Nowitzkis Bestmarke in der NBA:Weiße Jungs bringen's doch

Phoenix Suns v Dallas Mavericks

Dirk Nowitzki hat viele Rekorde gebrochen, jetzt ist er der beste Ausländer der NBA-Geschichte.

(Foto: Tom Pennington/AFP)

26 953 Punkte, sieben mehr als sein großes Idol Hakeem Olajuwon: Dirk Nowitzki ist der beste ausländische Werfer der NBA-Geschichte. Seine Leistung zeigt, wie sehr sich die Basketball-Profiliga verändert hat.

Von Jonas Beckenkamp

Dieses Duell wäre eine Schau gewesen. "Dirkules" gegen "The Dream", Dirk Nowitzki gegen Hakeem Olajuwon, den riesigen Körbesammler mit den flinken Füßen. Doch als der Mann von den Houston Rockets seine beiden Meisterschaften gewann (1994, 1995), als er der filigranste Lulatsch des Welt-Basketballs war, turnte der deutsche Blondschopf noch in unterfränkischen Mehrzweckhallen herum.

Die Ära Olajuwons in der NBA neigte sich dem Ende entgegen, als jene von Nowitzki in der stärksten Basketballliga der Welt begann - und doch verbindet die beiden Ausnahmekönner jetzt die Sporthistorie. In der vergangenen Nacht löste der Würzburger den gebürtigen Nigerianer als erfolgreichster ausländischer Werfer in der Geschichte der NBA ab.

Anlässlich dieser Marke wurde es laut in der Halle der Dallas Mavericks, bei denen der 36-Jährige seit seiner Landung in den USA im Jahr 1999 nahezu alle Rekorde gebrochen hat. Gegen die Sacramento Kings, eine Mannschaft aus dem Mittelbau des Geschehens, hatten sich die "Mavs" nach einem 23-Punkte-Rückstand zurück ins Spiel gekämpft (es war das drittgrößte Comeback der Klubhistorie) - erst fiel der Ausgleich und schließlich gelang sogar die Führung. Dann kam exakt 8 Minuten und 56 Sekunden vor der Schlusssirene jener Moment, der den Geräuschpegel noch weiter in die Höhe trieb.

Sechs Meter - kein Problem

Ein typischer Nowitzki-Wurf, sechs Meter Entfernung zum Korb, die Hand des Gegners im Gesicht, keine leichte Übung - außer für den Deutschen, der genauso traf, wie er es so häufig tut. Es passte ins Bild, dass die Wende in dieser umkämpften Partie mit einer weiteren außergewöhnlichen Bestmarke des 2,13-Meter-Mannes zusammenfiel. Die Fans hatten sich längst applaudierend erhoben, Nowitzki winkte ins Publikum und bedankte sich, es war ein monumentaler Augenblick in seiner langen Karriere.

Am Ende gewann Dallas auch dank weiterer Treffer seines Kapitäns das Spiel, es stand 106:98 - und alles drehte sich nur noch um eine Zahl: Sechsundzwanzigtausendneunhundertdreiundfünfzig.

26 953 Punkte hat Nowitzki nun in der NBA erzielt, er lässt damit den in Nigeria geborenen, aber später eingebürgerten Olajuwon (26 946) hinter sich. Und er steht jetzt auf Platz neun der ewigen Scorerliste, vor ihm liegen ausschließlich Spieler, die in den USA zur Welt gekommen sind: Es sind die Allergrößten wie Kareem Abdul Jabbar (38 387), Karl Malone (36 928), Michael Jordan (32 292), Kobe Bryant (31 887) oder Wilt Chamberlain (31 419), der einmal 100 Punkte in einer Partie erzielte. "Das ist eine Ehre", sagte Nowitzki, der an diesem Abend mit 23 Zählern wie fast immer fleißigster Punktesammler seines Teams war.

"The Dream zu überholen, ist unglaublich"

Der zwölfmalige Allstar wirkte überwältigt, als er später den Reportern von seinen Taten berichten sollte: "Dass es zu Hause geklappt hat, ist besonders toll. Die Standing Ovations waren großartig." Wen er da gerade hinter sich gelassen hatte, wusste der zwölfmalige Allstar ganz genau. "The Dream zu überholen, ist unglaublich. Ich war ein riesiger Fan von ihm in den 90ern", schwärmte Nowitzki, der trotz aller Korberfolge nie als Egozocker galt. "Es fühlt sich unwirklich an, von all den Namen umgeben zu sein, die für dieses Spiel so viel bedeuten." Nowitzkis Erfolg unterstreicht auch eine Veränderung in der NBA.

Seit jeher feierte Amerika seine Helden mit gebührendem Pathos und Patrotismus, die LeBrons, Kobes und Shaqs sind auch weiterhin unantastbar - doch mittlerweile ist eben auch für Hauptfiguren aus der Fremde Platz. Basketball hat sich weiterentwickelt, das Spiel ist internationaler geworden, vielfältiger und trotz aller afro-amerikanischen Prägung auch ein Stückchen weißer.

Beim amtierenden Meister San Antonio tragen gleich mehrere gebürtige Nichtamerikaner das Gros der Verantwortung, neben Nowitzki haben auch Akteure wie der Spanier Pau Gasol, der Argentinier Manu Ginobili oder der Kanadier Steve Nash erstaunliche Laufbahnen hingelegt. Und mit dem US-Israeli David Blatt coacht ein Mann die Cleveland Cavaliers, der zwar in Kentucky geboren wurde, aber sein ganzes Profileben in Europa verbrachte. Den ersten ausländischen Cheftrainer prognostizieren Experten in den USA schon länger.

Shaq zittert schon

Natürlich spielt es keine Rolle, wo ein Basketballer her kommt und welche Hautfarbe er hat, aber als weißer Europäer ist Nowitzki eben eine Ausnahme unter den zehn treffsichersten Profis der NBA. Und wenn es so weitergeht, könnte er in Kürze noch weitere US-Größen in der Bestenliste ausstechen. Auf Platz acht steht derzeit Elvin Hayes (27 313), auf Rang sieben Moses Malone (27 409) und Sechster ist Shaquille O'Neal (28 596).

Sollte der Deutsche verletzungsfrei bleiben und nicht der Himmel auf die Erde krachen, sind zumindest die beiden Erstgenannten noch in dieser Saison fällig. Zwei, drei Jahre will Nowitzki noch spielen - vielleicht sollte auch Shaq langsam nervös werden.

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