Neureuther Dritter in Kitzbühel:"Sensationelle Saison, auf die man stolz sein kann"

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Felix Neureuther freute sich - auch wenn diesmal zwei andere schneller waren als er.

(Foto: AFP)

Die Ski-WM kommt zum richtigen Zeitpunkt: Felix Neureuther wird beim Slalom in Kitzbühel Dritter und beweist, dass er auch anspruchsvolle Kurse bewältigen kann. Auch bei den anderen Deutschen stimmt die Form.

Von Johannes Knuth, Kitzbühel

Der Skirennfahrer Felix Neureuther blickte nach links, sein Blick blieb an der Anzeigetafel haften, der 30-Jährige blickte, als sei er einem Geist begegnet. Gerade war der Schwede Mattias Hargin in den Zielraum gerauscht, er hatte Neureuthers Bestzeit um sieben Zehntelsekunden unterboten.

Der Schwede hatte alles in diese Fahrt geworfen, Hargin riskiert meistens alles in seinen zweiten Läufen, allerdings war das in seinen 89 bisherigen Weltcup-Auftritten auch meistens schiefgegangen. Bis zum Sonntag auf dem Ganslernhang in Kitzbühel, bis zur 90. Fahrt. Hargins Bestzeit überstand auch die Fahrt von Österreichs Marcel Hirscher, kurz darauf war der erste Sieg des 29 Jahre alten Schweden im Weltcup amtlich.

"Endlich", sagte Hargin.

Die deutschen Fahrer beweisen ihre Stärke inzwischen am besten auf einem schweren Kurs

Die Konkurrenz gab artig ihren Segen. "Unglaublich, das war einer der besten Slalomläufe, die ich je gesehen habe", sagte Hirscher. "Mattias war schon oft nahe dran", sagte Neureuther, er selbst sei mit seinem dritten Platz "total happy". Überhaupt war die alpine Welt am Sonntag ziemlich in Ordnung für die Protagonisten des Deutschen Skiverbands, Fritz Dopfer wies als Fünfter erneut seine Konstanz nach, Linus Strasser (14.) und Philipp Schmid (37.) ergänzten das Resultat.

Wolfgang Maier, Alpindirektor im DSV, hält im Grunde seit Beginn der Saison eine Ode an seine Slalom- und Riesenslalomfahrer, sie haben bislang bei jedem Rennwochenende einen Fahrer aus der Sparte zur Siegerehrung entsandt. "Diese Truppe fährt eine sensationelle Saison, auf die man stolz sein kann", sagte Maier am Sonntag. "Egal was da jetzt in Vail rauskommt."

Am Dienstag bestreiten die deutschen Techniker den Nachtslalom in Schladming, am Freitag werden sie nach Amerika aufbrechen, wo am 2. Februar die alpine Ski-WM beginnt. Jeder Wettkampf wird nun im Kontext der nahenden Titelkämpfe gedeutet, der Slalom in Kitzbühel war gewissermaßen ein Technik-TÜV, der vorletzte Stresstest. Der deutsche Trainer Hannes Wallner hatte den ersten Lauf gesetzt, er hatte den Fahrern, wie Dopfer befand, "eine große Aufgabe gestellt".

Die Fahrtwege zwischen den Toren waren oft weit, sie führten über schräge Eisklippen. "Sehr giftig", sagte Dopfer, "aber ich denke, das ist eher ein gutes Zeichen. Es ist immer gut, wenn man an seine Grenzen geführt wird." Die deutschen Fahrer sind mittlerweile so weit gefestigt, dass ihre Stärken auf einem schweren Kurs am besten zur Geltung kommen, so konnte man den Ansatz der Trainer interpretieren.

Dopfer wie Neureuther belegten die These, auch wenn Neureuther mit weniger Gemeinheiten ausgekommen wäre. "Das war brutal schwer, ich habe mich da nicht so überwinden können", sagte er nach dem ersten Durchgang. Im zweiten Lauf klappte das besser, im Steilhang bewahrte er den Körperschwerpunkt vorne, im Mittelteil geriet er kurz in Rücklage, der Schlussakkord saß wieder, Neureuther schlängelte sich an dem bis dato Führenden, dem Italiener Giuliano Razzoli vorbei. Hirscher reihte sich am Ende zwar vor dem Deutschen ein, dafür behauptete Neureuther fürs erste die Führung in der Disziplinwertung.

Pikante Fragen an Hirscher

Hirscher und Neureuther haben den Slalom-Weltcup mittlerweile wieder ganz gut im Griff, jeder auf seine Weise. Hier der kräftige, athletische Gesamtweltcupsieger aus Österreich, dort der charismatische Deutsche, ausgestattet mit viel Skigefühl. Hirscher hatte vor der Saison an Muskelmasse zugelegt, derartige Kraftzuwächse werden im Spitzensportbetrieb inzwischen auch kritisch hinterfragt.

Hirscher zeigt Verständnis für diese Frage, "trotzdem nervt sie natürlich, wenn man hart trainiert und dann sagt einer: Das ist unvorstellbar!", sagte er kürzlich dem Schweizer Tagesanzeiger. "Klar, für einen Hobbysportler ist es unvorstellbar", ergänzte er, aber es sei nun mal seine Aufgabe, sich jeden Tag mit seinem Körper zu beschäftigen: "Was man jetzt sieht, ist das Resultat aus drei Jahren gezielten Aufbaus mit einem eigenen Konditionstrainer." Neureuther reagierte unverbindlich, wenn man ihn in Kitzbühel auf das Thema ansprach, er sagte: "Du kannst auch mit weniger Training gut sein, wenn du dich in deiner Haut wohlfühlst." Albert Doppelhofer, der der deutschen Technikgruppe vorsteht, sagte: "Wir sind keine reine Ausdauer- oder Kraftsportart. Die Technik steht klar im Vordergrund." Und Neureuther könne nun einmal besser als jeder andere einschätzen, wann er den Ski auf die Kante stellen müsse.

Der Münchner Linus Strasser landete auf Platz 14 - und darf mit zur WM

Es war ein guter Arbeitstag für Doppelhofer, Neureuther und den DSV, und dann war da ja auch noch die Geschichte mit Linus Strasser. Strasser wurde ausgebildet im Kitzbüheler Skiclub, anschließend in der Skisparte des TSV 1860 und beim DSV. Strasser hat einiges aus dem Weg geräumt, Pfeiffersches Drüsenfieber, einen Materialwechsel, mittlerweile hat er sich stabilisiert, sein 14. Platz am Sonntag war sein bislang bester Ertrag im Weltcup.

Alpindirektor Maier wird Strasser zur WM mitnehmen, der 22-Jährige soll sich trotz knapp verpasster Norm fortbilden. Für seinen 14. Platz verdiente sich Strasser zudem 18 Weltcup-Punkte. Viel mehr haben seine Kollegen aus der Fußballabteilung bislang auch nicht gesammelt.

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