Skispringen Großschanze:„Frust“, „verhauen“, „blöd“

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Erneut einen Platz hinter den Medaillenrängen: Karl Geiger. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Die deutschen Skispringer können auch im Teamwettbewerb nicht mit den drei besten Nationen mithalten. Besonders Karl Geiger wirkt enttäuscht.

Von Barbara Klimke, Trondheim

Andreas Wellinger begrüßte die Journalisten am Rande der Großschanze am Donnerstagabend mit einem Rätsel. Das ist nie ein gutes Zeichen. „Was ist der Unterschied zwischen gestern und heute?“, fragte er, um gleich selbst die Antwort zu geben: „Heute war’s trocken.“

Es ergossen sich zur Abwechslung keine Sturzbäche an diesem neunten WM-Tag vom Himmel, aber das Ergebnis blieb dasselbe wie 24 Stunden zuvor: Platz vier für das deutsche Skisprungteam im Mannschaftsmännerwettbewerb wie im Mixed-Wettkampf am Vortag. Auf dem großen Bakken, der direkt neben dem kleinen liegt, ist das zuletzt erfolgsverwöhnte DSV-Team zu kurz gesprungen.

In der Woche zuvor war die Ausbeute noch erfreulich mit zwei WM-Silbermedaillen für Wellinger und Selina Freitag im Einzel sowie Platz drei für das Frauenteam. „Auf der kleinen Schanze sind wir gut reingekommen, die Umstellung auf die große ist nicht so gelungen. Es ist nicht so einfach hier, die Schanze ist sehr eigen“, urteilte Bundestrainer Stefan Horngacher.

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„Keiner von uns hat heute einen perfekten Sprung gemacht“, sagt Wellinger

Inzwischen ist die Gemütslage eher trüb, worauf ein willkürlicher Auszug aus dem kollektiven Vokabelschatz am Donnerstag Hinweis geben könnte: „Frust“, „verhauen“, „blöd“, „Scheiße“, „sacken lassen“. Doch tatsächlich sind die Verhältnisse, wie immer in diesem komplizierten Sport, bei Weitem subtiler. Denn der eine oder andere Sprung ist den Athleten durchaus gelungen. Philipp Raimund etwa war mit seiner Einzelleistung (135,5 und 135,0 Meter) durchaus zufrieden, ebenso Wellinger (132,0 und 133,5 Meter). In der Addition aber hatten Karl Geiger, Stephan Leyhe, Raimund und Wellinger keine Chance gegen das slowenische Team um Domen Prevc, den Bruder der Weltmeisterin Nika Prevc, das sich den Titel vor Österreich und Norwegen sicherte. Und der Abstand zum WM-Gastgeberland war diesmal nach Punkten auch beträchtlich. Die Aufgabe, rechnete Wellinger, 29, vor, sei komplex: „Vier Leute müssen insgesamt achtmal sauber springen. Und keiner von uns hat heute einen perfekten Sprung gemacht.“

Besonders geknickt wirkte Karl Geiger, 32, der seine bisherige Kollektion von fünf WM-Goldmedaillen durchweg in Teamwettbewerben erworben hat. „Wieder Vierter! Das ist eine bittere Pille, die man erstmal schlucken muss“, sagte er, schon im Einzel von der Normalschanze hatte er in Trondheim die Bronzemedaille knapp verfehlt. Am Donnerstag missriet ihm der zweite Sprung, weil er sich im Timing des Absprungs um einen Sekundenbruchteil verkalkulierte, was er mit einer Kniebewegung ausgleichen wollte, weshalb offenbar der gesamte Flug mit 119 Metern zu kurz geriet, wie er erklärte. „Das frustriert, wenn es im Team passiert“, sagte der Perfektionist: „Denn in Teamwettkämpfen war ich immer eine Bank.“ Spätestens zu diesem Zeitpunkt waren die Medaillenchancen für die Mannschaft verflogen.

Das Schöne ist: Es gibt noch eine Chance, denn am Samstag steht zum Abschluss der Sprungwettbewerbe im Wetterloch Trondheim das Einzel auf der Großschanze für die Männer auf dem Programm. Wellinger ist verhalten optimistisch, weil sich sein Sprunggefühl von Tag zu Tag verbessert hat, Geiger eher noch skeptisch. Aber immerhin hatten beide das Privileg, zum Schanzenturm hochzusteigen und bei einer WM in die Abenddämmerung zu fliegen, was dem Kollegen Pius Paschke, 34, am Donnerstag verwehrt blieb. Der DSV-Athlet, der die ersten fünf Wettbewerbe der Saison so souverän gewonnen hatte, der eine Zeitlang allen entflogen war, sucht seit Dezember nach seiner Form. Horngacher hatte für die Mannschaft nach dem Training nicht ihn, sondern Lehye nominiert. Auch die Qual eines vierten Platzes ist also relativ.

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