Niederlage in Braunschweig:Kumbela schockt den HSV

Eintracht Brunswick's Kumbela celebrates scoring during the German Bundesliga first division soccer match against Hamburger SV in Brunswick

Nach der Pause eingewechselt und drei Treffer erzielt: Braunschweigs Stürmer Diminick Kumbela

(Foto: REUTERS)

Debakel in der Defensive: Auch gegen den Tabellenletzten kassiert Hamburg vier Tore - drei davon erzielt der eingewechselte Dominick Kumbela. Braunschweig darf nach dem 4:2-Sieg wieder hoffen. Beim HSV dürfte nach der siebten Niederlage in Serie ein Trainerwechsel anstehen.

Von Johannes Mitterer

Am Freitagabend, exakt eine Minute nach acht, hat Felix Magath endlich seine Entscheidung verkündet. "Es geht wieder los", schrieb er auf seiner Facebook-Seite, "ich kehre in den Fußball zurück." War er zuvor noch tagelang wie eine Motte um die Hamburger Abstiegslaterne geschwirrt, sorgte der ehemalige Bayern-Trainer plötzlich in England für Unruhe. "Ab sofort bin ich Manager beim FC Fulham", setzte Magath nämlich in seinem Facebook-Eintrag fort.

Die spitznamenbegeisterte englische Boulevardpresse thematisierte sogleich die Ankunft des "letzten Diktators in Europa" beim Tabellenletzten der Premier League, doch auch in Deutschland bestimmte Magath die Nachrichtenlage rund um das Spiel des HSV bei den ebenfalls akut abstiegsgefährdeten Braunschweigern.

So schlurfte Bert van Marwijk in seinem 100. Bundesliga-Spiel als Trainer erneut mit der Last mehrerer Magath'scher Medizinbälle auf den Schultern über den Rasen. "Das ist das wichtigste Spiel des Jahres", sagte der Niederländer im Bewusstsein, dass im Falle einer Niederlage sein 100. zugleich sein letzter Trainer-Einsatz gewesen sein dürfte - zumindest beim HSV. Und Braunschweig? Die Eintracht kämpft zwar auch gegen den Abstieg, Trainer Torsten Lieberknecht genießt dabei aber eine ähnliche Jobgarantie wie sonst wohl nur Pep Guardiola und Jürgen Klopp.

Nach dem 4:2-Sieg von Braunschweig gegen den HSV kann Lieberknecht künftig noch etwas ruhiger arbeiten. Für van Marwijk hingegen wird es immer enger. "Mein Job ist mir im Moment nicht wichtig, ich versuche alles, um dem HSV zu helfen", sagte van Marwijk nach dem Spiel, in dem seine Mannschaft durch Pierre-Michel Lasogga (22.) sogar in Führung gegangen war, ehe der eingewechselte Domi Kumbela das Spiel mit einem Dreierpack drehte. Dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch Ivo Ilicevic (76.) setzte Jan Hochscheidt sogar noch das 4:2 oben drauf.

Weil die Hamburger Spieler starteten, als hätten sie tags zuvor einen Magath'schen Waldlauf mit Marschgepäck absolviert, gehörten schon die Anfangsminuten den Hausherren. Vor allem über die linke Seite setzte Omar Bellarabi der schwächsten Defensive der Liga zu. Doch weil Braunschweig zugleich die harmloseste Offensive stellt, blieben die Versuche erfolglos.

Wenn nicht gegen den HSV, wann dann

So krachte es in der 14. Minute fernab beider Strafräume zum ersten Mal. Bellarabi trat Dennis Diekmeier auf die Wade, Diekmeier schubste Bellarabi, HSV-Sportchef Oliver Kreuzer und van Marwijk sprangen dazwischen. Eine Viertelstunde später rammte Diekmeier Mirko Boland aus dem Weg, wieder bildete sich ein Rudel, wieder war Kreuzer als Schlichter zur Stelle. Jede Aktion des Spiels sah fortan nach Abstiegskampf aus.

Dementsprechend entsprang auch die Hamburger 1:0-Führung mehr aus Kampf als aus Kunst. Auf Höhe der Strafraumlinie schleuderte Marcell Jansen einen Einwurf in die Mitte, wo der Kopf des wiedergenesenen Lasogga wartete. Von dort sprang der Ball gut drei Meter in die Luft, segelte über den verdutzten Eintracht-Schlussmann Daniel Davari und landete mittig im Tor (22.). Lasogga rannte direkt zu van Marwijk, umarmte ihn, die Pechsträhne des HSV schien zu enden.

Doch schon sechs Minuten nach der Pause zeigten die Gäste, warum sie sich im Abstiegskampf befinden. Der unbedrängte Bellarabi trat eine Flanke in den Strafraum, der nicht weniger unbedrängte René Adler griff zu - und der Ball prallte von seiner Brust direkt vor die Füße von Domi Kumbela, dessen Einwechslung in der Pause sich in der Hamburger Hintermannschaft noch nicht rumgesprochen hatte: 1:1 (51.).

Gleich im Anschluss musste Rafael van der Vart verletzt vom Feld, für ihn kam Tolgay Arslan. Ob das dazu führte, dass beim Freistoß von Boland der kurze Pfosten nicht besetzt war, ist unklar. Auf jeden Fall hämmerte der Mittelfeldspieler den ruhenden Ball von rechts in den Sechzehner, Kumbela musste nur noch vollenden: 2:1 (60.). Noch nie in dieser Saison war es den Braunschweigern gelungen, ein Spiel zu drehen. Wenn nicht gegen den HSV, wann dann.

Nun sind die Braunschweiger auch nicht unbedingt als Defensivkünstler bekannt. Nach einigem Ping-Pong der Eintracht-Verteidiger gelang Ivo Ilicevic sogar noch einmal der Ausgleich für den HSV (76.), doch Braunschweig hatte ja noch Kumbela. Und der HSV hatte Adler. Der Torhüter lenkte einen Freistoß von Ermin Bicakcic, der auf dem besten Weg ins Toraus war, zurück ins Feld, der Ball kam vor den Kasten - wo einmal mehr Kumbela zum 3:2 vollendete (85.).

Für die endgültige Demütigung sorgte Bellarabi mit einem Slalomlauf durch die komplette Hamburger Hintermannschaft, seine Hereingabe schob Hochscheidt zum 4:2 ins Tor. Nach der siebten Niederlage in Serie dürfte es nun nur noch eine Frage der Zeit sein, bis HSV-Trainer van Marwijk endgültig unter der Last der Medizinbälle zusammenbricht. "Wir werden uns am Abend zusammensetzen und verkünden, wenn es etwas zu verkünden gibt", sagte Kreuzer. Ob nun Mirko Slomka kommt? "Wir haben noch Bert van Marwijk als Trainer."

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