500-Millionen-Dollar-Vertrag:Ein Phänomen wie Michael Jordan

Quarterback Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs

Sein Spiel wirkt immer intuitiv: Chiefs-Quarterback Patrick Mahomes.

(Foto: imago images/ZUMA Press)

Die Chiefs statten Patrick Mahomes mit einem Rekordvertrag aus. Seine Leistungen und Vermarktbarkeit rechtfertigen jeden Cent davon. Aber ist es sinnvoll, angesichts der Gehaltsobergrenze so viel Geld für einen Quarterback auszugeben?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Es geht bei solch irrwitzigen Zahlen ja immer auch darum, ob sie gerechtfertigt sind. Quarterback Patrick Mahomes hat seinen Vertrag bei der Football-Franchise Kansas City Chiefs um zehn Jahre verlängert, inklusive Boni wird er in den kommenden zwölf Spielzeiten bis zu 503 Millionen Dollar verdienen können. Es ist der höchstdotierte Kontrakt in der Geschichte der US-Footballliga NFL, und natürlich debattieren sie in den USA nun: Ist es auch der sinnvollste?

Mahomes ist, und darüber darf es keinen Zweifel geben, der derzeit beste und spektakulärste (das ist wichtig, denn Sport ist Unterhaltung) Akteur auf einer Position, die so prägend ist wie keine andere in einer Mannschafts-Disziplin. Der Quarterback ist, verglichen mit Schach, König und Dame zugleich, und der erst 24 Jahre alte Mahomes ist in seiner ersten Saison als Stammspieler zum wertvollsten Akteur der Liga (MVP) gewählt worden, eine Spielzeit später gewann er mit den Chiefs den Super Bowl. Es gibt Vereine wie die Detroit Lions, die suchen jahrzehntelang nach diesem Spielmacher, der sie mal ins Endspiel führt - die Chiefs haben ihn gefunden, und sie binden ihn quasi auf Lebenszeit.

"Patrick hat sich zu einem der produktivsten Athleten über alle Sportarten hinweg entwickelt", sagt Chiefs-Vorstand Clark Hunt: "Mit seiner dynamischen Spielweise und seiner ansteckenden Persönlichkeit ist er einer der bekanntesten und beliebtesten Spieler, die jemals dieses Trikot getragen haben." Man kann durchaus über Gehälter im Sport debattieren, doch angesichts dessen, was Spielmacher in der NFL verdienen, ist Mahomes jeden Cent wert, den ihm die Chiefs in diesen Vertrag geschrieben haben. Er ist lässig, freundlich, erfolgreich - kurz: so vermarktbar wie das Basketball-Popkultur-Phänomen Michael Jordan.

Mahomes ist für viele "one in a million"

Die Spielweise von Mahomes wirkt oft intuitiv und wie aus einem Videospiel entnommen: Es sieht so aus, als würde er ständig improvisieren, doch das stimmt nur teilweise. Als die Chiefs den jungen Mahomes vor der Talentbörse 2017 zum Vorstellungsgespräch baten, bemerkten sie, dass der gegnerische Formationen analysierte als wäre er ein Schachspieler, gesegnet jedoch mit athletischen Fähigkeiten, die auch eine Karriere als Baseball-Werfer oder Tischtennisprofi ermöglicht hätten.

"One in a million" sagen sie dazu in den USA, weil so einer gar so selten vorkommt, und wer das nicht glaubt, der möge das Endspiel der vergangenen Saison betrachten: Die San Francisco 49ers hatten die beste Passverteidigung der Liga, nach nervösem Beginn führte Mahomes seine Mannschaft mit zwei Touchdown-Pässen im Schlussviertel zum 31:20-Sieg. "Ich hatte das Vergnügen, in meiner Karriere ein paar unglaubliche Athleten und grandiose Persönlichkeiten trainieren zu dürfen", sagt Chiefs-Trainer Andy Reid: "Er gehört ohne Frage dazu - und er ist erst 24."

Sollte ein Quarterback wirklich so viel verdienen?

Nur: Der König im Schach braucht Läufer, Springer und auch Bauern, die ihn beschützen, und das hat in der NFL viel mit der Gehaltsobergrenze zu tun, die in der kommenden Saison bei 198,2 Millionen Dollar pro Mannschaft liegen wird. Es ist wichtig zu wissen, dass Mahomes in der vergangenen Spielzeit wegen seines Jungspieler-Vertrages gerade mal 5,3 Millionen Dollar verdient hat - oder, die bedeutsamere Zahl: 2,28 Prozent des Gesamtgehalts seines Vereins. Die NFL erwartet, dass die Liga-Einnahmen (an die der sogenannte Salary Cap gekoppelt ist) in den kommenden Jahren steigen, dennoch dürfte Mahomes in der Saison 2022, der ersten mit dem neuen Vertrag, etwa 20 Prozent des Gesamtgehalts bekommen. Das ist Geld, das für andere Spieler fehlen wird.

Darüber diskutieren sie gerade in den USA, und der Vertrag für Mahomes befeuert die Debatte: Sollte ein Quarterback wirklich so viel verdienen? In den vergangenen 15 Jahren hat kein Quarterback den Super Bowl gewonnen, dessen Salär mehr als 13 Prozent des Team-Gehalts ausgemacht hat. Tom Brady, sechsmaliger Meister mit den New England Patriots, war in keiner Spielzeit der NFL-Topverdiener.

Ist es also richtig, dass zum Beispiel die Dallas Cowboys ihrem Spielmacher Dak Prescott in der kommenden Saison 31,4 Millionen Dollar (oder noch mehr, es wird gerade über einen Langzeit-Vertrag verhandelt) bezahlen? Oder ist die Strategie der Patriots nach dem Abgang von Brady die richtige? Die bezahlen Cam Newton, immerhin MVP der Saison 2015, ein Grundgehalt von 1,5 Millionen Dollar, über Boni können es 7,5 Millionen werden.

Es sind strategische Entscheidungen, weshalb die Begriffe "richtig" und "falsch" nicht taugen. Die Chiefs haben sich den derzeit besten Akteur der Liga für zwölf Spielzeiten gesichert, und es gibt Leute, die nun anmerken, dass Mahomes zum einen ja noch besser werden könne, als er es ohnehin schon ist - und dass die Gehaltsobergrenze derart steigen könne, dass sich das Jahresgehalt von Mahomes im Vergleich zu anderen Quarterbacks als Schnäppchen erweisen könne. Falls beides nicht eintritt, dann können die Chiefs, auch das ist eine Eigenheit von NFL-Verträgen, Mahomes auch gehen lassen. So gesehen ist das, was die Chiefs und Mahomes da am Montag unterschrieben haben, völlig gerechtfertigt.

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