Nürnberg:Trainer vor dem Absprung

René Weiler

Nur wenige Tage bleiben dem 1. FC Nürnberg, um einen Ersatz für Trainer René Weiler zu finden, der zum RSC Anderlecht wechselt.

(Foto: Maja Hitij/dpa)

Fußball-Trainer René Weiler, derzeit in Nürnberg tätig, bekommt wohl ein lukratives Angebot vom Champions-League-Qualifikanten RSC Anderlecht aus Belgien.

Von Philipp Schneider, Nürnberg/München

Nun, da die Nachricht seines anstehenden Fortgangs vom 1. FC Nürnberg in der Welt ist, klingen die Worte, die René Weiler vor zwei Wochen nach der verlorenen Relegation gegen den Erstligisten Eintracht Frankfurt sprach, beim abermaligen Abspielen deutlich nach einer Abschiedsplatte. Er sei einfach "ein Stück weit nüchtern", hatte Weiler gesagt, er sprach von einem "Qualitätsunterschied" seiner Mannschaft im Vergleich zum Team der Frankfurter. Und er sprach auch davon, "dass es mehr bedarf, wenn wir künftig an der Zweitligaspitze oder in der ersten Liga mitspielen wollen."

In den Tagen danach ist Weiler offenkundig zu dem Ergebnis gekommen, dass er auf dieses Mehr, das im Fußballgeschäft eben sehr oft ein finanzielles Mehr bedeutet, beim 1. FC Nürnberg vergeblich warten wird. Und als dann die Manager des belgischen Spitzenklubs RSC Anderlecht an ihn herantraten, da sah René Weiler wohl die Gelegenheit, zu einem dreimaligen Europapokalsieger zu wechseln, der in der kommenden Saison in der Qualifikation für die Champions League an den Start geht. Und der - dies wäre der Zucker auf der Sahne - wohl dazu in der Lage ist, ihm ein höheres Salär zu bieten.

Sportvorstand Andreas Bornemann, der das Interesse der Belgier gegenüber der Nürnberger Zeitung inzwischen bestätigt hat, darf das Werben um Weiler, der beim Club noch bis 2017 unter Vertrag steht, einerseits als Chance begreifen. "Es macht ja wenig Sinn, jemanden mit Verweis auf die Vertragslaufzeit zu knebeln", sagte Bornemann. Ein Verhandlungsmarathon mit großen Feilschereien wäre sicher nicht zu erwarten. Eine Ablöse im niedrigen siebenstelligen Bereich dürfte für den 42-Jährigen ohne allzu prächtige Phantasie fällig werden. Bornemann könnte das Geld gut gebrauchen, steht er doch beim Club vor der undankbaren Aufgabe, mit einem mittleren Zweitliga-Budget ein Spitzenteam zu formen, um ein Schicksal ähnlich dem des 1. FC Kaiserslautern abzuwenden. Der wähnt sich ja seit Jahren wie festgetackert im fußballerischen Unterhaus. Es sei "aktueller denn je, dass Trainer herausgekauft werden", sagte Bornemann; auch dies klang nicht gerade so, als würde er eine Blockadestrategie fahren.

Nürnbergs wichtigste Aufgabe: Weitere Finanzstrafen verhindern

Finanzvorstand Michael Meeske hat unlängst einen rigiden Sparkurs angekündigt. Die Zeiten, in denen unter Bornemanns Vorgängern Martin Bader und Ralf Woy noch prunkvolle Kader zusammengestellt werden durften, die auf den sofortigen Wiederaufstieg getrimmt waren, sind vorbei. Zu Beginn der vergangenen Saison hatte Bader noch neun Spieler verpflichtet, obwohl der Club in diesem Transfersommer bereits vor dem finanziellen Kollaps stand. Bevor Bader im September zusammenpackte am Valznerweiher, um zu Hannover 96 zu wechseln, teilte er noch mit, der Club sei "wirtschaftlich kerngesund, nahezu schuldenfrei". Das sah die Deutsche Fußball-Liga (DFL) im Winter anders: Sie bürdete den Nürnbergern eine Strafe im hohen sechsstelligen Bereich auf wegen Verschlechterung der Eigenkapitalquote. Die Hauptaufgabe von Meeskes und Bornemann besteht darin, eine weitere Sanktion der DFL zu verhindern, Wiederholungstätern droht ein Punktabzug.

Andererseits buhlen die Belgier schon auch zur Unzeit um Weiler, der ja so etwas wie ein Glücksgriff war für den Club, weil er immerhin die Relegation erreichte. Bornemann droht nun die bei Sportchefs unbeliebte Aufgabe, ohne Unterstützung eines Cheftrainers eine Mannschaft zusammenstellen zu müssen. Zumal sich zwei Kandidaten, die auch für den Club infrage gekommen wären, zuletzt für andere Vereine entschieden: Kosta Runjaic wechselte zum TSV 1860 München, Tayfun Korkut nach Kaiserslautern. Viel Zeit bleibt Bornemann nicht. Am 27. Juni ist Trainingsauftakt am Valznerweiher.

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