Neue Tennis-Regeln:Verordnete Hektik zwischen zwei Bällen

The Internazionali BNL d'Italia 2012 - Day Ten

Kein Freund der neuen Regel: der Spanier Rafael Nadal (Archivbild).

(Foto: Getty Images)

Tennis soll schneller werden, die Pause bis zum Aufschlag kürzer. Nur noch 25 Sekunden soll sie dauern. Profis wie Rafael Nadal beschweren sich, doch auch für sie gilt: Der Sport richtet sich nach den Sehgewohnheiten der TV-Zuschauer. Und nicht nach den Wünschen der Athleten.

Ein Kommentar von Michael Neudecker

Der Moment, als der französische Tennisprofi Gaël Monfils den Schiedsrichter an seine Hautfarbe erinnerte, ist schon vier Monate her, aber das Internet vergisst ja nichts. Immer noch gern gesehen, das Video, das den Moment festhält, als Monfils beim Turnier in Doha mit dem Schiedsrichter diskutierte, Monfils war sauer, der Schiedsrichter irgendwie hilflos. "I'm black, so I sweat a lot", sagte Monfils. Ich bin schwarz, deshalb schwitze ich sehr.

Der Ausspruch hat seitdem eine gewisse Bekanntheit in der Szene erlangt, denn die Gelegenheit, sich daran zu erinnern, bot sich immer wieder. Nun also erneut: Es geht um die neuen Regeln im Tennis, es geht auch um die Frage, wie lange 25 Sekunden sein können.

Am Dienstag nutzte die frühere Nummer eins der Tenniswelt, Rafael Nadal, die vom sid gebotene Plattform, sich wie schon viele Tennisprofis in diesem Jahr (darunter Nadal) über die neuen Regeln zu beschweren, die die Dachorganisation ATP mit Beginn dieses Jahres eingeführt hatte. Unter anderem sind die Schiedsrichter nun angehalten, die maximal zulässige Pause von 25 Sekunden zwischen zwei Ballwechseln strenger zu überwachen, wozu man wissen muss, dass vielen Profis bislang gar nicht bewusst war, dass es die 25-Sekunden-Regel überhaupt gibt.

Monfils war der Erste in dieser Saison, der eine Verwarnung kassierte, weil er ein paar Sekunden zu lange brauchte. Für jede weitere Verfehlung droht ein Punktverlust, weshalb Monfils sich also beim Schiedsrichter beschwerte. Das Hautfarben-Argument überzeugte den Schiedsrichter aber dann nicht.

Die Gegner sagen: Die Regel verursache Hektik, gelegentliche ausgedehntere Pausen seien zudem die Basis für lange Ballwechsel, die zu epischen Matches führten, die den Reiz dieses Sports ausmachten. Die Befürworter sagen: Zeitschinden müsse bestraft werden. Und: Das Spiel werde dadurch schneller. Vier Stunden Tennis oder gar fünf, bitte, wer kann es sich denn heutzutage noch leisten, so lange vor dem Fernseher zu sitzen? Und so ist das halt, nicht nur im Tennis: Der Sport richtet sich nach den Sehgewohnheiten der TV-Zuschauer, nicht nach den Wünschen der Athleten.

Wohl auch deshalb haben viele Tennisprofis ihren eigenen, in gewisser Weise nachvollziehbaren Umgang mit den Regeln entwickelt: am besten ignorieren. Die Zeitung USA Today hat neulich in einer Umfrage 15 Spielern und Spielerinnen die vier selben Regelfragen gestellt, etwa: Wie viele medical timeouts darf man pro Match verlangen? Oder auch: Wie viel Zeit darf man sich zwischen zwei Ballwechseln lassen?

Das Ergebnis: Kein einziger konnte alle Fragen richtig beantworten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: