Nico Büdel:Der Hybridhandballer

21 03 2019 Handball 1 Bundesliga DKB HBL Saison 2018 2019 25 Spieltag HC Erlangen Metropo; Nico Büdel

Treffsicher: Auch beim 25:25 (12:15) gegen Hannover-Burgdorf war Nico Büdel (rechts, gegen Nejc Cehte) mit sieben Toren der beste Erlanger Schütze.

(Foto: imago images / Zink)

Erlangens Spieler Büdel, 29, Jahren ist in Bestform. Er passt bestens ins System von Trainer Eyjolfsson.

Von Sebastian Leisgang

Es gab eine Zeit, da konnte Nico Büdel einfach nicht anders. Eigentlich mache er so etwas nicht, sagt er; als er aber vor gut eineinhalb Jahren nach Erlangen gekommen war, legte er sich zur Mittagszeit doch recht häufig mal hin. Büdel war nach den Einheiten einfach zu ausgelaugt, die Beine waren müde, selbst die Arme eine Last, und Büdel fiel "in ein kleines Loch, deshalb habe ich in dieser Zeit so viel Mittagsschlaf gemacht wie nie".

Jetzt sitzt Büdel, 29, schwarzer Pullover, umgekehrte Baseballkappe, in einem Café in der Erlanger Innenstadt und blinzelt in die Sonne, die ein paar Strahlen durchs Fenster hereinschickt. Inzwischen kann der Rückraumspieler über seine Anfangszeit beim HC Erlangen lachen, sie ist längst zur Anekdote verkommen. "Damals wollte ich mir das nicht eingestehen", sagt Büdel, aber jetzt kann er es ja sagen: dass ihm die Trainingseinheiten unter Robert Andersson ganz schön zu schaffen gemacht haben. Er weiß aber auch: Sie haben ihn vorangebracht.

Statistiken sind nichts weiter als Zahlen, manchmal erzählen sie aber doch eine Geschichte. In seinem gesamten ersten Jahr in Erlangen sind Büdel nur 77 Tore gelungen, jüngst 43 allein in den ersten sechs Spielen nach der Winterpause. Auch vor einer Woche, beim 25:25 (12:15) gegen Hannover-Burgdorf, war er mit sieben Treffern der beste Erlanger Schütze. Zum dritten Mal nacheinander. Ist er also in der Form seines Lebens? Büdel lacht. Er kann diese Frage jetzt ja nicht einfach so bejahen, das könnte ja ein bisschen großkotzig rüberkommen. Deshalb sagt er nur: "Seit November gelingt es mir ganz gut, konstant meine Leistungen zu bringen." Und: "Es wäre natürlich schön, wenn es so weitergeht." Büdel ist ein eher stiller Mensch, einer, der sich lieber im Mittelteil des Hallenheftes sieht als auf der Titelseite.

Andersson, der Trainer, der Büdel seinerzeit zum Mittagsschlaf veranlasst hat, ist längst nicht mehr da. Andersson hat die Spieler hart rangenommen, aber nicht besonders viel mit ihnen gesprochen. Irgendwann war das Verhältnis zwischen diesem kauzigen Trainer und der Mannschaft erkaltet. Für Büdel waren die wenigen Wochen unter Andersson dennoch bedeutsam. Adalsteinn Eyjolfsson, sein derzeitiger Trainer, kannte Büdel schon, bevor er Anderssons Amt übernahm. Als er dann aber in Erlangen ankam, war er verwundert, in welch gutem körperlichen Zustand Büdel war. "Er hat gesagt, dass er mich nicht wiedererkennt", sagt Büdel, "aber es hat dann trotzdem ein bisschen gedauert, bis ich in Form war."

Wer vor einem Jahr ein paar Leute auf der Straße gebeten hätte, die Namen der Erlanger Spieler aufzuzählen, hätte bestimmt Christoph Steinert zu hören bekommen. Auch Nikolai Link oder Johannes Sellin wäre den Leuten wohl zuerst in den Sinn gekommen. Aber Büdel? Es ist nicht so, dass er sich rar gemacht hätte in seiner ersten Saison. Niemand musste den Fans erklären, wer dieser Büdel eigentlich ist. Er spielte ja immer mit, aber er war halt irgendwie nur dabei statt mittendrin. "Ich war nicht immer hundert Prozent zufrieden", sagt Büdel selbst. Inzwischen aber hat irgendjemand seine Karriere offenbar vorgespult. Als Michael Haaß und Dominik Mappes in der Vorrunde verletzt ausfielen, kam es mehr denn je auf ihn an - und er blühte auf. Jetzt wäre Büdel wahrscheinlich der erste Name, der den Leuten auf der Straße einfallen würde, so prägend ist er in diesen Wochen für das Erlanger Spiel.

"Er hat ein großes taktisches Verständnis und kombiniert das mit einem sehr starken Wurf", sagt Eyjolfsson, "er ist kein klarer Halber und kein klarer Mittelmann. Er kann alles." Büdel ist ein Hybridhandballer, ein linker und ein zentraler Rückraumspieler in einer Person. "Ich habe schon immer beide Positionen gespielt", sagt Büdel. Er ist strategisch zu begabt, um ausschließlich im linken Rückraum zu spielen, aber auch zu wurfgewaltig, um ihm ausschließlich den zentralen Rückraum anzuvertrauen. Eyjolfsson schätzt diesen Vorzug. Büdel bietet ihm Flexibilität und Unberechenbarkeit. Damit passt er bestens in sein Gefüge, das sich gerade in der Deckung dadurch auszeichnet, variabel zu sein.

Der HC Erlangen ist ein Versuchslabor, in dem sie jede Menge Sachen ausprobieren. Sie erfinden sich immer wieder neu. Auf dem Parkett, aber auch abseits davon. Mal engagieren sie junge Spieler, mal gestandene. Mal deutsche, mal ausländische. Am Ende wollen sie etwas Großes erschaffen. Das ist nicht nur die Hoffnung, das ist der Plan. Büdel ist Teil dieses Plans. Im Januar hat er sich dem Klub bis 2020 versprochen.

Beruflich läuft es ja, "und ich fühle mich hier auch wohl mit meiner Freundin. Wir haben eine schöne Wohnung, die Stadt gefällt mir ziemlich gut, und wir Spieler machen auch in der Freizeit oft was zusammen." Und sei es nur ein gemeinsamer Kaffee in der Innenstadt. Büdel hat jetzt ja auch tagsüber Zeit. Er braucht keinen Mittagsschlaf mehr.

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