Footballer Tom Brady in München:Deutsch-amerikanische Freundschaft

Footballer Tom Brady in München: Mochte München: Quarterback Tom Brady, der aktuell größte Held seiner Sportart.

Mochte München: Quarterback Tom Brady, der aktuell größte Held seiner Sportart.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der große Passgeber Tom Brady liefert in der Arena ab, was alle von ihm erwarten: Nun sind die Football-Fans froh, der Quarterback bedankt sich - und die NFL hofft auf noch mehr Profit.

Von Christoph Leischwitz

Ganz viel Hoffnung klang in dieser letzten Nachfrage an Tom Brady mit: Ob man ihn in den kommenden vier Jahren noch einmal in Deutschland sehen werde? "Ob ihr mich noch einmal in Deutschland sehen werdet? Oh Mann, das ist eine echt harte Frage", antwortete Brady kurz vor seinem Abschied aus der Münchner Arena. Brady ist 45 Jahre alt, er hat seine Karriere schon mal für beendet erklärt am Ende der vergangenen Saison der National Football League (NFL), ehe er einen Rücktritt vom Rücktritt machte - dem Vernehmen nach hatte seine Scheidung von Model Giselle Bündchen mit dieser Entscheidung zu tun. Doch es wird unweigerlich die Zeit kommen, in der die NFL es auch einmal ohne Tom Brady richten muss, wenn es darum geht, neue Märkte zu erschließen.

Nicht alles lief glatt beim ersten Spiel der NFL in Deutschland, oder: Vielleicht lief es auch zu glatt. So war den Spielern der Tampa Bay Buccaneers wie auch jenen der Seattle Seahawks anzumerken, dass der Naturrasen in der Allianz Arena ein eher ungewohntes Terrain für sie ist, vor allem im nebligen deutschen Herbst. Brady war einmal weggerutscht, als er für einen spektakulären Spielzug aus der Rolle des Spielmachers in jene des Passempfängers schlüpfte, was nach einem Sieg (21:16) dann aber auch dafür taugt, dieses Spiel in die Kategorie "unvergesslich" zu hieven.

Brady hatte die Show geliefert, die alle sehen wollten. Noch am späten Sonntagabend postete er in seinen Accounts ein Foto von sich, das ihn auf dem Spielfeld zeigt, im Hintergrund die vielen Handylichter, die sie im Stadion zum Singen von "Country Roads" angeschaltet hatten. "Was für eine Atmosphäre. Danke Deutschland", ließ er dazuschreiben.

Im Stadion war er einmal auf der großen Leinwand zu sehen, wie er rief: "Auf geht's, Deutschland!" Hört sich nach einem Allerweltssatz an. Das fachkundige Publikum verstand die Andeutung jedoch. Bradys halboffizielle Anfeuerung bei den Buccaneers ist im Amerikanischen nicht spruchreif, sie lautet: "Let's f****** go", also quasi: Auf geht's, aber mit Nachdruck. Wenn dann wiederum die Amerikaner daheim am Fernseher mitbekommen, dass die Deutschen die Andeutung verstanden haben, dann gehören die Deutschen irgendwie auch dazu zur Football-Gemeinde. Die Deutschen sind dann stolz, und die Amerikaner machen mehr Geld. So funktioniert die Expansion der NFL.

2,71 Millionen Menschen sehen sich in der Spitze die TV-Übertragung an

NFL-Commissioner Roger Goodell hatte schon vor Jahren angekündigt, den Umsatz steigern zu wollen, auf 25 Milliarden Dollar pro Jahr. Realistischerweise funktioniert das nur, wenn die Liga expandiert, zuerst sportlich, dann wirtschaftlich. Deshalb wollte man nichts dem Zufall überlassen und jenen nach München schicken, der sportlich wie wirtschaftlich den größten Erfolg verspricht und in jedem Spiel irgendeinen Rekord bricht.

Eine Woche zuvor hatte Brady die 100 000-Yard-Marke an geworfenen Yards geknackt. Jetzt ist er der einzige Spieler der Profiliga, der in vier verschiedenen Ländern gespielt hat, in Mexiko und in London war Brady mit den New England Patriots auch schon gewesen. Natürlich verließ Brady in allen vier Ländern den Platz als Sieger.

"Tom Brady is next", Tom Brady kommt jetzt zur Pressekonferenz. Raunen unter den Journalisten, von denen auch nicht mehr viele verhehlen können, dass sie Fans sind. Brady bedankte sich nach dem Erfolg über die Seahawks für die Gastfreundschaft, das Gastspiel in München sei eines der größten Erlebnisse seiner Karriere gewesen. Die Pressekonferenz fand genau dort statt, wo sonst die Fußballspieler des FC Bayern ihre Analysen abgeben. Thomas Müller, Jamal Musiala oder Serge Gnabry liefen während Bradys Pressekonferenz durch den Raum, vermutlich das erste Mal, ohne dass sie jemand nach einem Statement fragte, schließlich sprach auf dem Podium gerade der Allergrößte.

Später gab es ein freundliches Händeschütteln. Wahrscheinlich ist, dass die Kansas City Chiefs schon bald vorbeischauen werden, am ehesten sogar in München, denn der Besitzer der Chiefs, Clark Hunt, kooperiert seit Jahren mit dem FC Bayern. Ziel ist die globale Vernetzung, von der alle profitieren sollen. Ob das nun heißt, dass auch der FC Bayern eines Tages Pflichtspiele in den USA austragen muss, diese Frage wirft im Moment noch niemand auf. Aber wäre das nicht vorstellbar: Heimspiele der rot-weißen Chiefs in München, im Tausch Heimspiele der rot-weißen Bayern in Kansas City, Missouri? Für die NFL ist vieles denkbar.

Das Spiel in München war ein voller Erfolg. Im Stadion waren sowieso alle selig, bei Pro Sieben wohl auch: Der TV-Sender verzeichnete während der Partie mehr als 25 Prozent Marktanteil, 2,71 Millionen Menschen sahen in der Spitze zu. NFL-Commissioner Roger Goodell hatte schon vor dem Kickoff klargemacht, dass die deutschen Fans schon bald richtig einheiraten dürfen in die große Football-Familie. Drei weitere Spiele, zwei in Frankfurt am Main, eines in München, waren sowieso geplant. Jetzt wird das Gerücht gestreut, dass Mexiko-Stadt sein jährliches Spiel auch noch an München verlieren könnte. Die Nachfrage nach Tickets und die Stimmung in der Arena waren wahrscheinlich einfach zu gut.

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