Novak Djokovic:Sieg oder Liebe

Serbia's Djokovic and Switzerland's Federer shake hands at the net after Djokovic won their semi-final match at the Australian Open tennis tournament at Melbourne Park

Die Besten unter sich: Roger Federer (links) und Novak Djokovic.

(Foto: Tyrone Siu/Reuters)

Das Publikum verehrt Roger Federer, aber sein Konkurrent steht im Finale. Mit Boris Becker als Trainer ist der Serbe noch besser geworden.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Dieser Abend brachte ein Ergebnis, das nicht überraschte. Aber die Art, wie es zustande kam, schon. Der Weltranglisten-Erste Novak Djokovic hatte am Donnerstag Roger Federer besiegt und kann am Sonntag um seinen sechsten Titel bei den Australian Open kämpfen. Ein solcher Ausgang war angesichts der Dominanz des Serben in den vergangenen zwölf Monaten ja nicht ganz abwegig erschienen.

Aber 22 Minuten für Satz eins? 32 Minuten für Satz zwei? "Es ist schwer, wenn er von Beginn an so gut spielt", gab der Schweizer zu, immerhin 17 Grand-Slam-Titel schwer, "irgendwann muss man versuchen, die Blutungen zu stoppen."

Mit Boris Becker als Trainer wurde der Serbe noch besser

Mit 6:1, 6:2 war der Serbe zunächst über Federer hinweggerauscht. Das 45. Duell der prägenden Tennisfiguren der letzten zehn Jahre wirkte wie ein Boxkampf zwischen einem Schwergewichtler und einem Fliegengewicht. Es wurde bis zum Ende wenigstens ebenbürtiger. Aber wie Djokovic und Federer leistungsmäßig auseinanderdriften, zeigte der vierte Satz. Bei 3:4 und 15:30 gelang Federer einer der besten Punkte des Turniers, die Rod Laver Arena bebte nach einem spektakulären Ballwechsel. Und danach? Machte Roger Federer keinen Punkt mehr. 1:6, 2:6, 6:3, 3:6. Roger Federer wird geliebt, Novak Djokovic siegt. Ein Trend manifestiert sich.

Natürlich hat Djokovic am Ende auch Applaus erhalten, der 28-Jährige hat bei seinem 23. Sieg gegen den 34-jährigen Federer fast alles richtig gemacht. Sagte er selbst: "Die ersten Sätze waren wohl die besten zwei, die ich je gegen Roger gespielt habe." Seine Ansage, er wolle, "solange es geht, da oben bleiben", ist verständlich. Mit Boris Becker als Trainer an seiner Seite strebt er den fünften Grand-Slam-Sieg in zwei Jahren an. "Novak ist die Referenz für jeden", zollte Federer Respekt und führte die Gründe dafür aus. In der Summe sagte er: Djokovic returniert wie Agassi. Schlägt auf wie Becker. Zieht wie eine Maschine sein Spiel durch - "wenn er ins Rollen gekommen ist". Am Donnerstag rollte er.

Mit jedem Plus, das Federer benannte, wurde klarer: Für die Konkurrenz war das ein Minus. Und für Federer besonders, was sich auch in Zahlen widerspiegelt. Die letzten vier Treffen bei Grand Slams hat Djokovic nun für sich entschieden, 2012 in Wimbledon gewann der Schweizer letztmals in einem Match über drei Gewinnsätze gegen Djokovic. "Ihr denkt, ich werde älter und so", sagte Federer in die Medienrunde, "aber das ist kein Problem für mich." Spaß hätten ihm diese Australian Open nämlich trotzdem gemacht. "Ich komme wieder", versprach er.

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