Neuer Trainer der Eishockey-Nationalmannschaft:Beziehungstest für Köbi

Beim Deutschland Cup wird dieses Mal nicht die Mannschaft getestet, sondern der neue Trainer der DEB-Auswahl. Nach der deutlichen 3:6-Niederlage gegen die Slowakei wird klar: Zwischen dem Schweizer Jakob Kölliker und dem deutschen Team stimmt es nicht. Aber gescheitert ist die Beziehung noch lange nicht.

Sebastian Gierke, München

Im Münchner Olympiapark geht es an diesem Wochenende um neue Verbindungen, um den Mut, es miteinander zu versuchen, sich ganz auf den anderen einzulassen - oder auch nicht. In der Eventarena heißt es: "Trau Dich. Die Hochzeitsmesse." Dort wird, glaubt man den Ankündigungen der Hochzeits-PR-Strategen, "Ambiente & Erlebnis" und "Innovation & Inspiration" geboten.

Germany v Switzerland - German Ice Hockey Cup 2011

Neues Team: Bundestrainer Jakob Kölliker (im Anzug) mit seinen Spielern von der deutschen Nationalmannschaft. 

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Genau darum geht es auch in der Olympiahalle beim Deutschland Cup. Es gilt, eine neue Verbindung zu bestaunen und zu überprüfen, ob daraus etwas Festes werden kann, etwas von Dauer. Nach der WM Anfang dieses Jahres haben sie sich getraut, der Deutsche Eishockey Bund (DEB) und Jakob, genannt "Köbi", Kölliker. Mit dem Deutschland Cup wird die Verbindung jetzt zum ersten Mal einer Bewährungsprobe unterzogen.

Nach zwei Spielen mit einem Sieg und einer Niederlage ist festzustellen: Die Partner sind noch nicht ganz eingespielt aufeinander - aber kriseln, das tut es auch nicht in der Beziehung. War der 4:2-Sieg zum Auftakt am Freitag gegen die Schweiz noch Grund für Schmetterlinge im Bauch, rissen starke Slowaken alle Beteiligten wieder aus den rosaroten Träumen: 3:6 unterlag das DEB-Team. Chancenlos, aber nicht kampflos - und mit einigen guten Ansätzen.

Möglicherweise haben sich ja trotz der Niederlage in der zum Eisstadion umfunktionierten Olympiahalle zwei gefunden. Das Ambiente jedenfalls stimmt, wenn auch die Zuschauer nicht ganz so zahlreich gekommen sind wie noch in den vergangenen Jahren.

Wichtiger aber als Ambiente und Erlebnis sind bei diesem Turnier: Innovation und Inspiration. Für die Deutsche Eishockeynationalmannschaft ist der Deutschland Cup das zweitwichtigste Turnier im Kalender, gleich nach der Weltmeisterschaft. Es ist eine wichtige Standortbestimmung, die erste in der Saison. Doch dieses Mal wird in München nicht die Mannschaft getestet, sondern der Trainer.

Es waren nicht die leichtesten Bedingungen, mit denen der Neue sein Amt antrat. Das mit Kölliker war keine Liebe auf den ersten Blick. Wenn man so will, ist er übrig geblieben, war nur zweite Wahl. Außerdem muss er einen ersetzen, der mit der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft eine Musterehe geführt hat: Uwe Krupp war ein ebenso beliebter wie erfolgreicher Nationaltrainer.

Es war eine Überraschung, als Kölliker schließlich nach der WM zum Nachfolger Krupps gemacht wurde: ein Schweizer als Chef der deutschen Auswahl, ein Novum in der Geschichte des DEB. Der 58-Jährige hat eine Menge Erfahrung. Er kennt das internationale Eishockey. Als Spieler war er mehr als 20 Jahre aktiv. Danach war er als Trainer in der Schweiz tätig, auch bei der U-20-Nationalmannschaft. Kölliker steht Nachwuchs aufgeschlossen gegenüber, gilt als Förderer der Jungen. Und auch international ist er als Trainer nicht ohne Erfahrung. Von 2000 bis 2010 war er Assistent von Ralph Krueger bei der Schweizer A-Auswahl.

Und Krueger ist neben dem Mustermann Krupp, die zweite, vielleicht die größere Hypothek für eine erfolgreiche Beziehung zwischen Kölliker und dem DEB. Der Deutschkanadier galt lange als Favorit auf den Posten des Cheftrainers. Doch Krueger wollte sein Amt als Assistenz-Trainer der Edmonton Oilers in der NHL nicht vor Vertragsablauf freiwillig aufzugeben. Der Vertrag in den USA läuft noch eine Saison. Köllikers Vertrag in Deutschland ebenfalls. Nur eine Saison - eine längerfristigere Bindung wollte der DEB nicht eingehen. Das schürte das Gerücht, Kölliker diene lediglich als Übergangslösung - bis Krueger kommt.

Trotz neuem System von Anfang an unter Druck

Ein gutes Abschneiden beim Deutschland Cup allerdings könnte der Zweckgemeinschaft allerdings guttun. Nach dem Spiel gegen die Slowakei muss man sagen: Die Glut ist da, aber das Feuer brennt noch nicht.

Die Slowaken sind wohl die stärkste Mannschaft in diesem Turnier, sie haben ein eingespieltes Team geschickt. Die Schweizer dagegen testen viele junge Spieler, das Team USA, der Gegner am Sonntag, ist eine bunte Truppe aus Spielern, die alle irgendwo in den europäischen Ligen unter Vertrag stehen.

Gegen die Slowaken stand das deutsche Team dagegen von der ersten Minute an unter Druck. Trotz einer Innovation: Kölliker versucht dem Team, ein neues System beizubringen. Die Mannschaft spielt viel offensiver, checkt aggressiv vor, oft schon im Drittel des Gegners. In der Defensive setzt der Trainer auf Manndeckung. Diese kraftintensive Verteidigung funktionierte gegen junge, läuferisch gute Schweizer, gegen die abgezockten und pucksicheren Slowaken waren die deutschen Verteidiger überfordert.

Zu oft war der Puck schon im Tor, da hatten sie ihren Gegenspieler noch gar nicht gefunden. So auch beim 0:1 in der 8. Minute durch Tomas Starosta. Die Inspiration war da ganz auf Seiten der Slowaken. Sie beherrschten das schnelle Verwirrspiel, immer wieder tauchten sie überfallartig vor dem Tor von Jochen Reimer auf, überrumpelten die ungestüm vorcheckenden Deutschen mit einem öffnenden Pass.

Und Reimer, der beim EHC München spielt, sah bei seinem Heimspiel im DEB-Dress nicht immer gut aus. Das 0:2 (15. Minute, Radoslav Tybor von der blauen Linie) im ersten Drittel muss er auf seine Kappe nehmen. Seine Verteidiger allerdings verteidigten den Torhüter. "Wir haben unseren Torhüter heute im Stich gelassen", schimpfte Felix Petermann. "Der Reimi konnte gar nichts machen. Wir haben einfach nicht konzentriert gespielt."

Nur im zweiten Spielabschnitt hatten das Kölliker-Team den Gegner über weite Strecken im Griff. Beim Stand von 2:1 - Michael Wolf hatte kurz vor Ende des ersten Drittels eine 5:3-Überzahlsituation genutzt - konnte die DEB-Auswahl auch bei fünf gegen fünf mithalten, hatte gute Chancen. Doch Julius Hudacek im Tor der Slowaken entschärfte einen Fernschuss nach dem anderen.

Jetzt geht es nur noch um Platz zwei

47 Mal hatten die Deutschen am Ende aufs gegnerische Tor geschossen, im Slot vor dem Tor konnte man allerdings keinen Druck erzeugen, keine Nachschüsse bekommen. "Auf diesem Niveau kannst du mit Fernschüssen nichts holen", sagte Kölliker nach dem Spiel.

Selbst einen Penalty konnten die Deutschen nicht zum Ausgleich nutzen. Mit einer sensationellen Parade wehrte Hudacek gegen Michael Wolf ab. Im letzten Moment riss der am Boden liegende Torhüter - eigentlich war er schon geschlagen - noch das linke Bein hoch - und Hock war darüber so irritiert, dass er das Bein, das da vor ihm wie aus dem Nichts in die Höhe wuchs, anschoss.

Kurz vor Ende des zweiten Drittels erhöhten die Slowaken dann durch Marcel Hossa auf 3:1 (38. Minute), doch die Deutschen kämpften sich zurück. Nikolai Goc gelang der Anschlusstreffer mit einem satten Schuss von der blauen Linie (43.). Mit einem Doppelschlag sorgten die Slowaken aber für klare Verhältnisse (Milan Bartovic 44., Michel Milik 45.). Zwar konnte Christopher Fischer noch einmal verkürzen (52.), aber Marcel Hossa (58.) machte mit seinem zweiten Tor endgültig alles klar - 3:6 stand es am Ende.

Der dritte Sieg in Folge beim Deutschland Cup ist damit für die Deutschen nicht mehr möglich. Am Sonntag geht es gegen die USA nur noch um Platz zwei.

"Eine Weltklassemannschaft, die eine grandiose Leistung geboten hat", lobte Kölliker im Anschluss den Gegner. Tatsächlich machten die Slowaken aus fast jeder Chance einen Treffer, ließen die Deutschen anstürmen, abprallen und nutzten dann die sich bietenden Räume. "Es war nicht alles schlecht", sagte Köliker über die Leistung seines Teams. "Aber ich will nichts schönreden. Wir waren undiszipliniert und unkonzentriert." Die Slowaken zeigten Kölliker die Schwächen seines neuen Systems gnadenlos auf.

Das DEB-Team und sein neuer Trainer müssen noch zueinander finden. Wenn allerdings Innovation und Inspiration, so wie gegen die Schweiz, in Zukunft noch öfter eine Symbiose eingehen, dann könnte der 22. Deutschland Cup als Beginn einer festen Partnerschaft in die Geschichte eingehen. Und der großen Liebe Ralph Krueger würde bald keiner mehr eine Träne nachweinen.

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