Neue Anabolika-Nachweismethoden:Plötzlich 200 positive Dopingproben mehr

Auf den Sport rollt eine riesige Welle an Dopingverfahren zu. Die neuen Nachweismethoden für Anabolika haben allein im Kölner Doping-Labor zur Verdopplung der positiven Proben geführt. Sie stammen vor allem von Sportlern aus Osteuropa.

Die neuen Langzeit-Nachweismethoden für zwei Anabolika-Klassiker haben allein im Kölner Doping-Labor zur Verdopplung der positiven Proben geführt. "Bisher hatten wir rund 200 positive Fälle bei rund 16.000 untersuchten Proben im Jahr, jetzt kommen noch einmal 200 dazu. In hohem Maße stammen sie von Sportlern aus Osteuropa", sagte Wilhelm Schänzer, Leiter des Kölner Labors für Biochemie, dem Sport-informationsdienst. Auch das Moskauer Labor verzeichnet eine deutlich höhere Trefferquote.

Nun sprechen sich viele Experten für umfassende Nachtests aus. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) erklärte, die neue Methode bereits für Nachtests zu nutzen. "Derzeit werden die Proben der Winterspiele 2006 in Turin nachgetestet, und wir können bestätigen, dass die Proben mittels Langzeit-Nachweismethode auf anabole Steroide getestet werden", erklärte die Organisation.

Über die verbesserten Möglichkeiten verfügen die Analytiker bereits seit November 2012. Entwickelt wurden sie gemeinsam von den Laboren in Köln und in Moskau. Sie betreffen zum einen die Nachweismethode für Stanozolol - jenes Mittel, das 1988 bei Olympia in Seoul beim bis dahin spektakulärsten Dopingfall der Sportgeschichte Kanadas Sprinter Ben Johnson zum Verhängnis geworden war. Bisher war Stanozolol zwei Wochen lang im Körper nachweisbar, künftig "mindestens vier"; wie Schänzer sagte.

Zugleich war es nach einem ARD-Bericht dem Moskauer Doping-Kontrolllabor gelungen, eine Methode zu entwickeln, die das aus DDR-Zeiten bekannte Oral-Turinabol rückwirkend bis zu sechs Monate nachweisen kann; bisher waren es nur drei Wochen. "Mit dieser Nachweismethode haben wir jetzt rund 100 Urinproben positiv getestet, die noch vorher als negativ gemessen worden wären", sagte Grigorij Rodtschenkow, Leiter des Moskauer Labors. 60 Prozent der neuen Fälle entfallen auf Stanozolol, 40 Prozent auf Oral-Turinabol.

Dem Labor in Moskau droht nun allerdings die Schließung. Die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hatte dies mit Mängeln in der Genauigkeit und der Zuverlässigkeit der Dopinganalysen begründet. Zuletzt war das Labor in Verruf geraten; unter anderem, weil die Schwester von Rodtschenkow ausgerechnet wegen des Besitzes von verbotenen Substanzen verhaftet und verurteilt worden war.

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