Neuer Davis-Cup-Chef:Printenkönigs Liebling

Carsten Arriens, 43, tritt die Nachfolge von Patrik Kühnen als Davis-Cup-Chef an. Er hat sich gegen weitaus bekanntere Kandidaten durchgesetzt, weil er in Spielerkreisen geschätzt wird - und eine gewisse Unschuld mitbringt.

Philipp Schneider

Vielleicht erzählt die Sache mit dem Anruf am ehesten, was Carsten Arriens für ein Mensch ist, denn es ist ja bislang nicht viel bekannt über den Mann, der nun das deutsche Männertennis wieder zu Erfolgen führen soll. Der Anruf nämlich, der ging so: Am Ende der Leitung war am Mittwochabend ein Journalist der dpa, und der wollte von Arriens in Erfahrung bringen, ob Arriens tatsächlich der neue Chef des Davis-Cup-Teams werden würde. Er wusste es nämlich noch nicht so sicher, dass er es hätte aufschreiben können. Und Arriens, klar, er durfte das jetzt natürlich nicht verraten.

Der Journalist aber war zu Arriens Leidwesen ein ziemlich gewiefter Fuchs, und deshalb stellte er ihm nun eine hundsgemeine Falle: Er gratulierte Arriens zu seinem neuen Job. Uh, Oh!, machte Arriens wohl zunächst, behielt aber kurz seine Geistesgegenwart und meinte, er könne das im Moment gar nicht kommentieren; ehe ihm doch noch entfuhr: "Aber ein bisschen erstaunt bin ich schon, da ist wohl etwas durchgesickert."

Tja. Damit war es dann tatsächlich durchgesickert, aber wenn man so will, war Arriens' Reaktion erfrischend ehrlich, und zugleich herrlich naiv. Zumindest eine dieser Eigenschaften wird im deutschen Tennis seit einigen Monaten durchaus vermisst. Und überhaupt ist es ja so, egal wen man fragt: Alle lieben Carsten Arriens.

Rainer Schüttler hätte den Job gerne gehabt

Er wird an diesem Freitag bei seiner Vorstellung in Hamburg ein bisschen mehr darüber erzählen, warum die Wahl des Deutschen Tennis Bunds (DTB) auf ihn gefallen ist - und nicht auf die deutlich berühmteren Alexander Waske oder Rainer Schüttler, die eine unglaublich berühmte Tennisakademie in Offenbach betreiben und den Job so gerne gemacht hätten, dass sie sich in den vergangenen Wochen permanent im Gespräch gehalten haben. Nur: Wer bitteschön ist Carsten Arriens?

Zwischen 1991 und 1999, so viel ist sicher, war er als Profi auf der ATP-Tour unterwegs, er spielte sich bis auf Position 109 der Weltrangliste vor und ein Turnier hat er sogar gewonnen: 1992, in Guaruja. Das liegt in Brasilien. Seine Trainerausbildung schloss er einst als Lehrgangsbester ab, und als Teamchef gewann er zweimal mit Aachen die deutsche Meisterschaft (was zuletzt nicht sonderlich schwierig war, weil der Aachener Printenkönig Hermann Bühlbecker dort mit seinen Printenmillionen fast das gesamte deutsche Davis-Cup-Team um sich versammelt hat). Von 2013 an wird Arriens zudem Matthias Bachinger auf der Tour begleiten. Von einem Interessenskonflikt kann aber zumindest solange keine Rede sein, bis Bachinger plötzlich Davis-Cup-Spieler werden sollte.

Bewährungsprobe der Mannschaft im Februar

Gleichwohl war die Entscheidung des DTB für den 43-Jährigen natürlich auch eine politische. Der lange Zeit in vielen Medien als Kandidat gehandelte Alexander Waske etwa dürfte eigentlich nicht ernsthaft in Betracht gezogen worden sein. Denn Waske hatte wenige Wochen vor dem Rücktritt von Team-Chef Patrik Kühnen in einem Interview die Spitzenspieler Philipp Kohlschreiber und Florian Mayer so deftig kritisiert, dass eine Arbeit mit ihnen schlicht unmöglich gewesen wäre.

Gegen Rainer Schüttler wiederum hätte aus Sicht der DTB-Spitze wohl gesprochen, dass der frühere Profi von Dirk Hordorff trainiert, beraten und gemanagt wurde. Hordorff ist zugleich Präsident des hessischen Verbandes und als solcher: schon ein bisschen mächtig. Und weil die Interessensüberlagerungen und Konflikte der berühmten Männer im DTB ohnehin allgegenwärtig sind, spricht für Arriens das Gegenteil. Er ist unbekannt. Ja, er ist fast unschuldig.

Carl-Uwe Steeb, der Vizepräsident des DTB, hatte vor einigen Wochen eine Umfrage unter den Davis-Cup-Spielern gestartet, wen sie sich als neuen Chef wünschen würden. Arriens fanden alle ganz toll, und auch Schüttler wäre in Ordnung gewesen. Steeb selbst findet nun: "Arriens hat große Erfahrung als Trainer, eine hohe Akzeptanz bei den Spielern, und außerdem die zeitliche Verfügbarkeit für den Job, der auf ihn zukommt."

DTB will Arbeitszeit nicht ausdehnen

Arriens werde wohl "zumindest im nächsten Jahr" noch als Bundesligatrainer arbeiten, sagt Steeb, doch allzu sehr soll die Arbeitszeit des Kühnen-Nachfolgers beim DTB offenbar nicht ausgedehnt werden, sondern "ähnlich bleiben", sagt Steeb. Dies wäre bedauerlich, denn einer der Kritikpunkte von Philipp Kohlschreiber an der Arbeit von Kühnen war ja gewesen, dass der sich als Privat-Coach von Tommy Haas anheuern ließ - und die übrigen Spieler vernachlässigte.

Arriens, der von Assistent Michael Kohlmann unterstützt werden wird, bleibt ohnehin wenig Zeit, um eine Mannschaft zu formen, die im Februar gegen Argentinien bestehen kann, zumal sie noch immer in Teilen zerstritten ist. Aber Arriens ist ein schneller Lerner, am Donnerstag etwa ging er einfach nicht mehr ans Telefon.

Es sei unheimlich viel los, schrieb er lieber in einer SMS, er müsse auf die Pressekonferenz in Hamburg verweisen: "Aber danke für die Glückwünsche."

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