Niebaum vor Rücktritt:BVB-Krise: Kein Ende in Sicht

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Mit dem 2:0-Sieg seines VfB Stuttgart hat Matthias Sammer den Abgang des schwer in die Kritik geratenen BVB-Präsidenten beschleunigt. Trotzdem - oder gerade deswegen - nimmt Sammer Gerd Niebaum in Schutz.

Nach dem Sieg gegen seinen Ex-Klub machte Trainer Matthias Sammer aus seinem Herzen keine Mördergrube mehr und nahm Borussia Dortmunds Präsident Gerd Niebaum in Schutz. "Natürlich hat er Fehler gemacht, aber warum bekommt er jetzt nicht die Chance, sie wieder zu korrigieren", erklärte Sammer aufgebracht.

Doch durch das 2:0 (0:0) mit dem VfB Stuttgart dürfte Sammer den Abgang seines langjährigen Freundes als BVB-Boss zusätzlich beschleunigt haben. Bei den finanziell und sportlich angeschlagenen Westfalen steht Niebaums Vorgänger Reinhard Rauball als dessen Nachfolger in den Startlöchern.

Dortmunds Fußball-Millionäre scheinen sogar froh zu sein, wenn das Theater um Niebaum, der die Reise nach Stuttgart nicht mit angetreten hatte, ein Ende hat. "Wir Spieler haben Augen und Ohren. Natürlich belastet uns die Situation sehr", meinte Spielmacher Tomas Rosicky vielsagend. Selbst BVB-Coach Bert van Marwijk gestand: "Es muss jetzt so schnell wie möglich eine Lösung her. Die Sache dauert schon sehr lange. Die Mannschaft wird jeden Tag und jede Minute damit konfrontiert."

"Gedankenspiele"

Wohl nicht mehr lange. Nach den Ergebnissen einer Geheimsitzung soll Niebaum bis zum 14. November von seinem Chefposten zurücktreten. Manager Michael Meier wollte diese Lösung noch nicht bestätigen: "Das sind Gedankenspiele."

Auch sportlich rutscht der mit 118,2 Millionen Euro Verbindlichkeiten belastete BVB derweil zusehends in die Krise. Bei der ersten Auswärtsniederlage in dieser Saison ließen die hochbezahlten BVB-Stars jegliches Aufbäumen vermissen. "Wir haben die entscheidenden Fehler gemacht. Ich werde in den nächsten Tagen ernsthaft mit der Mannschaft reden", meinte van Marwijk. Sportmanager Michael Zorc legte nach: "Ich habe keinen produktiven Einsatz sehen können." Zur personellen Diskussion um die Klubführung nahm Borussias Ex-Profi öffentlich keine Stellung.

Bei Dortmunds Problemen ging der Sprung des VfB an die Bundesliga-Spitze beinahe unter. Nationalspieler Andreas Hinkel (52.) hatte die Schwaben mit seinem ersten Bundesligator 1:0 in Führung gebracht. Cacau (68.) traf anschließend nach Vorarbeit von Kevin Kuranyi, der nach auskurierter Sprunggelenksverletzung in der 55. Minute eingewechselt worden war, zum 2:0-Endstand. Als einziges Team ist der VfB in dieser Saison weiter ungeschlagen. Keeper Timo Hildebrand ist in Liga, DFB-Pokal und Uefa-Cup bereits seit 682 Minuten in Folge ohne Gegentor.

"Natürlich habe ich mich richtig gefreut und nehme die drei Punkte gerne mit", sagte Sammer. Trotzdem drehten sich die Gedanken des 37-Jährigen nach dem Schlusspfiff mehr um seinen Ex-Klub. "Das war ein sehr emotionales Spiel für mich. Mein Herz hängt noch am BVB. Ich sage doch nicht: Ätsch, ich bin weg", erklärte Sammer, der zwischen 1993 und 2004 als Spieler und Trainer mit der Borussia dreimal Deutscher Meister geworden war und zudem die Champions League sowie den Weltpokal gewonnen hatte.

Dementsprechend leidenschaftlich fiel Sammers Plädoyer für Niebaum aus: "Die Leute, die ihn jetzt weg haben wollen, sollten sich überlegen, wo der Klub vor ihm war. So darf man nicht mit ihm umgehen. Es fehlt der menschliche Respekt." Niebaum hätte sich wohl ein Fünkchen dieser Rückendeckung beim BVB gewünscht.

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