Niko Kovac:Ernüchtert im Aufzug

01.08.2020, xjhx, Fussball Testspiel, Eintracht Frankfurt - AS Monaco emspor, v.l. Trainer Niko Kovac (AS Monaco) gibt

Wird noch viel Zeichensprache brauchen, bis seine neue Mannschaft ihn versteht: Niko Kovac, Trainer in Monaco.

(Foto: Jan Huebner/imago)

Beim Testspiel gegen seinen früheren Klub Eintracht Frankfurt erkennt Trainer Kovac, wie schwer seine Aufgabe bei Monaco noch werden wird.

Von Frank Hellmann, Frankfurt

Vermutlich wird dieser Corona-Sommer noch eine Menge solcher Kontraste produzieren. Im Frankfurter Stadtwald liegen das Stadionbad und das neuerdings in "Deutsche Bank Park" umbenannte Fußballstadion nur einen Steinwurf voneinander entfernt. Während sich am Samstag vor den Schwimmbadtoren und an den Kiosken Schlangen bildeten und Menschen sich auf den Wasserrutschen drängelten, fand daneben unter den strengen Auflagen des Hygienekonzeptes eines der ersten Testspiele der neuen Saison statt.

Ausgerechnet Niko Kovac mit seinem neuen Arbeitgeber AS Monaco hatte nach einem Trainingslager in Polen zum Zwischenstopp bei seinem ehemaligen Klub Eintracht Frankfurt vorbeigeschaut. Beim schmeichelhaften 1:1 erfuhr Kovac, "dass wir viel Arbeit vor uns haben", wie er später einigermaßen ernüchtert sagte. Fazit: "Ärmel hoch und weiter."

Niko Kovac hatte seinen Trainerjob beim FC Bayern ja verloren, nachdem eine entfesselte Eintracht die pomadigen Münchner im November des vergangenen Jahres 5:1 überrollte. Diesmal sah das Resultat auf dem Videowürfel der Frankfurter Arena wenigstens ein bisschen freundlicher aus: Zunächst hatte der Portugiese Gonzalo Pacienca die Frankfurter in Führung gebracht (58.), dann aber unterlief Eintracht-Verteidiger Evan Ndicka ein folgenschwerer Fehlpass, und Monacos Anthony Musaba erzielte noch den Ausgleich (85.), der das Ergebnis besser aussehen ließ, als der Vortrag der Monegassen war.

Kovac ersparte sich zu diesem Zeitpunkt bereits jegliche Regung. Der angekündigte Spielstil aus Frankfurter Zeiten - hinten sicher stehen, vorne schnell kontern - war im Spiel der AS Monaco zu keiner Phase zu erkennen. Im Laufe der zweiten Halbzeit hockte Kovac irgendwann nur noch auf einem Metallkoffer: Nach einer Stunde hatte er komplett durchgewechselt und wirkte immer unzufriedener.

Immerhin: Nach dem Schlusspfiff heiterten ihn die Begegnungen mit alten Weggefährten auf. "Ich spüre wirklich, dass ich hier willkommen bin, es ist immer wie nach Hause kommen für mich. Frankfurt ist und bleibt für mich etwas Besonderes", sagte Kovac, der als lebenslanges Eintracht-Mitglied - diese Auszeichnung war ihm vor seinem Abschied zu den Bayern verliehen worden - dem Gegner artig Komplimente machte: "Man hat gesehen, dass die Eintracht eingespielt und einige Jahre zusammen ist." Verteidiger Danny da Costa nahm ungeachtet aller Abstandsregeln noch eine freundliche Umarmung mit seinem einstigen Förderer Kovac vor, und natürlich plauderte der dann auch noch mit Linksaußen Filip Kostic, der angeblich ja sogar auf der Wunschliste von Kovacs Klub stehen soll. Aber ob Monaco für den Serben wirklich eine Verbesserung bedeuten würde? Erst mal müssen die Frankfurter ohnehin die noch nicht erledigten Aufgaben aus der vergangenen Spielzeit abarbeiten: Bereits am Donnerstag bestreitet die Eintracht das Achtelfinal-Rückspiel der Europa League beim FC Basel, wo ein 0:3 aus dem Hinspiel vor der Corona-Unterbrechung eine immense Bürde bedeutet.

Rund ums Testspiel in Frankfurt waren Gerüchte aufgekommen, wonach Kovac künftig die Länderspiele der deutschen Nationalmannschaft analysieren würde. Das stimmt offenbar nicht: Der Fernsehsender RTL hätte Kovac gerne im März als Nachfolger für Jürgen Klinsmann bei den Testspielen in Spanien und gegen Italien eingesetzt, die dann aber in der Pandemie ausfielen. Danach gab es wohl Bestrebungen, Kovac von Herbst an einzusetzen, aber nach seiner Unterschrift unter einen fürstlich dotierten Dreijahresvertrag in Monaco hält Kovac es für nur schwer vereinbar, gleichzeitig Vereinstrainer in Frankreich und TV-Experte in Deutschland zu sein.

Zudem umfasst seine Arbeitsplatzbeschreibung in Monaco mehr Machtfülle als beim FC Bayern, da er in Absprache mit dem neuen Sportchef Paul Mitchell maßgeblich Einfluss auf die Kaderplanung nehmen soll. Kovac hatte nur 26 von insgesamt 39 Profis ins Trainingslager nach Polen mitgenommen, das Aufgebot ist viel zu üppig bestückt. Die Zeit drängt, ein schlagkräftiges Ensemble zu formen. Die Ligue 1 will bereits am 23. August - und damit vier Wochen vor der Bundesliga - wieder starten. Zwei wichtige Leistungsträger, der spanische Weltmeister Cesc Fabregas, 33, und der Montenegriner Stevan Jovetic, 30, sind außerdem noch verletzt.

Kovac möchte den französischen Meister von 2017 so schnell wie möglich wieder nach oben führen, was in einer Liga, in der es an gut ausgebildeten Nachwuchsspielern in den meisten Vereinen nicht mangelt, keine Selbstverständlichkeit ist. Bei seiner Vorstellung hatte Kovac gesagt: "Wir alle wollen, dass der AS Monaco an die Spitze zurückkehrt. Ich möchte den Aufzug wieder zurück nach oben schicken." In Frankfurt hat er die Gewissheit bekommen, dass dafür ein Knopfdruck nicht reicht.

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