Nürnberg:Eiskunst mit Ibisevic

1. FC Nuernberg v Hertha BSC - Bundesliga

Abgeschüttelter Abstiegskandidat: Herthas Arne Maier behauptet des Ball gegen den Nürnberger Tim Leibold.

(Foto: Adam Pretty/Bongarts/Getty Images)

Nach Herthas 3:1 beim Club wartet der Aufsteiger seit zwölf Spielen auf einen Sieg. Auch die Rückkehr der Verletzten hilft nicht.

Von Maik Rosner, Nürnberg

Wäre es nach den betrüblichen Bilanzen gegangen, hätten die Nürnberger und Berliner ihre Verabredung am Sonntag eigentlich gleich stornieren können. Das erste Ligaspiel des FCN und der Hertha im Jahr 2019 stand ja im Verdacht, mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die nächste Enttäuschung zuzusteuern. Vor allem galt das für die Nürnberger, die sich vor der Winterpause nach elf sieglosen Spielen und zuletzt gar vier Auftritten ohne eigenes Tor auf dem letzten Tabellenplatz eingefunden hatten. Hinzu kamen viel Kritik an Trainer Michael Köllner und die wenig verheißungsvollen Eindrücke aus den Testspielen. Aber auch der Optimismus bei der Hertha musste sich in Grenzen halten, weil die Berliner seit einiger Zeit ihre Angewohnheit gepflegt hatten, bei Aufsteigern zu verlieren. In Nürnberg gewannen sie gar zuletzt, als Gerhard Schröder mitten in seiner Amtszeit als Bundeskanzler war, im Jahr 2003.

Die aktuelle Versuchsanordnung hatte immerhin den Vorteil, dass die Wahrscheinlichkeit wenigstens für eine der beiden Mannschaften nicht schlecht stand, das Grauen zu beenden. Und weil Vedad Ibisevic (15.) und Ondrej Duda (50./70.) zum 3:1 (1:1)-Sieg für die Hertha trafen, freuten sich zumindest die Berliner, dass es zur Zusammenkunft im Nürnberger Eisstadion gekommen war. Trotz des vorübergehenden Ausgleichs durch Hanno Behrens (42.).

"Um es kurz und genau zu sagen: Wir haben in den drei entscheidenden Situationen extrem dumm verteidigt", sagte Nürnbergs Rechtsverteidiger Enrico Valentini später ebenso trocken wie ernüchtert. Herthas Trainer Pal Dardai dagegen mahnte trotz des insgesamt ungefährdeten Sieges: "Wir haben ein sehr konzentriertes, sehr gutes Hertha BSC gesehen", sagte er, "die zweite Halbzeit war perfekt. Aber wir versuchen, jetzt nicht sehr zufrieden zu sein. Denn zufrieden zu sein, ist unser Gegner."

Beide Teams standen bei ihrem Rückrundenstart vor der zusätzlichen Herausforderung, gewissermaßen auf zwei Plätzen gleichzeitig spielen zu müssen. Vier Fünftel des Rasens waren an einem prachtvollen Grün zu erkennen, das letzte Fünftel allerdings schien sich eher für Wintersport zu eignen, weil es üppig mit Raureif bedeckt war. Die teilweise streikende Rasenheizung hinderte die Berliner aber nicht, Ausflüge in den vereisten Club-Strafraum zu unternehmen. Als besonders tauglich für Wintersport erwies sich dabei Ibisevic, der nach einem Doppelpass mit Davie Selke filigran wie ein Eiskunstläufer die Führung der Hertha erzielte. Allerdings ließen die Nürnberger die Berliner dabei äußerst partnerschaftlich gewähren.

Wirklich hoffnungsvolle Signale ließen sich nach dem Rückstand jedoch kaum erkennen. Das Spiel nach vorne stockte erheblich, und in der Defensive leisteten die Nürnberger oft nur Begleitschutz. Chancen ergaben sich dennoch eher selten, was auch mit den erschwerten Bedingungen im vereisten Strafraum zu tun gehabt haben dürfte. Dudas Abschluss, den Torwart Christian Mathenia nach einer halben Stunde parierte, bildete eine Ausnahme. Nennenswerte Torannäherungen der Nürnberger ließen sich noch seltener besichtigen. Dennoch kam der Club kurz vor der Pause zum Ausgleich, woran ein Zugang beteiligt war, der auf keiner Transferliste geführt wird und den klammen Verein praktischerweise keine Ablöse gekostet hat. Jedenfalls kam man nicht umhin, das 1:1 auf plötzlich hinzugewonnenes Glück zurückzuführen, als Eduard Löwens Torschuss verrutschte, aber immerhin genau bei Kapitän Behrens landete, der den Ball per ins Berliner Tor beförderte.

Auch die Rückkehr der Verletzten reicht nicht, um den Club wirklich zu verstärken

Von der Rückkehr der vor der Winterpause verletzten Behrens, Löwen, Mathenia und Valentini hatten sich die Nürnberger jene Verstärkung versprochen, die sie auf dem Transfermarkt bisher noch nicht finden konnten. Doch dass auch die Wiedereingliederung dieses Quartetts und der gefühlte Zugang Glück bei allem Engagement womöglich nicht ausreichen werden, um die Versetzung ins nächste Erstligajahr zu schaffen, das deutete sich zu Beginn der zweiten Halbzeit an.

Ähnlich ungestört wie Ibisevic beim 0:1 durfte nun Duda zum 1:2 vollenden, diesmal nach Vorlage von Ibisevic, der seine Kunstfertigkeit auch auf dem grünen Teil des Rasens nachwies. Das galt ebenso bei Dudas zweitem Tor, vor dem Ibisevic Selkes Pass durchließ - bei seinem dritten kleinen Eiskunstwerk der doch noch lohnenden Verabredung mit Nürnberg.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: