Neymars Abschied aus dem Turnier:Nichts für Kinder

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Hatte seine Nerven im Spiel gegen Kolumbien nicht im Griff: Brasiliens Neymar (Nr. 10) setzt gegen Jeison Murillo zum Kopfstoß an. (Foto: Ricardo Mazalan/AP)

Vier Spiele Sperre, 10.000 Dollar Geldstrafe - für den Rüpel der Brasilianer ist die Copa bereits beendet. Teamchef Dunga stellt ihm frei, nach Hause zu fahren.

Von Javier Cáceres, Santiago de Chile

Nach seinem Mega-Ausraster aus dem Kolumbien-Spiel ist die Copa América für Brasiliens Mannschaftskapitän Neymar wohl vorbei. Das Sportgericht des südamerikanischen Fußballverbandes Conmebol gab in Santiago de Chile bekannt, den Stürmer des FC Barcelona wegen seiner roten Karte für vier Spiele zu sperren. Obendrein soll er eine 10.000 Dollar Geldstrafe zahlen. Brasilien hat Einspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Experten glauben aber, dass Neymar bestenfalls auf eine Verringerung der Sperre auf drei Spiele hoffen könnte. Die Brasilianer kämen nur im Falle einer Finalteilnahme mit dem abschließenden Gruppenspiel, dem Viertel- und Halbfinale auf vier weitere Copa-Spiele.

Schon jetzt trifft die Brasilianer die Sperre hart: Sie müssen (in der Nacht zum Montag deutscher Zeit) gegen Venezuela um den Einzug ins Viertelfinale bangen. Im zweiten Spiel der Gruppe C gegen Kolumbien war Neymar am Mittwoch unmittelbar nach Schlusspfiff ausgerastet. Aus Verärgerung über die 0:1-Niederlage drosch Brasiliens "Nummer 10" einem kolumbianischen Spieler den Ball in den Rücken. Einem weiteren Kolumbianer, der ihn zur Rede stellen wollte, versuchte er eine Kopfnuss zu verpassen. Ein dritter Spieler der "Cafeteros", Carlos Bacca vom FC Sevilla, eilte daraufhin herbei, schubste Neymar und bekam dafür ebenfalls eine Sperre aufgebrummt. Er kam allerdings mit zwei Spielen davon, gegen die kein Einspruch möglich ist.

Vier Finger für vier Hurensöhne

Bei Neymar kam erschwerend hinzu, dass er dem Referee der Partie, dem Chilenen Enrique Osses, im Kabinengang an die Wäsche ging und ihn wüst beleidigte: "Du willst doch nur auf meine Kosten berühmt werden, Du Hurensohn", habe ihm Neymar zugerufen, berichtete Osses. Er gab zu Protokoll, dass er jedes Mal, wenn Neymar das Wort Hurensohn in den Mund nahm, einen Finger der geschlossenen Hand ausfuhr, am Ende waren Daumen, Zeige-, Mittel- und Ringfinger draußen.

Der Disput mit dem Referee war im Übrigen nicht das einzige verbale Scharmützel, das sich Neymar im Spiel gegen Kolumbien lieferte. Fernsehbilder des spanischen Senders Canal+ belegen, dass sich Neymar auch mit Camilo Zúñiga vom SSC Neapel anlegte. Zúñiga hatte Neymar im Viertelfinalspiel der WM 2014 im brasilianischen Fortaleza so schwer am Rücken verletzt, dass der Brasilianer seine Turnier-Teilnahme beenden musste. Bei der Copa América in Santiago prallte Neymar mehrmals mit Zúñiga zusammen. Neymar machte dem Kolumbianer darob große Vorwürfe. "Und hinterher rufst Du mich an und bittest um Entschuldigung, Du Hurensohn", herrschte Neymar den Kolumbianer an.

Unabhängig von der roten Karte wäre Neymar für das Spiel gegen Venezuela gesperrt gewesen. Neymar in der ersten Halbzeit wegen eines Handspiels die zweite gelbe Karte des Turniers gesehen. Neymar war schon im Auftaktmatch gegen Peru (2:1) verwarnt worden. Zwei gelbe Karten ziehen automatisch eine Sperre nach sich.

Ob Neymar überhaupt noch in Chile bleibt, ist offen. "So etwas hängt von jedem Spieler, von jedem Anführer selbst ab, jeder reagiert da anders. Die Entscheidung zu bleiben, liegt in der Hand des Spielers. Wir wollen Männer, keine Kinder", sagte Nationaltrainer Carlos Dunga. Das klang nicht so, als würde er es seinem unlängst zum Kapitän ernannten Superstar nachsehen, wenn er doch das Weite suchen sollte. Gleichzeitig nahm er Neymar in Schutz. Neymar habe 20 Tritte verpasst bekommen, doch als er aus dem Gleichgewicht geraten war und den Ball mit der Hand berührte, habe er sofort Gelb gesehen. "Ich frage Euch: Wer hätte eher Gelb verdient, derjenige, der aus dem Tritt gerät? Oder derjenige, der zutritt?"

© SZ vom 21.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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