamburger SV zum Club gewechselt war. "Er hat sich heute für seine gute Arbeit belohnt", sagte Trainer Michael Köllner, der mit dem Wechsel in der 73. Minute eine ausgeglichene Begegnung entschied, die über weite Strecken vor allem zwei Schiedsrichter-Entscheidungen prägten.

In der 25. Minute war Nürnberg bereits für kurze Zeit in Führung gegangen, bei Ishaks vermeintlichem Abstaubertor schaltete sich jedoch der Videoschiedsrichter in Köln ein und erkannte korrekterweise eine Abseitsposition bei Vorlagengeber Virgil Misidjan. Der niederländische Außenstürmer, wichtigster Aktivposten in der Offensive der Franken, stand zwei Minuten später erneut im Fokus, als er nach einem Fehler von Hannovers Kevin Wimmer alleine auf das gegnerische Tor zulief, kurz vor dem Strafraum allerdings von Miiko Albornoz berührt wurde und mit viel Theatralik stürzte. Schiedsrichter Bastian Dankert ließ zunächst weiterspielen, bekam jedoch unter furiosen Protesten der Nürnberger Bank erneut ein Signal aus Köln. Nach ausführlicher Ansicht der Szene entschied er auf Freistoß und Platzverweis gegen Albornoz, und nun war natürlich die Hannoveraner Bank in Aufruhr. "Man stellt sich natürlich die Frage, warum der Videoschiedsrichter eingreift, wenn es keine klare Fehlentscheidung ist. Für mich ist es ja nicht einmal ein Foul", sagte Trainer Andre Breitenreiter nach dem Spiel. Die Hannoveraner wehrten sich in Unterzahl vor allem in der zweiten Halbzeit tapfer und wären in der 72. Minute beinahe durch Niclas Füllkrug in Führung gegangen.

Kurz darauf jedoch kam Knöll für Misidjan ins Spiel und brauchte gerade einmal etwas mehr als eine Minute, um seine Stürmerrolle auszufüllen. Als Nürnbergs Kapitän Hanno Behrens mit einem Kopfball den Pfosten traf, schaltete Knöll am schnellsten, seine wuchtige Hereingabe fälschte Hannovers Waldemar Anton ins eigene Tor ab. Die Führung sorgte für frenetischen Jubel im Stadion, der noch nicht verebbt war, als Hannovers Anton einen Fehlpass spielte und Mikael Ishak zu einem Konter einlud. Ishak leistete tatsächlich die meiste Arbeit beim 2:0, sein Sprint endete in einem herausragenden Zuspiel auf den mitgelaufenen Knöll, der nur noch einschieben musste (77.). Nach seinem ersten Bundesligator blickte er in den Himmel und widmete es seinem kürzlich verstorbenen Großvater, der stets sein "großes Vorbild" gewesen sei, wie er später erzählte.

Ob er mit so einem ersten Auftritt gerechnet habe, wurde Knöll nach dem Spiel gefragt und antwortete diesmal nicht mit einer Floskel: "Ich bin ein kleiner Esoteriker", sagte er. Er male sich stets das positivste Szenario aus.

Der spielentscheidende Treffer des jungen Angreifers führte jedenfalls dazu, dass sich die Wege der beiden Mannschaften, die beide mit jeweils zwei Unentschieden und einer Niederlage gestartet waren, nun in der Tabelle vorübergehend trennten. Die Stimmung der Hannoveraner, die in die Abstiegsränge abrutschten, war zum Start der englischen Woche sichtlich gedämpft. Die Nürnberger blicken dem nächsten Spiel in Dortmund am Mittwoch nach dem ersten Saisonsieg und nun fünf Punkte aus vier Spielen gelassener entgegen und zählen auf den jungen, rotbackigen Esoteriker Törles Knöll, der sich für höhere Aufgaben empfahl. "Wenn einer gut unterwegs ist, kann der auch von Anfang an spielen", sagte Trainer Köllner nach dem Spiel.

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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