FC Bayern München:Niko Kovac hat das Machtspiel in der Kabine verloren

FC Bayern München: Niko Kovac fehlte in mancherlei Hinsicht das strategische Geschick, sich in den politischen Turbulenzen des FC Bayern zu behaupten.

Niko Kovac fehlte in mancherlei Hinsicht das strategische Geschick, sich in den politischen Turbulenzen des FC Bayern zu behaupten.

(Foto: AFP)

Der Ex-Trainer des FC Bayern hat es nicht geschafft, seine Spieler für eine Vision zu begeistern. Und wieder wird beklagt, die Spieler hätten zu viel Einfluss.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Was sind das nur für Zustände in diesem Verein? Offen spricht Uli Hoeneß von einem revolutionären Akt. Aber er weigert sich, die Revolutionäre zu benennen. Trotzdem hatte er seine These am Samstagabend, im Schatten des strahlenden Viernull gegen Borussia Dortmund, via ZDF-Sportstudio in die Bundesliga-Landschaft geblasen: "Es hat sicherlich Strömungen innerhalb der Mannschaft gegeben, die den Trainer weghaben wollten."

Der Trainer, das war Niko Kovac, 48, der in den politischen Turbulenzen des Klubs zerrieben wurde. Dem aber auch in mancherlei Hinsicht das strategische Geschick fehlte, sich in ihnen zu behaupten. Am Ende hieß es, er habe die Kabine verloren, die Spieler seien ihm nicht mehr gefolgt. Eine Begründung, die nicht neu ist, so ähnlich war es schon zu hören, als im September 2017 der Italiener Carlo Ancelotti gehen musste, nach einem 0:3 in der Champions League in Paris. Hoeneß wörtlich: "Der Trainer hat fünf Spieler auf einen Schlag gegen sich gebracht. Das hätte er niemals durchgestanden." Damals wie heute wurde beklagt, dass die Spieler zu viel Macht bekommen hätten.

Dies ist eine gern gepflegte These, aber passt sie im konkreten Fall? Und wenn, war es dann nicht schon immer so, dass Spieler, wenn in ihren Augen etwas schief zu laufen schien, ihre eigene Form der Mitbestimmung suchten? So manches Beispiel, das die heutige Generation zumindest vom Vorwurf befreit, sie sei die erste, die Revolutionen startet, findet sich sogar im dicken Buch des FC Bayern.

Gewaltig war's im Jahr 1979. Die Spieler hatten unter Pal Csernai weiterarbeiten wollen, Präsident Wilhelm Neudecker aber drohte mit dem knorrigen Wiener Max Merkel ("Ich stehe Peitsche auf Fuß"). Ein Pakt wurde geschlossen: Falls die nächsten beiden Duelle nicht verloren würden, so Neudecker, dürfe Csernai bleiben. Doch schon auf dem Rückflug vom 0:0 in Braunschweig erfuhr die Mannschaft, dass Merkel fortan seine Peitsche schwingen solle. Es kam zur Abstimmung im Team: Merkel kassierte eine 0:16-Niederlage; Neudecker sah sich nach seinem Wortbruch zum Rücktritt genötigt. In den Nachrichten wurden die Bayern-Profis als "Anarchisten" oder "Gewerkschafts-Bosse" tituliert. Und fortan gaben Paul Breitner, Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß beim FC Bayern den Ton an - Letzterer wurde kurz darauf mit 27 Jahren als Manager installiert.

Trainer müssen die Kabine für eine Vision begeistern

Historische Grundkenntnis hilft also auch hier. Zum Beispiel dabei, dem Phänomen des Trainerwechsels mit etwas mehr Souveränität zu begegnen. Ob solche Wechsel ein Allheilmittel sind? Mal ja, mal nein. Beim FC Bayern hat der Blitzumstieg von Niko Kovac zu Hansi Flick zunächst mal dazu geführt, dass vermeintlich Aufständische gegen devote Dortmunder vorführen konnten, dass sie ihren Job noch nicht verlernt haben.

Am Niederrhein, bei den Gladbachern, die in der Tabelle oben thronen, scheint gar ein krasser Stilwandel zu gelingen - auch dort hatte der Sommerwechsel von Dieter Hecking zu Marco Rose nicht jedermanns Applaus gefunden. Das zeigt, worum es auch geht: die Kabine für eine Vision begeistern zu können. Damit die Kabine gar nicht erst auf die Idee kommt, ihr eigenes Revolutiönchen anzuzetteln.

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