Neuer Rassismus-Eklat in Italien:Milan-Profi Constant flüchtet vor Fans

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Normalerweise kämpft Milan-Profi Kevin Constant (oben) mit dem Gegenspieler, am Dienstag lieferte er sich eine Auseinandersetzung mit rassistischen Fußballfans. (Foto: REUTERS)

Wieder gibt es einen Rassismus-Eklat in Italien, erneut ist der AC Mailand betroffen: Nach verunglimpfenden Fangesängen verlässt Kevin Constant in einem Testspiel den Platz. Doch die Empörung hält sich in Grenzen.

Von Andreas Glas

Kurz sah es aus, als sei Kevin Constant der Unsportliche gewesen, der Provokateur. Es lief die 32. Minute, als Milans Linksverteidiger einen Einwurf ausführen sollte. Stattdessen drehte er dem Spielfeld den Rücken zu und drosch den Ball mit Wucht in die Zuschauerränge.

Eine Minute später verließ Constant den Platz. Aber nicht, weil er für seine Aktion einen Platzverweis bekommen hatte - der Franzose mit afrikanischen Wurzeln ließ sich freiwillig auswechseln. Er hatte keine Lust mehr. Der Grund: Die gegnerischen Fans hatten ihn mit rassistischen Fangesängen beleidigt. Dass Constant den Ball ins Publikum gedroschen hatte, war lediglich die Antwort auf die eigentliche Provokation.

Der Vorfall ereignete sich am Dienstagabend beim Finale der "Trofeo TIM" zwischen US Sassuolo und dem AC Mailand. Ein bedeutungsloses Sommerturnier, bei dem es eigentlich darum gehen sollte, ein paar Spielzüge und taktische Kniffe zu testen.

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Mario Balotelli kündigt an, bei rassistischen Vorfällen künftig das Spielfeld zu verlassen. Der FC Chelsea hat den Vertrag mit Frank Lampard um ein weiteres Jahr verlängert. Gerald Asamoah erhebt schwere Vorwürfe gegen Greuther Fürth.

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Am Ende unterlag Milan dem Serie-A-Aufsteiger Sassuolo mit 1:2, aber der wahre Verlierer war mal wieder der italienische Fußball. Der Fall Constant zeigt: Liga und Fußballverband bekommen die Probleme mit faschistischen und rechtsextremen Fans einfach nicht in den Griff.

Der Vorfall vom Dienstagabend ist für den AC Mailand der dritte Rassismus-Eklat binnen weniger Monate. Im Januar war der Ghanaer Kevin-Prince Boateng während eines Testspiels beim Viertligisten Pro Patria beleidigt worden und hatte das Feld verlassen, Anfang Mai unterbrach der Schiedsrichter das Ligaspiel zwischen Milan und dem AS Rom, weil es wiederholt rassistische Schmähgesänge gegen Mailands Stürmer Mario Balotelli gegeben hatte.

Politik und Medien reagierten damals entsetzt. "Jetzt nehmen die rassistischen Vorfälle eine besorgniserregende Häufigkeit an", schrieb die Gazzetta dello Sport. Und Roms Bürgermeister Gianni Alemanno forderte via Twitter: "Der Sport darf nicht beschmutzt werden." Auch das italienische Sportgericht griff durch und verurteilte den AS Rom zu einer Geldstrafe von 50 000 Euro. Über die Wirksamkeit dieser Maßnahmen darf jetzt wieder gestritten werden in Italien.

Inzwischen hat der italienische Fußballverband eine Untersuchung des Vorfalls eröffnet. "Im Fußball ist kein Platz für Rassismus oder andere Formen der Diskriminierung", heißt es in einer Mitteilung des Fußball-Weltverbands FIFA. Kritik an Constants Verhalten gab es dagegen ausgerechnet von Milans Vize-Präsident Adriano Galliani. "Die rassistischen Gesänge sind skandalös, unmöglich, aber man kann nicht den Platz verlassen, das geht nicht", sagte er. Filippo Inzaghi, früherer Milan-Stürmer und jetziger Trainer des Jugendteams des Vereins, rief dazu auf, die Gesänge in Zukunft zu ignorieren. "Wir geben dem zu viel Wichtigkeit", sagte er.

Kevin Constant selbst fällt es allerdings schwer, das Erlebte einfach zu ignorieren. Auf Twitter hat er ein Foto verlinkt, das aussieht wie das Plakat zum Kinofilm "Men in Black". Es zeigt die dunkelhäutigen Fußballer Mbaye Diang, Mario Balotelli und Kevin-Prince Boateng in schwarzen Anzügen und mit gezückten Revolvern. Der Filmtitel "Stop Racism" ist bislang noch Science-Fiction.

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