WM-Gold für deutsche Skispringerinnen:Die Zweifel sind verflogen

Lesezeit: 3 Min.

Glück im Quadrat: Die neuen Weltmeisterinnen im Teamspringen von der Normalschanze, von links Anna Rupprecht, Selina Freitag, Katharina Althaus und Luisa Görlich. (Foto: Memmler/Eibner/Imago)

Der frühe WM-Erfolg von Katharina Althaus hat offenbar Kräfte freigesetzt. Am Samstag springt das deutsche Frauen-Team zu Gold, Andreas Wellinger und Karl Geiger zu Silber und Bronze. Kombinierer Julian Schmid wird Zweiter.

Von Volker Kreisl, Planica

Das erste WM-Wochenende war zuletzt nicht immer ein Genuss für die deutschen Nordisch-Athleten. Zwar hatte Karl Geiger vor zwei Jahren gleich mal mit einem Silber-Sprung begonnen, ansonsten aber hielt sich der DSV auf der Normalschanze zurück. Und schon bei der WM zuvor war wenig gegangen, fast befürchtete man, die besten Jahre könnten vorbei sein. Solche Zweifel sind nun binnen 48 Stunden verflogen.

Das Frauen- und das Männerteam des Deutschen Skiverbandes haben einen für eigene Verhältnisse überragenden Auftakt der WM in Planica/Slowenien vorgeführt. Fast jeder Sprung- oder Kombinations-Wettkampf geriet zum Erfolg, wobei Skispringerin und nun auch Weltmeisterin Katharina Althaus womöglich eine Schlüsselrolle zufiel. Sie hat den ersten großen Erfolg vorgelegt, der die Anspannung merklich löste und am Samstagabend vorerst mit Silber und Bronze der Skispringer Andreas Wellinger und Karl Geiger seine Fortsetzung fand.

Der Brustlöser für das ganze Team: Katharina Althaus am Donnerstag mit ihrer Goldmedaille beim WM-Auftakt. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Am Donnerstag hatte Althaus die Veranstaltung mit einem Sieg eröffnet, der sie wohl emotional leicht überforderte, weil sie ihm jahrelang hinterher gesprungen war. Sie weinte ausgiebig Freudentränen, nun scheint ihr alles leicht zu fallen, nach einem Trainingstag kam die nächste Herausforderung, der Teamwettkampf. In diesem hatte sie zwar den letzten Sprung etwas verwackelt, aber den ersten weit und sauber gestanden und die Arbeit der Kolleginnen Anna Rupprecht, Luisa Görlich und Selina Freitag zum nächsten Top-Ergebnis geführt: abermals Gold. Und Althaus bleiben weitere Sieg-Optionen: Das Mixed-Springen (am Sonntag) haben die Deutschen oft dominiert, und das Fliegen auf der Großschanze (am Mittwoch) ist ja ohnehin ihre Passion. Ganz oben muss es aber auch gar nicht sein, Althaus mag es gerade zwar vorführen, aber das Glücksgefühl des Siegens machte sich an diesen Tagen auch bei Kolleginnen und Kollegen breit, die Zweite oder Dritte wurden.

Perfekte Renneinteilung: Kombinierer Julian Schmid kommt vor dem Österreicher Franz-Josef Rehrl ins Ziel - als Zweiter zwar hinter Jarl Magnus Riiber, aber "sehr, sehr glücklich". (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Julian Schmid zum Beispiel, der Nordische Kombinierer, sagte am Samstag: "Es war einfach ein gutes Rennen. Ich bin sehr, sehr glücklich mit der Silbermedaille." Richtig unterstrichen hatte er diesen Satz, weil er mit seinem Rennen, mit dessen Einteilung und der richtigen Attacke an der entscheidenden Steigung gegen den Österreicher Franz-Josef Rehrl immer richtig lag. Und Zweiter, auch das wird er sich gedacht haben, kann man schon werden, wenn einem Jarl Magnus Riiber davonspringt und -läuft, dem zuletzt noch so maladen besten Kombinierer dieser Zeit.

Jarl Magnus Riiber bei der Ski-nordisch-WM
:Ein Parasit als Gegner

Ein Kleinstlebewesen schwächte den überragenden Nordisch-Kombinierer Jarl Magnus Riiber derart, dass er seine Vormachtstellung verlor. Bei der WM will er nun zeigen, dass er zurückschlagen kann - und zwar hart.

Von Volker Kreisl

Der Regenerationsplan des Norwegers ist pünktlich aufgegangen. Den Magen-Darm-Parasiten, den er sich vor Wochen eingefangen hatte, wegen dem er nicht essen konnte und deshalb auch nicht trainieren, war er beim ersten Kombinierer-Springen, dem von der Normalschanze, offensichtlich wieder los. Dem Rest des Feldes ist er einfach davongeflogen, der Abstand war so groß, dass er am Ende der 10-Kilometer-Langlaufrunde das Tempo sogar drosseln konnte.

Silber mit 17: Nathalie Armbruster wird bei ihrer WM-Premiere Zweite in der Kombination. (Foto: Memmler/Eibner/Imago)

Weniger spektakulär geriet das Kombinieren der Frauen, gewonnen hat die Seriensiegerin Gyda Westvold Hansen aus Norwegen. Spannender war dabei die nächste Entwicklung der jüngeren Generation dieses Springerinnen- und Läuferinnen-Feldes. Die 17-jährige Nathalie Armbruster und ihr Talent wollte man nicht zu früh überfordern, fraglich war ja, ob für sie die Bühne der WM nicht doch schon zu groß war. Doch Armbruster, die aus dem Schwarzwald stammt, war längst so weit - sie sprang und lief am Freitag wie im Weltcup - mit dem Ergebnis, dass ihr später eine Silbermedaille um den Hals hing.

So ein Normalschanzen-WM-Wochenende ist eigentlich eine Bühne für die Norweger, doch diesmal entging ihnen eine Medaille, die fest eingerechnet war. Halvor Egner Granerud, der überragende Springer dieses Winters, der einige schlechtere Sprünge immer noch kontern konnte, er fiel diesmal auf Platz elf zurück. Spät war der Abend, kalt die Luft in Planica im sogenannten Tal der Schanzen, nach einem Auftakt mit vielen Überraschungen, aber auch zwei letzten Medaillen, gewissermaßen als Rausschmeißer in die Nacht.

Die Skisprung-Psyche ist in Schwung: Andreas Wellinger, hier beim Jubel über Platz zwei bei der WM in Planica. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die drei, die schließlich auf dem Podest standen, kamen aus dem Grinsen nicht mehr heraus: Piotr Zyla, der Pole, der seine Erfolge einfach nicht fassen kann, was er diesmal besonders lange zeigen durfte. Er wurde als Sieger extra lange von den Kameras in der Leader-Zone eingefangen, denn er sprang nach Rang 13 im ersten Durchgang noch auf das oberste Podest; und die Deutschen Wellinger und Geiger, die mit sauberen und windresistenten Sprüngen diesen denkwürdigen WM-Auftakt beschlossen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: