Sommermärchenprozess:Verfahren gegen Niersbach gegen Geldauflage eingestellt

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Wolfgang Niersbach, ehemaliger DFB-Präsident, sitzt vor Prozessbeginn im Gerichtssaal. (Foto: Andreas Arnold/dpa)

Wenn der frühere DFB-Präsident 25 000 Euro zahlt, muss er sich nicht mehr vor Gericht verantworten. Dem ehemaligen Spitzenfunktionär wird Steuerhinterziehung vorgeworfen.

Im sogenannten Sommermärchenprozess ist das Verfahren gegen den ehemaligen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach zunächst für einen Monat eingestellt worden. Dies gab die Vorsitzende Richterin am Landgericht Frankfurt, Eva-Marie Distler, bekannt. Sofern Niersbach bis zum 9. September 25 000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen zahlt, muss sich der 73-Jährige nicht mehr vor Gericht verantworten. „Eine Einstellung ist kein Freispruch, der Tatverdacht besteht weiter“, betonte die Richterin. Allerdings hatte Distler schon im Mai gesagt, dass die Schuld Niersbachs als gering einzuschätzen sei. Der ehemalige DFB-Präsident ist somit nicht vorbestraft.

Laut Distler sei Niersbach „nach derzeitigem Stand der Beweisaufnahme möglicherweise der Einzige, der nicht explizit involviert war in die Abwicklung der steuerlichen Angelegenheiten“. Zudem sei der mittlerweile 73-Jährige „von allen Angeklagten am tiefsten gefallen“, da seine Funktionärskarriere durch die Affäre beendet worden sei.

Die Staatsanwaltschaft wie Niersbach stimmten dem Vorschlag des Gerichts zur Einstellung zu. Die Verteidigung Niersbachs wies allerdings explizit darauf hin, dass mit der Zustimmung „keinerlei Schuldeingeständnis“ einhergehe. Dem früheren DFB-Boss gehe es darum, die „Belastungen, auch für die Familie, zu beenden“. Die Richterin hatte vor der Sommerpause des Steuerprozesses zudem über die Abtrennung des Verfahrens gegen den früheren DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt aus gesundheitlichen Gründen entschieden. Da Schmidt aufgrund von zwei Operationen momentan nicht verhandlungsfähig sei, bekomme er ein abgetrenntes Verfahren. Somit ist der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger, 79, im Sommermärchen-Prozess der einzig verbliebene Angeklagte.

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Im Prozess um die WM-2006-Millionen kommt es erneut zu einem Einschnitt: Das Verfahren gegen einen Angeklagten wird abgetrennt – aus gesundheitlichen Gründen. Für den DFB könnte es zu einer kuriosen Situation kommen.

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Weiter geht der Prozess am Donnerstag - hochkarätige Namen kommen in drei Wochen in den Zeugenstand. Erst sollen die früheren DFB-Präsidenten Fritz Keller und Reinhard Grindel aussagen (16. September), drei Tage später ist der ehemalige FIFA-Boss Joseph S. Blatter per Videoschalte dran.

Den früheren DFB-Funktionären werden „Hinterziehung bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB“ zur Last gelegt. Niersbach, Zwanziger und Schmidt, die wie der verstorbene Franz Beckenbauer dem WM-Organisationskomitee angehörten, weisen die Vorwürfe zurück.

Die Ermittlungen zu den undurchsichtigen Geldflüssen rund um die WM 2006 ziehen sich bereits mehrere Jahre hin. In Frankfurt geht es um die 6,7 Millionen Euro, die als Betriebsausgabe für eine Gala deklariert wurden. Das Geld wurde 2005 vom Organisationskomitee über den Weltverband Fifa mutmaßlich an den inzwischen verstorbenen früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren Fifa-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

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