DFB-Team:Mal wieder ein Best-of-Neuer-Abend

Nations League: Manuel Neuer bejubelt das 1:0 gegen England

Neuer jubelt über das zwischenzeitliche 1:0 von Jonas Hofmann.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty Images)

Beim FC Bayern fehlte ihm zuletzt die große Fußball-Bühne - gegen England kann der deutsche Nationalkeeper beweisen, dass Welttorhüter-Paraden noch zu seinem Repertoire gehören.

Von Philipp Selldorf

Ein Halbzeit-Unterhaltungsprogramm hat sich der DFB am Dienstagabend gespart, dankenswerterweise vertrieben aber drei Artisten den Zuschauern die Wartezeit. Die Reservisten Niklas Süle, Julian Brandt und Kevin Trapp führten eine Übung vor, in der es darum ging, den Ball mit hohem Drall möglichst elegant zum Nebenmann zu bringen. Welcher der drei Künstler von Haus aus Torwart, Innenverteidiger und Offensivspieler ist, ließ sich während des verwegenen Ballwechsels nicht unterscheiden, was im Fall des Torhüters Trapp ein Kompliment darstellt. Bloß, dass der 31-Jährige nach dem Europacupsieg mit Eintracht Frankfurt gar nicht mehr weiß, wohin mit all den Komplimenten. Seit jenem mythischen Abend in Sevilla begleitet Trapp nicht nur ein neues Ansehen der nationalen Fußballgemeinde, sondern auch ein scheinbar unvergängliches Lächeln im Gesicht.

Manuel Neuer, 36, ist nicht der Typ, der neidisch wird, wenn gerade ein Kollege mehr Applaus bekommt als er. Dennoch dürfte er sich zuletzt hin und wieder geärgert haben, dass ihm beim FC Bayern nach dem Aus gegen den FC Villarreal die große Fußball-Bühne abhandengekommen war. In der Bundesliga bekommt er aufgrund der Münchner Dominanz selten Gelegenheit zu zeigen, was er kann, auch in der Champions League blieb ihm bis zum überraschenden Abschied eine tragende Rolle verwehrt. Wie hell das Licht von dort in alle Winkel des Universums leuchtet, erfuhr Neuer beim Finalspiel, als Real Madrids Thibaut Courtois dank einer Spitzenleistung Weltruhm erlangte. Ketzer behaupteten daraufhin, nun sei der 30-jährige Belgier der weltweit führende Vertreter seines Fachs.

In Deutschland gilt es seit Jahren als Allgemeinplatz, Manuel Neuer zum besten Torwart der Welt zu erklären. Nicht nur die Mitspieler beim FC Bayern halten das für selbstverständlich, sondern auch die Kollegen in den 17 übrigen Klubs. Die halbjährlich wiederkehrenden Umfragen des Fachblatts Kicker unter den Bundesliga-Profis sahen den Münchner Keeper stets einsam an der Spitze. Aber am Montag meldete die Zeitung nun, dass sich nach Ablauf der Rückrunde eine Mehrheit für den Mönchengladbacher Yann Sommer und den Freiburger Marc Flekken ausgesprochen habe.

DFB-Team: Manuel Neuer vereitelt die Großchance von Englands Harry Kane aus kürzester Distanz.

Manuel Neuer vereitelt die Großchance von Englands Harry Kane aus kürzester Distanz.

(Foto: Marc Schüler/Imago/Schüler)

Mancher Wähler mag seine Entscheidung am Dienstagabend überdacht haben, als Neuer eine Art Best-of seines Repertoires vorführte. Endlich hatte er wieder Arbeit gefunden. Die Engländer taten ihm den Gefallen, aus verschiedensten Lagen auf sein Tor zu schießen, halbhoch aus der Ferne, scharf aus spitzem Winkel oder, wie Harry Kane, plötzlich aus der Nahdistanz, und jedes Mal reagierte Neuer schnell, präzise und im typischen Manuel-Neuer-Stil. Eventuelle Mutmaßungen, die Institution aus Gelsenkirchen-Buer komme womöglich doch mal in die Jahre, erübrigten sich schlagartig. Dem Bundestrainer schien es ein Bedürfnis zu sein, einer Altersdebatte um seinen Kapitän entgegenzutreten - unabhängig davon, dass diese Debatte noch nirgendwo geführt wurde. "Wir haben einen Torwart in unseren Reihen, der absolute Weltklasse ist", sagte Hansi Flick, "das ist und bleibt er für mich."

Neuer hat das sicherlich gern vernommen, Lob ist er gewohnt, aber zurzeit dürften ihm ein paar Komplimente willkommen sein. Kommentiert hat er seinen gelungenen Abend zwar nicht, aber wie Kevin Trapp trug er ein Lächeln im Gesicht, als er das Haus verließ.

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