Nürnberg - Mannheim:Momente Mannheimer Fehlbarkeit

Nürnberg Ice Tigers - Adler Mannheim

Patrick Reimer (links) jubelt neben Brendan Mikkelson von den Adlern über sein Tor zum 3:2 gegen die Mannheimer.

(Foto: Timm Schamberger/dpa)

Entgegen aller Erwartungen setzt sich Nürnberg mit 4:3 gegen die Adler durch. Nach einer komplizierten Saison hält Kapitän Patrick Reimer die Hoffnung auf ein Weiterkommen in den Playoffs aufrecht.

Von Max Ferstl, Nürnberg

Die Spieler der Adler Mannheim waren schon in die Kabine gestapft, die Betreuer verschwunden. Nur Pavel Gross, der Trainer, stand noch am Spielfeldrand, und schaute hoch zum Videowürfel im Nürnberger Eisstadion, wo die entscheidende Szene des Spiels wiederholt wurde. Wie Nürnbergs Stürmer Jason Bast seinen Gegenspielern davonsprintete, wie er seinen vor dem Tor wartenden Kapitän Patrick Reimer entdeckte, wie Reimer - freistehend - den Puck über die Linie drückte. Am Ende dieses Abends sah Gross also ein paar Momente Mannheimer Fehlbarkeit.

"Die meisten haben gesagt: Das wird ein Sweet", sagte unterdessen der Torschütze Reimer im Fernsehinterview. Sweep bezeichnet im Eishockey, wenn ein Team eine Serie gewinnt, ohne ein einziges Spiel zu verlieren. Im Playoffs-Viertelfinale der Deutschen Eishockeyliga (DEL) bräuchte es dafür vier Siege aus vier Partien. Ein Sweep ist Ausdruck totaler Dominanz - oder Unterlegenheit - einer Mannschaft. Und so ein Sweep war genau das Ergebnis, das für das Aufeinandertreffen des Tabellenersten Mannheim und des Tabellenzehnten Nürnberg vorhergesagt worden war. Erst recht, nachdem Mannheim die ersten drei Partien souverän gewonnen hatte. Das galt jedenfalls bis zur 66. Minute in der Verlängerung am Freitagabend. Dann traf Reimer.

Hinter den Nürnbergern liegt eine komplizierte Saison

4:3 haben die Nürnberger die vierte Partie gewonnen. In der Best-of-seven-Serie führt Mannheim nur noch mit 3:1. Zwar hat sich an der Ausgangssituation wenig geändert - den Adlern fehlt nach wie vor nur ein Sieg zum Weiterkommen, die Nürnberger bleiben krasser Außenseiter. Doch einen Sweep wird es immerhin nicht geben. Mannheim sei eine sehr starke Mannschaft, sagte Reimer, aber, "wie wir heute gesehen haben, auch schlagbar". Natürlich haben die Adler auch schon während der Hauptrunde ein paar Mal verloren, allerdings eben nie gegen Nürnberg. So gesehen hat dieses 3:4 durchaus Nachrichtenwert.

Hinter den Nürnbergern liegt eine komplizierte Saison. Im Sommer verließen prägende Spieler den Verein, die ihre Karriere beendeten (Steven Reinprecht) oder - per Umweg über Nordamerika - zum Rivalen nach München wechselten (Yasin Ehliz). Vor dem Saisonstart zog sich dann auch Trainer Rob Wilson zurück. Richtig ruhig wurde es seitdem eigentlich nie. "Wir haben nie als Mannschaft so funktioniert wie die Jahre zuvor", sagte Reimer. Als Zehnter nach der Hauptrunde musste sich seine Mannschaft gegen Bremerhaven erst in den Pre-Playoffs für die Endrunde qualifizieren. Schon da lag das Saisonende nur eine Niederlage entfernt.

In der DEL konnte bisher kein Team nach einem 0:3-Rückstand eine Serie noch gewinnen

Dass die Nürnberger noch immer dabei sind, hat auch mit Patrick Reimer zu tun, dem 36-jährigen Kapitän. Er bekam am Freitag die zweitmeiste Eiszeit (mehr als 22 Minuten), trug den Puck wieder und wieder in die Gefahrenzone. Und schoss zwei Tore, als sie dringend benötigt wurden: eins in der 57. Minute, eins in der Verlängerung. "Je höher der Druck ist, desto besser spielt Patrick", fand Trainer Martin Jiranek. "Wenn so ein Typ wie Reimer vor dem Tor steht, wird es gefährlich", sagte Mannheims Coach Pavel Gross.

Bisher waren die Spiele der Serie nach ähnlichem Muster verlaufen: Die Nürnberger spielten ordentliches Eishockey, konnten aber wenig ausrichten gegen die Wucht und Dominanz, die Mannheim in diesem Jahr bis auf sehr wenige Ausnahmen ausstrahlt. Sobald den Ice Tigers ein Fehler unterlief, nutzte das der Gegner. Auch am Freitag schossen die Adler häufiger aufs Tor (insgesamt 44 Mal) als die Nürnberger. Aber sie zielten schlechter, und agierten unkonzentriert, als die Nürnberger sich steigerten. "Dann kommt auch mal ein Fehlpass dabei raus", sagte Reimer.

Am Sonntag (16.30 Uhr) treffen sich beide Mannschaften in Mannheim wieder. "Wir haben noch eine Chance, die Serie zu verlängern", sagte Trainer Jiranek, und klang dabei nicht so pessimistisch wie noch nach der Niederlage in Spiel zwei eine Woche zuvor. Allerdings: In der DEL konnte noch nie eine Mannschaft eine Serie gewinnen, wenn sie die ersten drei Spiele verloren hatte. Um das zu schaffen, müssten die Nürnberger insgesamt vier Spiele in Folge gewinnen - wie bei einem Sweep.

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