Süddeutsche Zeitung

Neue Tennis-Liga:Bhupathi lockt mit Koffern voller Dollars

Der frühere Tennisprofi Mahesh Bhupathi will eine Tennisliga für Topprofis etablieren. Roger Federer ist noch skeptisch, doch zahlreiche Top-Ten-Spieler sollen bereits an Bord sein. Damit droht die Spaltung der jetzigen Tour.

Von Gerald Kleffmann

Anfang dieser Woche hat sich Boris Becker flach gelegt in Dubai. Er ist zum Indoor-Sky-Diving gegangen, auf Geheiß seines Chefs, der sich dann prompt lustig machte über seinen Tennistrainer. "Er war wie ein Fisch an Land", teilte der Weltranglisten-Zweite Novak Djokovic mit: "Es sah bei ihm nicht wirklich gemütlich aus. Und aus irgendeinem Grund sank er immer."

Dass der Deutsche, der einstige Wimbledon-Champion, Spott zu nehmen weiß, darf man annehmen, schon bei den Australian Open, wo Djokovic im Achtelfinale dem späteren Sieger Stanislas Wawrinka unterlag, ertrug er manche Parodie mit Humor. Dass sich die zwei bislang verstehen, ist nicht zu übersehen, und in Dubai, beim ATP-Turnier in dieser Woche, stimmt vorerst auch der sportliche Ertrag. Djokovic, schon im Halbfinale, strebt fürs Wochenende den 42. Turniersieg an. Aber auch für Becker könnte der Finaltag ein besonderer werden. Nicht nur wegen seines frischen Engagements. Am Sonntag soll ein Ereignis stattfinden, das es so noch nie gab. Djokovic nennt es "revolutionär".

Der frühere Profi Mahesh Bhupathi aus Indien, der fünf Grand-Slam-Doppeltitel gewann und 2013 seine Karriere beendete, will eine Tennisliga einführen, in der in Anlehnung an die indische Cricket- und Hockey-Liga Spitzenprofis von Städteteams gekauft werden, und die sich dann an mehreren Spieltagen duellieren.

Am Sonntag soll die Auktion für die Investoren hinter den Teams stattfinden. Ob es so kommt, ist die spannende Frage, mehrmals wurde wegen Anlaufschwierigkeiten der Termin verschoben. Mitte 2013 hegte Roger Federers mächtiger Agent Tony Godsick bezeichnenderweise Zweifel, als er meinte: "Das ist ein unglaublich ambitioniertes Projekt."

Während seit Jahren Asse wie Rafael Nadal und Federer den zu vollen Kalender beklagen und Auszeiten zur Regeneration fordern, will Bhupathi Ende 2014 nach dem Tour-Finale in London und vor den Australian Open im Januar seine International Premier Tennis League (IPTL) hineinquetschen. Ist da einer ein Fantast?

"Es ist ein freier Markt", sagt Bhupathi, "wir zwingen niemanden, zu spielen." Aber, das betont er, smart, wie er ist, auch: "Wenn einer die Liga spielen und seine Zeit und Möglichkeiten in Geld münzen will - hier sind wir." Der 39-Jährige aus Chennai lockt mit Dollars. Koffern voller Dollars. Und nicht nur er. Boris Becker, privat ja ein leidenschaftlicher Pokerspieler, ist laut Berichten aus Asien mit an Bord - als IPTL-Mitgründer.

Um welche Einlagen es geht, wird außen vor gelassen, das Prozedere - Städte, Modus, Spieler - steht indes grob fest. Hongkong, Mumbai, Singapur, Bangkok und Kuala Lumpur sind die Teams, die am Sonntag ihre Vertreter ins Oberoi-Hotel mit mindestens vier Millionen Dollar Zockergeld schicken, um sich eine Mannschaft aus sechs bis zehn Spielern zu ersteigern. Die Summe, die jedes Team für einen Star bezahlt, bekommt der als Gehalt.

Gespielt wird zu Hause und auswärts, jedes Duell geht über fünf einzelne Sätze, mit wechselnden Protagonisten: Den ersten Satz tragen zwei Männer aus, den zweiten zwei Frauen, dann folgen ein Männerdoppel und ein Mixed, den Abschluss bildet ein Match zwischen zwei Tennis Legends, frühere Helden wie Becker oder McEnroe.

Das Unterfangen klingt aberwitzig, in Dubais Umkleidekabinen ist es ein heißes Thema, das spaltet. Aus der Deckung kommen wenige, viele warten ab, "ob dieses Ding überhaupt abhebt", wie Federer es formuliert. Die Branchengröße hat nicht (wie etwa der Australier Lleyton Hewitt) schon seine Teilnahme zugesagt. Federers Top-ten-Konkurrenten wie Djokovic, Andy Murray, Wawrinka und Tomas Berdych sowie die Frauen Agnieszka Radwanska, Victoria Asarenka und Caroline Wosniacki sollen dafür schon mit an Bord sein, manche unter der Bedingung, nur an einem Ort nur eine Mindestzahl an Sätzen zu spielen.

So sind die, die für die Liga trommeln, vor allem: die Veranstalter. "Das ist etwas, das Tennis braucht", zitierte der englische Telegraph Becker. "Wir glauben, es ist ein großartiges Konzept", meinte Bhupathi, der die Liga vor allem fernsehtauglich modellieren will. So entscheidet bei 40:40 gleich der nächste Punkt, den Tie-Break gibt es bei 5:5 statt bei 6:6. TV-Planer sollen sich so besser auf das Event einrichten können. An welchen Topf Bhupathi heran will, ist klar. Ein Vergleich: Die indische Cricket- Liga hat ihre TV-Rechte für zehn Jahre verkauft - für mehr als eine Milliarde Dollar.

Sollte Bhupathis Ufo abheben, könnte es die Turnierszene offen spalten. Es würde im Grunde all die Bestrebungen, durch Entschlackung die Tour aufzuwerten, konterkarieren. Aber noch sind ATP und WTA, die Organisationen der Männer- und Frauen-Tour, im Beobachtermodus, grundsätzlich, so der Tenor, unterstütze man Aktionen, die der Tennis-Entwicklung zugute kommen. Für Nadal übrigens, sickerte durch, soll rund eine Million Dollar Gehalt geboten werden - pro Spieltag. Mindestens so unglaublich ist aber auch: Bislang hat Nadal, der frühere Auszeiten-Hardliner, noch nicht gesagt, dass er die Liga überflüssig findet.

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Quelle:
SZ vom 28.02.2014
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