Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Der Hauptdarsteller fehlt

Norwegens Halvor Egner Granerud kann bei der WM wegen eines positiven Corona-Tests nicht mehr antreten. Für ihn selber, aber auch für die Medaillenkämpfe ist das ein schmerzlicher Verlust.

Kommentar von Volker Kreisl

Am Mittwoch war es so weit. Den Nordischen Ski-Weltmeisterschaften, die bislang mit tadellosen Corona-Testergebnissen werben konnten, nämlich mit nur einer einstelligen Zahl von positiven Fällen bei 15000 Tests, geht im Skispringen der Hauptdarsteller abhanden. Der Norweger Halvor Egner Granerud, der Gesamtführende in dieser Weltcup-Saison, erklärte, er sei positiv getestet worden und ab sofort in Quarantäne.

Das ist zunächst einmal kein echtes Drama, denn es geht ihm soweit gut, und auch sein Team kann nach eingehender Überprüfung weitermachen. Für die Maßstäbe der gebeutelten normalen Welt ist dies kein großer Schaden; für das Sport-Milieu, in diesem Fall die Ski-Nordisch-Weltmeisterschaften, ist sein Fehlen selbstredend ein schmerzlicher Verlust.

Denn Granerud hätte zwei Rollen bei diesem Final-Springen von der Großschanze am Samstag gehabt. Als haushoch überlegener Weltcup-Erster ist er der Maßstab dieser Saison, ohne ihn ist der Wettkampf etwas angeschlagen; der Titelträger wird womöglich mit dem Zusatz leben müssen, dass der Top-Favorit kurz vorher ausfiel. Der zweite Verlust trifft den Norweger selbst. Er hatte ja in dieser Saison im Alltag des Weltcups eine bestechende Konstanz als Topspringer gezeigt, wobei er keine neue Erfindung brauchte, sondern einfach dadurch gewann, dass er wie nach Lehrbuch sprang und einfach keine Fehler machte. Nur in den ganz großen Momenten - der Skiflug-WM, der Vierschanzentournee und dem WM-Kleinschanzenspringen am vergangenen Samstag - verließ ihn diese Sicherheit. Dass er also wirklich auf großer Bühne nervenstark ist, kann er nun erst im kommenden Winter wieder beweisen.

Fürs norwegische Team ist dieser ausgefallene Granerud-Sieg wohl weniger einschneidend, als es zwischenzeitlich aussah, als etwa das gesamt Norge-Langläuferquintett einschließlich des Top-Sprinters Johannes Hösflot Kläbo vom Russen Alexander Bolschunow im Skiathlon kurz vor dem Ziel genarrt und abgehängt wurde. Auch in der Frauenstaffel an diesem Donnerstag sieht es so aus, als könnten die Norwegerinnen diesmal nicht gewinnen. Die Lücke hinter Therese Johaug ist noch zu groß. Allerdings ist das wohl insgesamt zu verschmerzen, der Ausgang des 15-Kilometer-Rennens im freien Stil am Mittwoch wirkt wie eine gelungene Revanche: Drei Norweger auf dem Podest - und Alexander Bolschunow diesmal auf Platz vier.

Für das Sprungfinale am Samstag gibt es aber keinen Ersatz. Am Abend, wenn sich die Besten, darunter die Polen Kamil Stoch und Piotr Zyla, der Österreicher Stefan Kraft, die DSV-Springer Karl Geiger und Markus Eisenbichler und viele mehr messen, wird einer fehlen.

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