Neymar:Die teuerste Seifenoper des Weltfußballs

International Champions Cup 2017 - Real Madrid v FC Barcelona

Neymar - hier noch im Leibchen des FC Barcelona

(Foto: AFP)
  • Ein Mega-Transfer steht kurz vor dem Abschluss: Der Wechsel von Stürmer Neymar könnte Paris Saint-Germain bis zu 600 Millionen Euro kosten, auch der Vater will offenbar wieder abkassieren.
  • Barcelona stellte Neymar am Mittwoch bereits vom Training frei.

Von Oliver Meiler, Barcelona

Egal, was man vom Sommertheater um Neymar Junior und dessen sich abzeichnendem Rekordtransfer vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain auch halten mag, eine Bewandtnis erstaunt besonders: Der junge Brasilianer hält dem immensen Druck aus der Öffentlichkeit mit geradezu aufreizender Ruhe stand und lächelt alle Fragen weg, die ihm überall zugebrüllt werden. In den vergangenen Tagen reiste er um die halbe Welt - New York, Washington, Miami, Shanghai -, und wo er auch auftrat, dort war es, als ginge ihn das ganze Hurra um seine Person nichts an, ja, als bereitete es ihm Spaß.

An diesem Mittwochmorgen aber, da erschien er in der Ciutat Esportiva Joan Gamper, dem Trainingszentrum des FC Barcelona im Süden der Stadt. Und ging wieder. "Neymar trainiert mit Erlaubnis des Trainers nicht mit", teilte Barça per Twitter mit. Laut spanischen Medien soll er sich bereits von seinen Teamkollegen verabschiedet haben. Auch die Vereinsspitze ist informiert.

Es scheint also, als wäre der Culebrón, die Seifenoper, bald vorbei. Der Epilog wird dann wohl in einigen Tagen auf einer prächtigen Bühne aufgeführt werden: auf der Esplanade des Trocadéro, in Paris, mit dem Eiffelturm als Kulisse. Gebucht soll der Platz schon sein. Die Pariser Sportzeitung L'Equipe schreibt, bis nächsten Montag sei alles klar.

Manchmal ist Schweigen beredter als Reden

Neymar will nun offenbar tatsächlich zu Paris Saint-Germain wechseln, einem Verein mit sehr reichen Besitzern aus Katar und einem schier zügellosen Hunger nach Größe. Gesagt hat er das zwar öffentlich noch nie. Doch manchmal ist Schweigen beredter als Reden, zumal wenn es über die Maßen lange dauert.

Barça, Verein und Mitspieler, bedrängten "Ney" in den vergangenen Tagen mit zunehmender Vehemenz und wachsendem Ärger, sich endlich zu äußern. Doch auch das kümmerte ihn nicht sonderlich. Die katalanische Zeitung Sport fragte bei ihren Lesern nach, was sie denn hielten von der Unentschlossenheit Neymars, und dabei kam heraus, dass ihn nur noch neun Prozent zurückhalten wollen. Dem Spieler gehe es doch nur ums Geld. Wobei "nur" in diesem Fall ein unpassendes Adverb ist.

Noch nie ging es bei einem Deal im Fußball um mehr Geld. Die Operation hat das Zeug, das bisherige Geschäftsmodell zu sprengen. Um Neymar nach Paris zu holen, muss PSG die Ausstiegsklausel bezahlen, die vor einem Jahr in dessen neuen Vertrag bei Barça geschrieben wurde: 222 Millionen Euro. Dem Spieler soll zudem ein Nettogehalt von 30 Millionen Euro im Jahr angeboten worden sein, das wäre ungefähr doppelt so viel, wie er in Barcelona verdient. Außerdem wurde dem Vater und Agenten, Neymar Senior, angeblich eine Prämie von 40 Millionen Euro versprochen. In Spanien nennen sie ihn mittlerweile El Cobrador, den Kassierer, weil er jeden Vertrag von Junior in eine einträgliche Familienaffäre ummünzen kann.

Klingt verrückt, ist es wahrscheinlich auch

Rechnete man die Steuern dazu, die über eine Vertragsdauer von fünf Jahren anfallen würden, dann würde PSG mit Neymars Verpflichtung Ausgaben von insgesamt fast 600 Millionen Euro auf sich laden. Klingt verrückt, ist es wahrscheinlich auch. Doch noch relevanter ist die Frage, ob PSG das überhaupt darf, ohne gegen die Regeln des viel beschworenen "Financial Fairplay" der Europäischen Fußball-Union Uefa zu verstoßen?

Barça jedenfalls droht, PSG bei der Uefa zu verklagen, wenn es die Klausel löst. Die hatte man ja gerade deshalb so hoch angesetzt, um jedes Ansinnen zu ersticken. Die Uefa wiederum lässt ausrichten, dass sie den Handel auch ohne Klage prüfen werde.

Kauft ein Fonds aus Katar die Werberechte Neymars, um mit ihm die WM 2022 zu vermarkten?

Wie die französische Presse mutmaßt, überlegen sich die katarischen Besitzer mehrere Bezahlmodalitäten, um a) möglichst wenig Steuern zu bezahlen und b) mögliche Sanktionen zu vermeiden. Die Uefa kann einen Verein bekanntlich Geld büßen lassen, ihn aus den europäischen Wettbewerben ausschließen, seine Kadergröße einschränken oder ihm die Verpflichtung neuer Spieler untersagen.

Eine abenteuerliche Option geht nun so: Der Fonds "Oryx Qatar Sports Investments", über den der Emir von Katar den Verein führt, kauft die Werberechte an Neymar, damit der Star den Weltmeisterschaften am Golf im Jahr 2022 sein Gesicht leiht. Für genau 222 Millionen Euro. Mit dem Geld, so der Plan, könnte Neymar sich dann selber von Barça loskaufen. Ein Trick und leicht durchschaubar. Außerdem besteht die Gefahr, dass das französische Finanzamt den Betrag als Lohn taxiert und auch so besteuert.

Hohe Abgaben würden aber gemäß französischem Gesetz auch dann anfallen, wenn der Verein die Klausel begleicht; der Wechsel würde nicht 222 Millionen Euro kosten, sondern eher etwa 300 Millionen Euro. Möglich wäre deshalb, dass PSG nun versuchen wird, mit Barça zu verhandeln. Die Pariser könnten den Katalanen etwas mehr Geld anbieten, als handle es sich um einen einvernehmlichen Transfer. Vielleicht 250 Millionen Euro - oder 150 Millionen Euro plus Spieler aus ihrem eigenen Kader, wie den Argentinier Angel Di Maria oder den hoch geschätzten Italiener Marco Verratti.

Nur: Bisher kam in diesem Sommerstück nie der Verdacht auf, als suchten die beiden Vereine Einvernehmliches.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: