Quarterbacks:Diven, die fürstlich bezahlt werden wollen

Philadelphia Eagles at Dallas Cowboys

Große Fähigkeiten, hohe spielerische Verdienste, aber noch in Verhandlungen für mehr Geld: Dallas-Cowboys-Spielmacher Dak Prescott.

(Foto: Larry W. Smith/dpa)

Die Top-Quarterbacks verlangen in der NFL immer höhere Gehälter - das ist riskant. Die Klubs suchen einen Ausweg aus dem Dilemma.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Irgendwas stimmt da nicht - wie ist es möglich, dass Cam Newton noch immer keinen Arbeitgeber gefunden hat? Der Quarterback ist mit 31 Jahren in der Blüte seiner Laufbahn, in seinem Lebenslauf sind Referenzen wie "wertvollster Spieler der US-Footballliga NFL" oder "Super-Bowl-Teilnahme" vermerkt. So einer muss doch nur überlegen, welches der fünf Angebote im dreistelligen Millionenbereich er annehmen soll. Was ist da los?

Quarterback ist die wichtigste Position im American Football, er berührt bei jedem Spielzug in der Offensive den Ball, er ist - die Sportart wird auch "Rasenschach" genannt - auf dem Spielfeld Dame und König zugleich und wird auch so bezahlt: Die Dallas Cowboys haben Dak Prescott für die kommende Spielzeit 31,4 Millionen Dollar angeboten. Doch der hat abgelehnt, weil er (oder sein Beraterstab) glaubt, dass er noch mehr bekommen könnte.

Angesichts aktueller Vereinswechsel (Tom Brady zu Tampa Bay, Teddy Bridgewater zu Carolina, Philip Rivers nach Indianapolis) und Verhandlungen wird in den USA gerade eine interessante Frage debattiert. Zwar ist Quarterback die wichtigste Position in diesem Sport, aber lohnt es sich wirklich, einzelnen Spielern derart viel Geld zu bezahlen - oder gefährdet man damit den Erfolg des Teams?

Mahomes dürfte in der Sommerpause 2021 der NFL-Topverdiener werden

Es gibt eine Gehaltsobergrenze in der NFL, nächste Saison wird sie bei 198,2 Millionen Dollar pro Mannschaft liegen. Kein Manager kann mit Geld um sich werfen und einen Traumkader basteln, er muss das Gesamtgehalt so auf die Spieler verteilen, dass eine möglichst schlagkräftige Truppe auf dem Feld steht. Und es gibt Sonderregeln, etwa fest geregelte Gehälter für junge Spieler und wechselwillige Akteure.

Patrick Mahomes etwa, wertvollster Spieler beim Super-Bowl-Sieg der Kansas City Chiefs, hat in der vergangenen Spielzeit wegen seines Jungspieler-Vertrages 5,3 Millionen Dollar verdient - oder, die wichtigere Zahl: 2,28 Prozent des Gesamtgehalts seines Vereins. Auch Star-Receiver Tyreek Hill bekam das Rookie-Salär (2,2 Millionen, weniger als ein Prozent), weshalb sich die Chiefs zwei weitere hochgradig begabte Passempfänger (Sammy Watkins für 19,2 und Travis Kelce für 10,7 Millionen) sowie die Quarterback-Beschützer Laurent Duvernay-Tardif (8,2), Eric Fisher (sieben) und Mitchell Schwartz (6,4) leisten konnten. Viel besser geht es nicht, Kansas veranstaltete in der Offensive ein grandioses Spektakel.

Nur: In der kommenden Spielzeit werden die Chiefs den drei Passempfängern Hill, Watkins und Kelce insgesamt 52,8 statt wie davor 32,1 Millionen Dollar bezahlen, Mahomes dürfte in der Sommerpause 2021 mit mehr als 40 Millionen Dollar zum NFL-Topverdiener werden. Die Chiefs müssen, sollten diese vier Spieler bleiben, 45 Millionen Dollar mehr bezahlen - Geld, das für andere fehlen wird.

Quarterbacks: Wertvollster Spieler der Liga - vor fünf Jahren: Cam Newton.

Wertvollster Spieler der Liga - vor fünf Jahren: Cam Newton.

(Foto: Mike McCarn/AP)

Ein paar Zahlen, die das Dilemma verdeutlichen: In den vergangenen 15 Jahren hat den Superbowl kein Quarterback gewonnen, dessen Salär mehr als 13 Prozent des Team-Gehalts ausgemacht hat. In den vergangenen fünf Spielzeiten haben elf Spielmacher mehr als 14 Prozent bekommen, nur einer hat das Finale erreicht: Matt Ryan (Atlanta Falcons, 2017). Oder, noch deutlicher: Russell Wilson (2013; ein Prozent), Joe Flacco (2012; sieben), Aaron Rodgers (2010, vier) und Drew Brees (2009, neun) haben ihre Titel als Geringverdiener gewonnen - seit ihrer Unterschrift unter einen dicken Vertrag sind sie ohne Meisterschaft.

Langsam sind alle Planstellen in der NFL vergeben

Waren sie also erfolgreich, weil sie schon als junge Spieler so gut waren - oder haben sie davon profitiert, dass ihre Vereine wegen des geringen Quarterback-Gehalts eine bessere Mannschaft hatten bauen können? Das eine schließt das andere nicht aus, genau das sorgt nun für diese Debatte, ob man Spielmachern solch hoch dotierte und langfristige Verträge geben sollte. Bei Mahomes und DeShaun Watson (verhandelt mit den Houston Texans über eine Verlängerung, die ihm mehr als 35 Millionen Dollar pro Saison bescheren dürfte) scheint die Antwort klar zu sein: Sie sind jeden Cent wert. Was jedoch bedeutet das für Leute wie Cam Newton?

Ja, er war wertvollster Spieler der Liga und hat die Carolina Panthers ins Finale geführt, das ist jedoch fünf Jahre her. Zudem plagten Newton zuletzt Verletzungen an Schulter und Fuß, wegen der Coronavirus-Pandemie sind Probetrainings und Fitnesstests derzeit untersagt - und es muss einen Grund dafür geben, dass die Panthers lieber den vier Jahre jüngeren Teddy Bridgewater für drei Jahre verpflichteten (Gesamtgehalt 63 Millionen Dollar), als das Gesicht der Franchise zu behalten.

Vor fünf Jahren hätte sich wohl die Hälfte der NFL-Klubs um Newton bemüht, doch nun fragt man sich: Ist es das wert, so viel Geld auszugeben für einen Spieler, der wegen seiner Erfolge als Diva gilt und auch so bezahlt werden will - trotz Verletzungen? Wäre es nicht sinnvoller, einen jungen und billigeren Quarterback zu holen, wie es die Cincinnati Bengals (Joe Burrow), die Miami Dolphins (Tua Tagovailoa) und die Los Angeles Chargers (Justin Herbert) soeben getan haben? Oder einen erfahrenen Quarterback wie Brian Hoyer (New England Patriots), der mit einer Million Dollar wohl nur einen Bruchteil von dem verdient, was Newton verlangt.

Newton will vermutlich kein Ersatzmann sein, doch langsam sind die Planstellen vergeben. Deshalb könnte er sich dazu entscheiden, zu Beginn der nächsten Spielzeit auszusetzen und darauf zu warten, dass sich einer verletzt, dessen Team dringend jemanden braucht, der sofort verlässlich loslegen kann - falls es keinen ordentlichen Ersatzmann gibt.

Das führt zu den Dallas Cowboys und Dak Prescott: Der will einen Drei-Jahres-Vertrag, damit er schon jetzt viel verdient - und nach dem Abschluss des nächsten TV-Vertrages der NFL noch mehr (die Gehaltsobergrenze ist immer an die Einnahmen gekoppelt, und neue TV-Kontrakte sorgen meist für einen großen Sprung). Cowboys-Besitzer Jerry Jones dagegen will Prescott entweder für eine oder gleich für fünf Spielzeiten an sich binden. Er hält nicht viel von Mätzchen bei Verhandlungen, also hat er kürzlich Andy Dalton für drei Millionen Jahresgehalt als Ersatzmann oder Nachfolger verpflichtet. Die Botschaft: Jones will Prescott schon behalten - doch nicht um jeden Preis.

Zur SZ-Startseite

NFL
:Mit gezückter Waffe

Zwei Footballspieler werden beschuldigt, Bargeld und Uhren erbeutet zu haben. Weil NFL-Profis immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommen, stellen manche nun einen Zusammenhang zwischen Football und Verbrechen her.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: