Süddeutsche Zeitung

Nowitzki verliert zum Start der NBA-Saison:Hoffnungslos unterlegener Champion

Dirk Nowitzki erlebt zum Saisonstart mit den Dallas Mavericks einen emotionalen Moment - und dann eine bittere Niederlage gegen die Miami Heat. Der Finalgegner der vergangenen Saison präsentiert sich spielfreudig und als harmonisches Team, die Mavericks wirken dagegen überfordert.

Jürgen Schmieder

Es war ein emotionaler Weihnachtsfeiertag für Dirk Nowitzki und seine Kollegen von den Dallas Mavericks. Vor dem ersten Spiel der neuen Spielzeit wurde ein überdimensionales Banner für den Gewinn der Meisterschaft der vergangenen Saison unter das Hallendach der Arena in Dallas gezogen. "Frohe Weihnachten. Das ist ein spezieller Tag für uns alle", sagte Nowitzki in einer kurzen Ansprache an die Fans, "dieses Banner wird uns alle ewig an dieses Frühjahr 2011 erinnern."

Dass die Mavericks dieses erste Spiel mit 94:105 verloren, geriet da beinahe zur Nebensache. Oder doch nicht? Gegner waren nämlich die Miami Heat - und die Finalspiele zwischen den beiden Vereinen waren derart intensiv gewesen, dass es mittlerweile zwischen beiden Vereinen eine echte Rivalität gibt. Damals, im Juni, hatte es dramatische Aufholjagden gegeben, Entscheidungen in den letzten Sekunden und nicht zuletzt die kindische Aktion der Heat-Akteure LeBron James und Dwayne Wade, die den erkrankten Dirk Nowitzki verkohlt hatten. Der Deutsche, der in der NBA zum besten Spieler der Saison und in der Heimat zum "Sportler des Jahres" gekürt wurde, konnte sich vor Beginn der Spielzeit einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen: "Die Heat hatten die besseren Einzelspieler als wir, aber wir waren die bessere Mannschaft."

Die Frage zum Start der verkürzten Saison lautete nun: Wie gut ist die Mannschaft der Mavericks in dieser Spielzeit? Der Verein gab Tyson Chandler (New York Knicks), Caron Butler (Los Angeles Clippers), J.J. Barea Barea (Minnesota Timberwolves) und DeShawn Stevenson (New Jersey Nets) ab, dazu beendete Peja Stojakovic seine Karriere. Dafür nahmen die Mavericks Vince Carter (Phoenix Suns), Lamar Odom (Los Angeles Lakers), Delonte West (Boston Celtics) und Brandan Wright (New Jersey Nets) unter Vertrag.

Die Antwort darauf nach dem ersten Spiel lautet: Sie sind noch nicht besonders gut, diese Dallas Mavericks. Das relativ knappe Endergebnis ist darauf zurückzuführen, dass Miami im letzten Viertel nur noch Ersatzspieler einsetzte. Am Ende des dritten Viertels hatten die Mavericks bereits mit 65:97 zurückgelegen, schon zur Pause hatte es 41:62 gestanden. "Wir haben jede Menge Nachholbedarf", sagte Nowitzki, "aber harte Arbeit hat noch niemandem geschadet."

Vor allem Odom und Carter konnten dabei noch nicht unter Beweis stellen, dass sie nicht nur Zugänge sind, sondern Verstärkungen. Odom wurde Mitte des dritten Viertels aufgrund des zweiten technischen Fouls des Feldes verwiesen, bis dahin hatte er gerade einmal einen von sechs Wurfversuchen im Korb unterbringen können. Carter brachte es am Ende auf magere fünf Punkte und drei Zuspiele.

Auch Dirk Nowitzki präsentierte sich nach der wegen des Spielerstreiks äußerst kurzen Vorbereitung ("das Chaotischste, was ich jemals erlebt habe") noch nicht in Bestform. Nur sechs von 15 Würfen waren erfolgreich, am Ende kam er auf 21 Punkte und fünf Rebounds. "Ich bin noch nicht in Topform", hatte Nowitzki schon vor dem Spiel gewarnt. Nach der Partie sagte er: "Das Gute ist, dass es schlechter nicht mehr werden kann."

"Das war keine Revanche für die vergangene Saison", sagte Miamis Trainer Eric Spoelstra nach dem Spiel. Er ergänzte: "Für uns ging es darum, die aktuelle Spielzeit anständig zu beginnen - und das ist uns zum größten Teil gelungen."

Die Miami Heat nämlich hatten nach dem verlorenen Finale viel Häme über sich ergehen lassen müssen. Vor allem ihr Superstar LeBron James musste zahlreiche Witze ertragen. Ein Beispiel: "Warum hat James nie eine Universität besucht? Weil er stets an der finalen Prüfung gescheitert wäre." In dieser Saison muss James beweisen, dass seine Fähigkeiten ebenso groß sind wie sein Ego - vielleicht hat er auch deshalb seine Twitter-Nachrichten in den vergangenen Tagen auf ein für seine Verhältnisse Minimum reduziert.

James erzielte 37 Punkte und zehn Rebounds, vor allem aber glänzte er im Zusammenspiel mit seinem Mannschaftskollegen Wade, der auf 26 Zähler und acht Rebounds kam. Im dritten Viertel bekam James ein hohes Zuspiel von Chris Bosh. Doch anstatt den Spielzug mit einem krachenden Dunking zu vollenden, legte er elegant ab auf Wade - der den Spielzug mit einem krachenden Dunking vollendete.

Dieser Moment sagte eine Menge aus über diese einseitige Partie: Miamis Akteure präsentierten sich spielfreudig, eingespielt und uneigennützig, die Spieler der Mavericks wirkten fahrig und vor allem in der Defensive arg unorganisiert. Allein Jason Terry zeigte mit 23 Punkte und vier Zuspielen eine passable Leistung. "Wir müssen diese blamable Niederlage hinnehmen", sagte Dallas-Trainer Rick Carlisle, "wir müssen daraus so viel wie möglich für die Saison lernen.

Das Fazit dieses Abends war deshalb: Das Banner für die äußerst erfolgreiche vergangene Saison hängt unter dem Hallendach, es war ein freudiger und emotionaler Abend für die Spieler und Anhänger der Mavericks. Doch nun hat die neue Spielzeit begonnen. An diesem Montag wird sie bereits fortgesetzt, dann kommen die Denver Nuggets in die Arena nach Dallas.

Dirk Nowitzki sagte schon vor der Niederlage gegen Miami: "Wir haben im Frühjahr alle überrascht, warum sollte uns das nicht noch einmal gelingen? Es waren derart überwältigende Momente damals, dass ich jetzt sage: Ich will das alles noch einmal erleben!"

Die Mavericks müssen nach diesem ersten Spiel einsehen, dass bis zu diesem Ziel noch ein wenig Arbeit auf sie wartet. LeBron James und die Miami Heat indes haben ein klares Zeichen an die Konkurrenz gesendet. Es lautet: "Wir sind bereit!"

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